Dystopischer Comic "Little Bird"

Die USA als Überwachungsstaat

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Im Panel aus "Little Bird" ist die Protagonistin mit einer Vogelmaske und Dolchen in der Hand in Angriffsstellung zu sehen.
Was wäre, wenn... das Leben in den USA zur Dystopie würde? Der Comic "Little Bird" erzählt davon. © Cross Cult
Lars Schmeink im Gespräch mit Max Oppel |
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Die politischen Entwicklungen in ihrer Heimat lassen viele US-Bürger pessimistisch in die Zukunft blicken. Der Comic "Little Bird" greift diese Stimmung auf. Leider sei die Dystopie nicht frei von Klischees, bemängelt Science-Fiction-Experte Lars Schmeink.
Amerika wird von einem autoritären, erzkonservativen System regiert. Wer sich nicht dem Christentum des New Vatican und seinen Vorstellungen von einem guten Leben vor Gott unterwirft, wer anders ist, wird rigoros unterdrückt und eingesperrt. So sieht die Welt im Comic "Little Bird" aus, der am 28. Oktober in deutscher Übersetzung erscheint.
Das kommt einem bekannt vor. Noch in guter Erinnerung ist Margaret Atwoods Dystopie "The Handmaid’s Tale", dessen Verfilmung millionenfach gestreamt wurde. Und kürzlich zeigte Sky die Mini-Serie "The Plot against America", die durchspielte, was aus den USA geworden wäre, wenn ein Antisemit und Nazi-Freund statt Roosevelt Präsident geworden wäre.

Ein Mädchen stellt sich gegen die Mächtigen

Auch das "Little Bird"-Autoren-/Zeichnertrio Darcy van Poelgeest, Ian Bertram und Matt Hollingsworth entwirft ein albtraumhaftes Amerika. Gerade vor dem Hintergrund der aktuellen Entwicklungen in den USA erscheint das sehr aktuell. Doch im Unterschied zu anderen Dystopien steht hier ein junges indigenes Mädchen im Mittelpunkt, das sich gegen die Mächtigen stellt.
Autor Darcy von Poelgeest habe sich offenbar von aktuellen Protestbewegungen in den USA und Kanada inspirieren lassen, sagt der Medienwissenschaftler und Science-Fiction-Experte Lars Schmeink.
Im Panel aus "Little Bird" zielen maskierte Gestalten mit Waffen auf den Betrachter. Eine Sprechblase verkündet: "Sünder! Wir sind die Armee der Zwölf!"
In "Little Bird" legt sich eine Freiheitskämpferin mit einem albtraumartigen, christlich-konservativen US-Überwachungsstaat an.© Cross Cult
Was den Comic vor allem optisch von anderen Dystopien zum gleichen Thema unterscheidet: "Little Bird" greift nicht auf eine realistische Darstellung zurück, "sondern er überzeichnet, geht in der Bildsprache ins Surreale, fast schon in Richtung Body Horror". Das sei oft grotesk, auch blutig und auf jeden Fall optisch interessant, findet Schmeink.
Auch greife der Comic das inkonsequente Verhalten konservativer Kreise auf, die einerseits Abtreibungen teils radikal ablehnten, doch sich deutlich offener zeigten, wenn es etwa um Gentechnik gehe. So versuche der New Vatican im Comic, mittels Gentechnik ein Rezept für das ewige Leben zu finden.

Technologie gegen die Natur

Allerdings zeige sich hier auch eine deutliche Schwäche von "Little Bird", sagt Schmeink:
"Der Comic verfällt ein bisschen in das Klischee, dass Technik zum Machtinstrument deklariert wird. Und dass dem gegenüber ein magisches Naturdenken die indigene Evolution steuert. Da steht Technologie gegen Natur. Dieses Motiv finden wir auch bei 'Avatar': Die Indigenen sind rhetorisch reduziert auf das, was wir als primitiv und nicht technologisch sehen würden."
(mkn)

Darcy van Poelgeest, Ian Bertram und Matt Hollingsworth: "Little Bird 1: Der Kampf um Elders Hope"
Cross Cult 2020
208 Seiten, 35 Euro

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