Künstler-Appell zur Ukraine
Der Konflikt mit Russland hat in der Ukraine das Nationalgefühl in den vergangenen Jahren immer weiter bestärkt. © picture alliance / AA / Ali Atmaca
Solidarität als Leitmotiv
09:27 Minuten
Der Schriftsteller Durs Grünbein hat einen Solidaritätsaufruf zugunsten der Ukraine mitunterzeichnet. Dem Appell wird nun "Kriegstreiberei" vorgeworfen. Grünbein wehrt sich dagegen.
Mehr als 350 Künstler und Intellektuelle haben einen Appell gegen die militärische Bedrohung der Ukraine durch Russland unterzeichnet. Darin fordern sie, Moskau "entschieden entgegenzutreten".
Zu den Unterzeichnern gehört auch der Schriftsteller Durs Grünbein, der mit Unverständnis auf Kritik an dem Aufruf reagiert. Der Schriftsteller Eugen Ruge hat den Unterzeichnern in der Süddeutschen Zeitung unter anderem "Kriegstreiberei" vorgeworfen.
Es verstehe den Vorwurf gar nicht, sagt Grünbein. Im Aufruf sei keine Formulierung, die auf die Befürwortung eines Krieges hindeute: "Das ist regelrecht eine böswillige Unterstellung."
Es gehe nur darum, der Ukraine Solidarität zu versichern und deutlich auszusprechen, dass die russische Seite seit einigen Wochen einen sehr aggressiven Kurs fahre: "Wir wissen noch immer nicht, ob Putin nur blufft."
Ihm fehle in Ruges Argumentation das Selbstbestimmungsrecht der Völker. "Die Ukraine ist ein souveräner Staat, dessen Territorium bereits verletzt wurde", so Grünbein unter Hinweis auf die Krim-Annexion 2014. "Und nun kommt der nächste Schritt."
"Paranoia im Kreml"
Zu den von Russland geforderten Sicherheitsgarantien sagt Grünbein: "Das hat eher mit der Paranoia des Kremlherrschers zu tun."
Niemand wolle Russland angreifen oder umzingeln. Doch an Ruges Text könne man sehen, dass Putin mit seinem Narrativ schon weit in den Westen hineinwirke.
Den umstrittenen Appell hatte das Künstler-Ehepaar Wolf und Pamela Biermann mit dem Schauspieler Burghart Klaußner und dem Kulturmanager Ulrich Schreiber initiiert.
"Sofortiger Abzug der russischen Truppen"
Die Unterzeichnenden sprechen sich für den Dialog mit Russland aus, fordern aber zugleich "den sofortigen und bedingungslosen Abzug der russischen Truppen von den Grenzen der Ukraine“. Es könne nicht schweigend hingenommen werden, dass über 80 Jahre nach dem Münchner Abkommen in Europa wieder mit einem Einmarsch in fremdes, souveränes Territorium gedroht werde.
Unterzeichnet haben auch die Schriftstellerin und Literaturnobelpreisträgerin Herta Müller, der Schriftsteller Ian McEwan, der chinesische Künstler Ai Weiwei, Regisseur Oskar Roehler, der in der Schweiz lebende russische Schriftsteller Mikhail Shishkin, der niederländische Journalist Geert Mak, der Regisseur und Filmproduzent Nico Hoffmann, der frühere Bundestagspräsident Norbert Lammert, der polnische Essayist und Journalist Adam Michnik, die Schauspielerin Caroline Peters und die Autorin Antje Rávik Strubel.
(gem/epd)