Düsterer Brückenkopf in eine andere Welt
Den amerikanischen Schriftsteller Paul Bowles zog es früh in die Welt hinaus, die er in alle Richtungen durchstreifte. Doch immer kehrte er nach Tanger zurück, der nordmarokkanische Hafenstadt, die bis in die 50er-Jahre eine internationale Zone war – und für Bowles der Brückenkopf in eine andere Welt. Seine Texte machten ihn zu einem der einflussreichsten amerikanischen Erzähler des 20. Jahrhunderts; am 30. Dezember 1910 wurde er geboren.
Der Mann war talentiert – als Komponist. Er hatte Musik studiert und seine Arbeiten kamen sogar am Broadway an. Aber:
"Ich sollte Gebrauchsmusik schreiben – für andere Leute. Nur manchmal konnte ich meine eigene Musik machen. Doch meistens schrieb ich für die Theater- oder Filmregisseure. Und das war ziemlich öde."
Paul Bowles wurde am 30. Dezember 1910 in New York geboren. 1931 reiste er nach Europa und besuchte die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein in Paris. Die empfahl ihm einen Besuch in Tanger.
Paul Bowles: "Ich habe es mir nicht ausgesucht, in Tanger zu leben. Es kam einfach so. Es sollte nur ein kurzer Aufenthalt werden. Eigentlich wollte ich weiterreisen. Immer nur weiter."
Doch er blieb. Zusammen mit seiner Frau Jane, einer Schriftstellerin, die eher lesbisch war, während Paul durchaus auch Gefallen an Männern fand.
Franz Kafka: "Von einem gewissen Punkt aus gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen."
Dieses Kafka-Zitat wird er später seinem Roman "So mag er fallen" voranstellen. Tanger war für Paul Bowles dieser "point of no return". Und wurde es immer mehr. Als er sich dort niederließ, war Tanger noch eine international kontrollierte Zone, ein Brückenkopf zwischen Europa und Afrika, ein Tummelplatz von Agenten aller Art, ein undefinierter Raum.
Paul Bowles: "Wenn ich gesagt habe, dass mir Tanger wie eine Traumstadt erschien, meine ich das genau so. Allein die topografische Lage gleicht einer Traumlandschaft. Überdachte Straßen wie Korridore mit geöffneten Türen auf beiden Seiten, verborgene Terrassen hoch über dem Meer, Straßen aus Brettern, dunkle Sackgassen, kleine schräge Plätze wie Ballettdekorationen in falsch gemalter Perspektive mit Gässchen in alle Richtungen. Auch klassisches Traumzubehör wie Tunnel, Wellen, Ruinen mit Verliesen und Kellern gehört dazu."
Paul Bowles begann, Kurzgeschichten zu schreiben. Geschichten aus der Fremde und von der Auflösung seines amerikanischen Zivilisationskorsetts.
"Ich genieße die Vorstellung, dass nachts während des Schlafes Zauberei um mich herum ihren unsichtbaren Tunnel gräbt. Seelen werden befreit von unbewussten Ebenen, die in unterschiedlichen Winkeln und Gassen lauern."
1949 erscheint sein erster Roman: "Himmel über der Wüste". Er begründet Paul Bowles Ruhm und wurde 1990 von Bernardo Bertolucci verfilmt. "Sheltering sky" handelt wie alle seine Bücher und Erzählungen nur von einem Thema: der Überschreitung, der Begegnung mit der Fremde.
"Die Fülle der Eindrücke war überwältigend. Und ich hatte den Eindruck, nicht genug Zeit zu haben, die Geheimnisse zu studieren und den Schlüssel zu ihrem Verständnis zu finden."
Doch wollte er überhaupt verstehen? Ging es ihm nicht vielmehr darum, sich im Reich des Unableitbaren einzurichten?
"Verstehen, ja, das ist möglich. Aber ich bin nicht sicher, ob wünschenswert. Ich weiß auch nicht, ob das nötig ist."
Und es ist erstaunlich: Das Marokko, von dem Bowles erzählt, ist mysteriös, unheimlich, gefährlich. Kein Hauch der Düfte Arabiens, sondern eine dunkle Welt, die nicht auf uns wartet. Und dennoch zogen seine Geschichten eine ganze Generation von Schriftstellern und Künstlern nach Marokko - von Jack Kerouac, Alain Ginsberg über William S. Burroughs bis hin zu Mick Jagger oder Jimi Hendrix. Sie suchten nicht das Ankommen, sondern den Aufbruch.
