Heros und Sünde
Große Vorbilder können schnell zu Ekelpaketen werden - Beethoven ging es so mit Napoleon. Die berühmte dritte Sinfonie spielt das DSO Berlin zusammen mit wenig heroischer Musik von Olivier Messiaen und Karl Amadeus Hartmann.
Es ist eines der bekanntesten Irrtümer der Musikgeschichte - Ludwig van Beethoven wollte seine dritte Sinfonie (die Eroica) dem französischen Helden Napoleon Bonaparte widmen. Gerade noch rechtzeitig erreichte den Komponisten die Botschaft vom narzisstischen Akt des Korsen, der sich zum Kaiser hatte krönen lassen. Beethovens Musik blieb in Inhalt und Geist unverändert, die Widmung entfiel, fortan sollte sich der Komponist tagespolitischen Inhalten vorsichtiger gegenüber verhalten.
Tugan Sokhiev und das DSO Berlin lassen dieses auch heute noch vorwärtsdrängende optimistische Paradewerk der Sinfonik auf zwei nachdenkliche Stücke aus dem 20. Jahrhundert treffen. Während Olivier Messiaen seine "Les offrandes oubliées" als rein religiöse vergessenen Opfer verstand, die er zur Vergebung seiner Sünden darbringen wollte, bezog sich Karl Amadeus Hartmann, der große aufrechte Münchner Komponist, ganz deutlich auf den Kriegsbeginn, als er 1939 seine Trauermusik für Violine und Orchester komponierte.
Mit diesem düsteren, wenn gleich auch trostspendenden Werk stellt sich der renommierte russische Geiger Vladimir Spivakov erstmals beim DSO Berlin vor. Anschließend gehen das Orchester und sein scheidender Chefdirigent mit diesem und einem weiteren Programm, allerdings mit anderen Solisten, auf eine ausgedehnte Asientournee.
Philharmonie Berlin
Aufzeichnung vom 21. Oktober 2015
Olivier Messiaen
"Les offrandes oubliées" Méditation symphonique für Orchester
Karl Amadeus Hartmann
"Concerto funèbre" Trauermusik für Violine und Streichorchester
Ludwig van Beethoven
Sinfonie Nr. 3 Es-Dur op. 55 "Eroica"
Vladimir Spivakov, Violine
Deutsches Symphonie-Orchester Berlin
Leitung: Tugan Sokhiev