"Letztlich versucht Kluge immer, in die Zeit zu gucken. Hier und Amerika, 18. Jahrhundert und Gegenwart, Zukunft und Antike, das ist alles sehr eng verbunden durch die Frage, was macht die Seele des Menschen und welche Handlungsmöglichkeiten hat er."
Gleimhaus Halberstadt
Trapper und US-Adler: Die Demonstranten hätten sich durch ihre Kostüme in eine falsche Traditionslinie gestellt, sagt Museumdirektorin Ute Pott. © imago images/Zuma Wire/Douglas Christian
Sturm auf das Kapitol ist "Dummheit des Jahres"
07:00 Minuten
Ein Museum in Sachsen-Anhalt kürt die Erstürmung des US-Kapitols zur "Dummheit des Jahres". Politisch sei es eine Katastrophe gewesen, dumm seien vor allem die Kostüme der Demonstranten gewesen, sagt Museumsdirektorin Ute Pott.
Das Gleimhaus in Halberstadt hat den Sturm auf das Kapitol in der US-Hauptstadt Washington am 6. Januar 2021 zur "Dummheit des Jahres" gekürt. Dabei waren gewalttätige Protestierer in den Sitz des Kongresses eingedrungen, um die offizielle Bestätigung von Joe Bidens Sieg bei der Präsidentenwahl zu verhindern.
Vorschläge für die "Dummheit des Jahres" konnten per Post oder Mail an das Literaturmuseum in Sachsen-Anhalt geschickt werden. Als Juror betätigte sich Alexander Kluge. Der Schriftsteller und Filmemacher ist in Halberstadt geboren und inzwischen Ehrenbürger.
Eine politische Katastrophe
Die gewaltsame Erstürmung des Kongresssitzes durch Bewaffnete sei sicher mehr als dumm gewesen, gibt Ute Pott, Direktorin des Gleimhauses, zu: "Das ist politisch katastrophal." Ausschlaggebend sei die Kostümierung der Demonstranten gewesen, hier zeige sich die Dummheit: "Zu tun, als sei man gleichsam den Gemälden im Kapitol entstiegen und sich in eine historische Traditionslinie zu stellen, die hier falsch ist."
Und warum wird durch die Auswahl auf die USA verwiesen, gibt es nicht genug Dummheit in Deutschland? "Es war für uns ganz schwierig", sagt Ute Pott. Sie und Juror Kluge hätten diesen Punkt diskutiert, sagt Pott, besonders, da das Gleimhaus sich als Museum der deutschen Aufklärung verstehe:
"Es war Kluge wichtig, dass es nicht um den Zeigefinger geht", sagt Pott. "Das wir nicht nur einfach sagen 'Du bist dumm und ich bin klug.'" Es solle eine Diskussion darüber geführt werden, was gerade schief laufe.
Laschet und das Hochwasser
Auf ihren Aufruf habe es über 70 Einsendungen gegeben, sagt Pott. Corona sei ein großes Thema gewesen, das Gendern sei vorgekommen, Aussagen von Politikern ganz unterschiedlicher Art seien genannt worden, auch Verhalten von Politikern, wie Armin Laschet beim Hochwasser.
"Aber auch ganz allgemeine Themen, wie die Notwendigkeit, wenn man einen Fehler macht, daraus zu lernen. Das nicht zu tun, sei eben eine große Dummheit", sagt Pott. Die Debatte im Gleimhaus werde weitergehen: "Wir werden das in Halberstadt mit einer Veranstaltung aufgreifen und Gäste einladen, mit uns ins Gespräch zu kommen."
(beb)