"Du bist gut, so wie du bist!"
Nach seinen Bestsellern "Babyjahre" und "Kinderjahre" hat Remo H. Largo nun ein neues Buch vorgelegt. In "Jugendjahre - Kinder durch die Pubertät begleiten" erklärt der Schweizer Kinderarzt die Potenziale und Probleme von Teenagern. Ein erfrischender Blick auf ein bekanntes Thema.
"Du bist gut, so wie du bist!", sagt der bekannte Kinderarzt Remo Largo auf
Seite 270 seines neuen Buches über das, was Eltern ihren Kindern fürs Leben mitgeben sollten. Und dieser kleine Satz ist, der so unbedeutend daher kommt, ist fast so etwas wie das Sinnbild dieses Buches. "Jugendjahre - Kinder durch die Pubertät begleiten" heißt es. Remo Largo hat es wie schon "Babyjahre" und "Kinderjahre" gemeinsam mit der Journalistin Monika Czernin geschrieben. Und auch "Jugendjahre" hat - wie die zwei Vorgänger - das Zeug zum Standardwerk. Denn nichts, aber auch wirklich gar nichts bleibt auf den genau 400 Seiten unbeantwortet. Ob es um körperliche Entwicklung, Sexualität, Sozialverhalten, Sprache oder Schlafverhalten geht, über all das findet sich hier eine geballte Ladung Wissen.
Das Ganze wird eingängig durch eine Art Interviewstil vermittelt, wobei Monika Czernin als Mutter einer pubertierenden Tochter vielen Lesern sicher aus dem Herzen spricht. Etwa dann, wenn sie nach der Bedeutung von Alkohol und Drogen fragt. Und woher man weiß, was man dem Heranwachsenden zutrauen kann oder nicht? Zum einfachen Verständnis tragen auch die farblich abgesetzten Infoboxen am Ende eines jeden Kapitels bei. Dazu kommen zahlreiche Zitate von Jugendlichen und - besonders originell - kleine Zusammenfassungen von bei Jugendlichen besonders beliebten Filmen wie "Twilight", "Harry Potter" oder "Herr der Ringe".
Seite für Seite taucht man so tiefer in das Thema ein, das man ja eigentlich aus eigener Erfahrung schon kennt. Und genau das erreicht der kluge Kinderarzt: Man fängt an sich zu erinnern, an die eigenen Gefühle, Sorgen und Nöte, aber auch an das, was man sich gewünscht hätte an Unterstützung. Zuvor vielleicht ratlose Eltern lernen so, dass sie in erster Linie loslassen müssen: "Eltern haben vor allem während der ersten zwölf Lebensjahre ihrer Kinder Zeit für die Erziehung. Danach müssten sie die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen machen lassen."
Denn in der Pubertät ist nichts mehr, wie es war: Der Körper wächst. Das Gehirn wird umgebaut. Fähigkeiten entfalten sich. Und die ehemals enge Elternbindung löst sich auf. Freunde sind jetzt wichtiger, sie werden zum Gradmesser des Wohlbefindens. Nur Jugendliche, denen die Ablösung gelingt, sind später in der Lage, eine eigene Familie zu gründen, sich etwas zu zutrauen und in die Welt zu gehen, so Largo. Wer seine Kinder aber darin behindert, gar mit drakonischen Verboten auf ihr Verhalten reagiert, wird scheitern. Viel besser sei es, zuzuhören, ein einladendes Zuhause zu bieten und die Jugendlichen in ihrem Selbstwertgefühl zu bekräftigen.
Zumal die Pubertät, so wie Remo Largo sie beschreibt, ein Jungbrunnen für die Gesellschaft ist. Vieles an Neuerungen kommt von jungen Menschen, nie ist das Hirn leistungsfähiger, nie mehr später ist man so wagemutig wie in dieser Zeit. Largo erinnert an Blaire Pascal, der im Alter von 19 die erste mechanische Rechenmaschine entwickelte, oder an Carl Friedrich Gauß, der 14jährig erstmals über eine nichteuklidische Geometrie nachdachte.
Geschickt lenkt Largo so den Blick weg von den in der Öffentlichkeit viel zitierten vermeintlichen Defiziten der jungen Menschen. Er macht sich stark für sie. So tritt er für einen späteren Schulbeginn am Morgen für Jugendliche in der Pubertät ein, da sie aus biologischen Gründen nicht früh einschlafen können. Und fordert den Führerschein mit 16 Jahren - unter der Bedingung, dass die Jugendlichen während der ersten zwei Jahre immer nur in Begleitung eines Erwachsenen fahren dürfen.
Immer wieder gibt Largo Denkanstöße. Auch indem er von einer Studie erzählt, an der 40 Akademiker teilnahmen. Sie mussten eine geometrische Figur von einer Vorlage abmalen und diese 15 Minuten später aus der Erinnerung noch einmal zeichnen. Keinem gelang die Wiedergabe hundertprozentig. Das schlechteste Ergebnis kam von einem leitenden Arzt: seine Leistung entsprach der eines zehnjährigen Kindes. Da sag noch einer, Erwachsene wissen besser Bescheid!
Und genau dieser erfrischende Blick auf das Thema macht dieses Buch so besonders: Es ist ein gelungenes Plädoyer für mehr Vertrauen in die Jugend, für ihr Verantwortungsgefühl und ihr Recht auf Selbstbestimmung. Wagen wir es mit ihnen!
