Höhepunkt eines kreativen Hollywood-Kinos
Seine Filme markierten zugleich den Höhe- und Endpunkt des amerikanischen New Hollywoodkinos: Francis Ford Coppola. Das Label Althaus hat nun erstmals in einer einzigen DVD-Edition seine wichtigsten Filme mit viel Bonusmaterial herausgebracht.
"So, nun geh raus zu den Gästen, entspann Dich und denk nicht mehr drüber nach. Ich möchte, dass Du mir die Angelegenheit überlässt."
"Okay, danke schön."
"Ich mach ihm ein Angebot, das er nicht ablehnen kann."
Was das bedeutet, wird der Betroffene bald schmerzlich feststellen. Es gibt Sätze, die sich ins kollektive Gedächtnis einschreiben – dieser Satz von Vito Corleone ist so einer. Marlon Brando spielt den Mafia-Boss als mythische Verkörperung des klassischen Paten – so fürsorglich wie gefährlich. Anders sein jüngster Sohn Michael. Den intelligenten jungen Mann scheint eine Zukunft jenseits der Mafia zu erwarten. Bis ein Attentat auf den Vater verübt wird und der sanfte Michael zum Rächer mutiert:
"Wir können nicht warten."
"Was?"
"Ganz egal, was Sollozo uns vorschlägt, er wird den Alten umbringen, wie auch immer. Also muss er dran glauben."
"Mike hat Recht."
"Gut!"
Wirkungsvoll in seiner ungewöhnlich bildhaften Gewaltinszenierung
Michael macht eine atemberaubende Wandlung zum kaltblütigen Paten durch. Francis Ford Coppola erzählt 1972 mit "Der Pate" eine Mafiageschichte auf völlig neue Art. Spannend doch subtil, mehr Kammerspiel als Gangsterkracher, dabei aber wirkungsvoll in seiner ungewöhnlich bildhaften Gewaltinszenierung. Den Produzenten ist das damals zu verwegen, Coppola steht mehrmals vor dem Rauswurf.
Der unbekannte junge Regisseur war für die geplante Low-Budget-Verfilmung des eher reißerischen Mafia-Romans ausgewählt worden, weil er Italo-Amerikaner ist und beim "King of B-Movie" Roger Corman gelernt hatte. Doch auf verblüffende Weise setzt Coppola seine künstlerischen Visionen durch, auch wenn er mit seinen Ideen einen schweren Stand hat, wie er im Audiokommentar erzählt:
"Die Crew verstand nicht ganz, was ich da sollte, warum ich als Regisseur ausgewählt worden war. Einmal saß ich auf dem Klo, zwei Typen kamen rein und ich hörte sie sagen: 'Mann, dieser Regisseur hat ja überhaupt keine Ahnung. So ein Arschloch.' Ich war sehr unglücklich, als ich den Paten drehte."
Aber als "Der Pate" ins Kino kommt, wird er als Meisterwerk gefeiert und mit drei Oscars ausgezeichnet. Zwei Jahre später dreht Coppola "Der Pate 2", erstmals wird mit dem Film eine Fortsetzung Oscarprämiert. Coppola hat damit eine Stellung erreicht, die ihm ermöglicht, Filme ganz nach seinen eigenen Vorstellungen zu verwirklichen. Wie 1974 der verstörende Psycho-Thriller "Der Dialog", der in Cannes die Goldene Palme erhält.1976 kann Coppola ein geradezu größenwahnsinniges Projekt wagen: "Apocalypse Now".
Psychodelischer Trip durch eine wahnwitzige Kriegswelt
Vietnam 1969. Der amerikanische Offizier Willard wird zum General gerufen. Es geht um Colonel Kurtz – er war einer der besten Offiziere der US-Army, jetzt soll er im vietnamesischen Dschungel eine Art archaische Schreckensherrschaft errichtet haben:
"Er geht da draußen vor wie ein Wilder, rücksichtslos und ohne Skrupel. Alles, was er tut, geht über jedes annehmbare, menschliche Verhalten weit hinaus."
"Wenn Sie ihn finden, schmuggeln Sie sich bei seiner Truppe ein und machen Schluss mit seinem Kommando."
Captain Willard, gespielt von Martin Sheen, soll Kurtz eliminieren. Mit einem kleinen Trupp macht er sich mit dem Boot auf durch die Wildnis.
Die Reise inszeniert Coppola als psychodelischen Trip durch eine wahnwitzige Kriegswelt. Von dem berühmten Hubschrauberangriff zur Musik Richard Wagners bis zum bizarren Konzert mitten im Gefechtsgebiet mit Playboy-Bunnies als Truppenunterhaltung. Eine bizarre Mischung aus brutaler Kriegsführung und Rock'n'Roll. So maßlos wie der Film sind auch die chaotischen Arbeitsbedingungen: Monatelanger Dreh im philippinischen Dschungel, unterbrochen von einem Taifun und dem Herzinfarkt von Martin Sheen. Aber nach seinem Kinostart 1979 wird der Film zum triumphalen Erfolg.
Die historisch-politische Dimension des Films
2001 bringt Coppola noch einmal eine um 49 Minuten längere Version heraus, "Apocalypse Now Redux". Wiedereingefügt sind herausgeschnittene Szenen wie jene, in der während der Bootsfahrt mitten im Nebel eine geisterhafte Plantage auftaucht. Hier harren ehemalige französische Kolonialherren aus, die den Trupp zum kurios eleganten Dinner einladen und ihre Haltung zu Vietnam kundtun:
"Wir haben etwas geschaffen, aus dem Nichts. Wenn Sie uns also fragen, was uns veranlasst hier zu bleiben, dann kann ich Ihnen sagen: Weil es uns gehört, ganz einfach uns. Und dafür kämpfen wir. Während ihr Amerikaner, ihr kämpft für das abenteuerlichste Nichts in der Geschichte."
"Apocalypse Now Redux" verdeutlicht viel stärker als die kürzere Fassung die historisch-politische Dimension des Films. Coppola beschreibt mit der Flussfahrt eine alptraumhafte Tour durch die Vergangenheit Vietnams, von der Gegenwart über die Kolonialzeit bis zur Prähistorie – verkörpert durch das archaische Schreckensregime von Colonel Kurtz – grandios in der Rolle Marlon Brando.
Mit "Apocalypse Now Redux" gelingt Coppola das Kunststück, in einer verlängerten Fassung noch konzentrierter zu erzählen und einen Sog zu entwickeln, der bis zum Schluss des dreistündigen Films in Atem hält. In der sehenswerten DVD-Collection kann man mit Coppolas Filmen aus den 70er-Jahren den einmaligen Höhepunkt eines kreativen Hollywood-Kinos erleben, der bis heute unerreicht ist.