Ausweitung der Houellebecq-Zone
Nicht nur mit Literatur macht Michel Houellebecq von sich reden, sondern auch als Schauspieler, politischer Kommentator und Wirtschaftsexperte. In der Pariser Maison de la Poésie trat der Schriftsteller gemeinsam mit dem französischen Rockmusiker Jean-Louis Aubert auf.
Als "einzigartige Performance" war das Spektakel angekündigt. Starautor Michel Houellebecq im Duett mit dem französischen Altrocker Jean-Louis Aubert. Der hat im Frühjahr ein Album mit vertonten Gedichten Houellebecqs herausgebracht und geht damit ab Oktober auf Tournee.
"Der Dichter ist der, der in Begleitung von Hunden mit dem Schwanz wedelt", spricht Michel Houellebecq. Und wie er da auf der Bühne steht – dünn, mit faltigem Gesicht und halblangen grauen Haaren – ähnelt er verblüffend einem anderen, längst toten Dichter: Houellebecq sieht aus wie der Surrealist Antonin Artaud in seinen letzten Lebensjahren. Neben ihm der ebenfalls ergraute Jean-Louis Aubert, früher Frontmann von "Téléphone", einer Band, die in den 80er-Jahren den Soundtrack zahlloser französischer Schulparties lieferte. Auberts Gitarre animiert das mehrheitlich ebenfalls ergraute Pariser Publikum an diesem Abend immer wieder zum Mitklatschen.
Wie bei der Performance in der Maison de la Poésie ist es zur Zeit überall im französischen Kultur- und Medienbetrieb: Houellebecq ist in aller Munde, der früher so heftig umstrittene Schriftsteller der Mann der Stunde im kriselnden Frankreich. Im Magazin "Lui" erklärte er Parlamente für überflüssig und forderte ein System direkter Demokratie. In "Le Point" plädierte er für einen EU-Austritt Frankreichs, und im Radiosender Europe1 durfte Houellebecq die Umbildung der französischen Regierung kommentieren – unter besonderer Berücksichtigung der schwarzen Justizministerin Christine Taubira.
Michel Houellebecq: "Francois Hollandes einzige Strategie ist der Versuch, dem Front National zu maximalem Aufstieg zu verhelfen. Die Ministerin Taubira wird ihm dabei gut helfen."
Nicht nur zynische Sprüche zur Politik
Doch die aktuelle Ausweitung von Houellebecqs Kampfzone beschränkt sich nicht auf zynische Sprüche zur Politik. Frankreichs Starautor ist neuerdings auch als Schauspieler äußerst erfolgreich. In dem Fernsehfilm "Die Entführung des Michel Houellebecq" spielte er sich selbst. Jetzt ist er in den französischen Kinos als "Paul" zu sehen.
"Near death experience" heißt der Film über einen desillusionierten Mann, der Job, Frau und Kinder verlässt und in die Berge radelt mit dem Ziel, sich umzubringen.
Der Filmkritiker von "Le monde" feierte den Schauspieler Houellebecq als "burleskes Monument". Andere, darunter das Magazin "Paris Match", sehen ihn schon als Favoriten für den französischen Filmpreis César.
"Ich habe Auszeichnungen immer angenommen. Das wäre eine weitere überraschende Entwicklung in meinem Leben, davon hatte ich ja schon viele."
Mit dem Altrocker Jean-Louis Aubert jedenfalls scheint Michel Houellebecq einen geeigneten Partner für sein neues Leben als Popstar gefunden zu haben. Zu einem alten Hit von "Téléphone" wippte Houellebecq am Samstagabend über die Bühne der Maison de la Poesie. Auf einen neuen Roman des vielbeschäftigten "burlesken Monuments" wird man wohl noch eine Weile warten müssen. "Der Dichter ist der, der in Begleitung von Hunden mit dem Schwanz wedelt."