Besprochen von Kim Kindermann
Remo H. Largo/Monika Czernin: Jugendjahre
Kinder durch die Pubertät begleiten
Piper Verlag München
400 Seiten, 24,99 Euro
Seite 270 seines neuen Buches über das, was Eltern ihren Kindern fürs Leben mitgeben sollten. Und dieser kleine Satz ist, der so unbedeutend daher kommt, ist fast so etwas wie das Sinnbild dieses Buches. "Jugendjahre - Kinder durch die Pubertät begleiten" heißt es. Remo Largo hat es wie schon "Babyjahre" und "Kinderjahre" gemeinsam mit der Journalistin Monika Czernin geschrieben. Und auch "Jugendjahre" hat - wie die zwei Vorgänger - das Zeug zum Standardwerk. Denn nichts, aber auch wirklich gar nichts bleibt auf den genau 400 Seiten unbeantwortet. Ob es um körperliche Entwicklung, Sexualität, Sozialverhalten, Sprache oder Schlafverhalten geht, über all das findet sich hier eine geballte Ladung Wissen.
Das Ganze wird eingängig durch eine Art Interviewstil vermittelt, wobei Monika Czernin als Mutter einer pubertierenden Tochter vielen Lesern sicher aus dem Herzen spricht. Etwa dann, wenn sie nach der Bedeutung von Alkohol und Drogen fragt. Und woher man weiß, was man dem Heranwachsenden zutrauen kann oder nicht? Zum einfachen Verständnis tragen auch die farblich abgesetzten Infoboxen am Ende eines jeden Kapitels bei. Dazu kommen zahlreiche Zitate von Jugendlichen und - besonders originell - kleine Zusammenfassungen von bei Jugendlichen besonders beliebten Filmen wie "Twilight", "Harry Potter" oder "Herr der Ringe".
Seite für Seite taucht man so tiefer in das Thema ein, das man ja eigentlich aus eigener Erfahrung schon kennt. Und genau das erreicht der kluge Kinderarzt: Man fängt an sich zu erinnern, an die eigenen Gefühle, Sorgen und Nöte, aber auch an das, was man sich gewünscht hätte an Unterstützung. Zuvor vielleicht ratlose Eltern lernen so, dass sie in erster Linie loslassen müssen: "Eltern haben vor allem während der ersten zwölf Lebensjahre ihrer Kinder Zeit für die Erziehung. Danach müssten sie die Jugendlichen ihre eigenen Erfahrungen machen lassen."
Denn in der Pubertät ist nichts mehr, wie es war: Der Körper wächst. Das Gehirn wird umgebaut. Fähigkeiten entfalten sich. Und die ehemals enge Elternbindung löst sich auf. Freunde sind jetzt wichtiger, sie werden zum Gradmesser des Wohlbefindens. Nur Jugendliche, denen die Ablösung gelingt, sind später in der Lage, eine eigene Familie zu gründen, sich etwas zu zutrauen und in die Welt zu gehen, so Largo. Wer seine Kinder aber darin behindert, gar mit drakonischen Verboten auf ihr Verhalten reagiert, wird scheitern. Viel besser sei es, zuzuhören, ein einladendes Zuhause zu bieten und die Jugendlichen in ihrem Selbstwertgefühl zu bekräftigen.
Zumal die Pubertät, so wie Remo Largo sie beschreibt, ein Jungbrunnen für die Gesellschaft ist. Vieles an Neuerungen kommt von jungen Menschen, nie ist das Hirn leistungsfähiger, nie mehr später ist man so wagemutig wie in dieser Zeit. Largo erinnert an Blaire Pascal, der im Alter von 19 die erste mechanische Rechenmaschine entwickelte, oder an Carl Friedrich Gauß, der 14jährig erstmals über eine nichteuklidische Geometrie nachdachte.
Geschickt lenkt Largo so den Blick weg von den in der Öffentlichkeit viel zitierten vermeintlichen Defiziten der jungen Menschen. Er macht sich stark für sie. So tritt er für einen späteren Schulbeginn am Morgen für Jugendliche in der Pubertät ein, da sie aus biologischen Gründen nicht früh einschlafen können. Und fordert den Führerschein mit 16 Jahren - unter der Bedingung, dass die Jugendlichen während der ersten zwei Jahre immer nur in Begleitung eines Erwachsenen fahren dürfen.
Immer wieder gibt Largo Denkanstöße. Auch indem er von einer Studie erzählt, an der 40 Akademiker teilnahmen. Sie mussten eine geometrische Figur von einer Vorlage abmalen und diese 15 Minuten später aus der Erinnerung noch einmal zeichnen. Keinem gelang die Wiedergabe hundertprozentig. Das schlechteste Ergebnis kam von einem leitenden Arzt: seine Leistung entsprach der eines zehnjährigen Kindes. Da sag noch einer, Erwachsene wissen besser Bescheid!
Und genau dieser erfrischende Blick auf das Thema macht dieses Buch so besonders: Es ist ein gelungenes Plädoyer für mehr Vertrauen in die Jugend, für ihr Verantwortungsgefühl und ihr Recht auf Selbstbestimmung. Wagen wir es mit ihnen!
Besprochen von Kim Kindermann
Remo H. Largo/Monika Czernin: Jugendjahre
Kinder durch die Pubertät begleiten
Piper Verlag München
400 Seiten, 24,99 Euro