"Die Marokkaner behaupten, ein erfülltes Leben setze voraus, im Bewusstsein des Todes zu leben. Dem stimme ich voll und ganz zu."
Paul Bowles starb am 18. November 1999. Natürlich in Tanger.
"Ich sollte Gebrauchsmusik schreiben – für andere Leute. Nur manchmal konnte ich meine eigene Musik machen. Doch meistens schrieb ich für die Theater- oder Filmregisseure. Und das war ziemlich öde."
Paul Bowles wurde am 30. Dezember 1910 in New York geboren. 1931 reiste er nach Europa und besuchte die amerikanische Schriftstellerin Gertrude Stein in Paris. Die empfahl ihm einen Besuch in Tanger.
Paul Bowles: "Ich habe es mir nicht ausgesucht, in Tanger zu leben. Es kam einfach so. Es sollte nur ein kurzer Aufenthalt werden. Eigentlich wollte ich weiterreisen. Immer nur weiter."
Doch er blieb. Zusammen mit seiner Frau Jane, einer Schriftstellerin, die eher lesbisch war, während Paul durchaus auch Gefallen an Männern fand.
Franz Kafka: "Von einem gewissen Punkt aus gibt es keine Rückkehr mehr. Dieser Punkt ist zu erreichen."
Dieses Kafka-Zitat wird er später seinem Roman "So mag er fallen" voranstellen. Tanger war für Paul Bowles dieser "point of no return". Und wurde es immer mehr. Als er sich dort niederließ, war Tanger noch eine international kontrollierte Zone, ein Brückenkopf zwischen Europa und Afrika, ein Tummelplatz von Agenten aller Art, ein undefinierter Raum.
Paul Bowles: "Wenn ich gesagt habe, dass mir Tanger wie eine Traumstadt erschien, meine ich das genau so. Allein die topografische Lage gleicht einer Traumlandschaft. Überdachte Straßen wie Korridore mit geöffneten Türen auf beiden Seiten, verborgene Terrassen hoch über dem Meer, Straßen aus Brettern, dunkle Sackgassen, kleine schräge Plätze wie Ballettdekorationen in falsch gemalter Perspektive mit Gässchen in alle Richtungen. Auch klassisches Traumzubehör wie Tunnel, Wellen, Ruinen mit Verliesen und Kellern gehört dazu."
Paul Bowles begann, Kurzgeschichten zu schreiben. Geschichten aus der Fremde und von der Auflösung seines amerikanischen Zivilisationskorsetts.
"Ich genieße die Vorstellung, dass nachts während des Schlafes Zauberei um mich herum ihren unsichtbaren Tunnel gräbt. Seelen werden befreit von unbewussten Ebenen, die in unterschiedlichen Winkeln und Gassen lauern."
1949 erscheint sein erster Roman: "Himmel über der Wüste". Er begründet Paul Bowles Ruhm und wurde 1990 von Bernardo Bertolucci verfilmt. "Sheltering sky" handelt wie alle seine Bücher und Erzählungen nur von einem Thema: der Überschreitung, der Begegnung mit der Fremde.
"Die Fülle der Eindrücke war überwältigend. Und ich hatte den Eindruck, nicht genug Zeit zu haben, die Geheimnisse zu studieren und den Schlüssel zu ihrem Verständnis zu finden."
Doch wollte er überhaupt verstehen? Ging es ihm nicht vielmehr darum, sich im Reich des Unableitbaren einzurichten?
"Verstehen, ja, das ist möglich. Aber ich bin nicht sicher, ob wünschenswert. Ich weiß auch nicht, ob das nötig ist."
Und es ist erstaunlich: Das Marokko, von dem Bowles erzählt, ist mysteriös, unheimlich, gefährlich. Kein Hauch der Düfte Arabiens, sondern eine dunkle Welt, die nicht auf uns wartet. Und dennoch zogen seine Geschichten eine ganze Generation von Schriftstellern und Künstlern nach Marokko - von Jack Kerouac, Alain Ginsberg über William S. Burroughs bis hin zu Mick Jagger oder Jimi Hendrix. Sie suchten nicht das Ankommen, sondern den Aufbruch.
"Die Marokkaner behaupten, ein erfülltes Leben setze voraus, im Bewusstsein des Todes zu leben. Dem stimme ich voll und ganz zu."
Paul Bowles starb am 18. November 1999. Natürlich in Tanger.