Trainieren für die Counter-Strike-WM
Auch wenn E-Sport in Deutschland noch ein Nischendasein führt: Die Karten für die sogenannte ESL One in Köln sind seit Wochen ausverkauft - die Weltmeisterschaft in Counter-Strike, weltweit eins der erfolgreichsten Computerspiele. Ein Besuch bei den Profis im Trainingslager.
Ein unscheinbarer Betonbau in der Kölner Südstadt. Normalerweise sind hier nur Büroräume. Doch dieses Wochenende ist Bootcamp wie es in der E-Sport-Szene heißt.
Fünf Jungs sitzen in einem der Büroräume nebeneinander und zocken. Jeder von ihnen vor seinem eigenen Rechner. Sie tragen Jogginghosen oder Jeans. Rote T-Shirts und Trainingsjacken mit Mousesports-Logo. Jan Dominicus ist der Manager des Teams:
"Die spielen auf einer Version, wo gar kein Gegner ist. Die probieren tatsächlich einfach nur aus, in welchem Winkel, und mit welchem Timing man bestimmte Aktionen durchführt, damit der Nutzen möglichst groß ist. Es gibt super viele Rauchgranaten die man werfen kann. Da weiß jeder, wenn ich die in genau dem Winkel abwerfe, dann landen die perfekt da. Aber die suchen eben auch nach Sachen, die die Gegner noch nicht kennen."
Granaten sind ein Teil der Waffen, die den Teams zur Verfügung steht. Als Angreifer und Verteidiger treffen sie auf einer virtuellen Karte zusammen. Eine Runde ist beendet, wenn entweder eine Bombe gezündet wurde, oder alle Gegner tot sind.
Energy Drinks und Schweißgeruch
Die Atmosphäre in dem Raum ist entspannt: Auf den Tischen Energy Drinks in Dosen. Es riecht nach Schweiß und Männerdeo. Einen klassischen Coach gibt es nicht. Mit dem Klischee eines Computernerds verbindet die Spieler wenig. In Wahrheit haben sie einen klassischen Acht-Stunden-Tag, der in der Regel aber erst am Nachmittag beginnt, denn die Gegner finden sie meistens in anderen Zeitzonen.
"Da schreibt man einfach ziemlich unkompliziert mal jemanden an: habt ihr Lust, habt Ihr Zeit? Ist dann einfacher als im Fußball, sage ich mal, wo man vielleicht auch noch einen Platz bräuchte, und das Team muss auch noch dahin fahren. Hier sind halt drei Mausklicks, und dann spielt man gegen das beste amerikanische Team innerhalb von zehn Minuten."
"Aber wenn man jetzt an den Fußball denkt und Trainingslager hört, dann ist da so, der FC Bayern fährt irgendwo in die Vereinigten Arabischen Emirate. Das sieht bei euch jetzt ehrlich gesagt ein bisschen unsexy aus. / Tatsächlich ist der erste Zweck von so einem Trainingslager viel Zeit persönlich miteinander zu verbringen. Aber wenn wir dann vor 20.000 Leuten die Sachen umsetzen können in der Halle, dann sieht es auch schon wieder sexy aus."
Im Alltag ist für solche taktische Team-Besprechungen wenig Zeit. Denn die Jungs leben in verschiedenen Städten. Normalerweise verabreden sie sich zum Training nur über Skype. Außerdem ist das Team ständig unterwegs: Orlando. Malmö. Krakau. Counter-Strike wird nicht in einer Liga gespielt sondern in einzelnen Turnieren.
Trainieren für die Spiele vor der Crowd
Trainingspause. Timo Richter, Spielername: Spiidi, setzt sich zu uns. Mit 20 Jahren ist er einer der Jüngsten im Team.
"Mittlerweile ist es echt viel. Auch dadurch dass wir immer besser wurden, kommt man auf mehr Events. Ist natürlich cool auf Turnieren zu spielen. Das ist jedenfalls mein Anreiz: Auf Turnieren spielen zu können vor so einer riesigen Crowd. Deswegen spiele ich."
Timo Richter hat als Amateurspieler angefangen, dann wurde er von Mousesports entdeckt. Seitdem lebt er von seinen Erfolgen als Spieler. Ein Lebenslauf wie der vieler anderer traditioneller Profi-Sportler:
"Man muss viele 1000 Stunden investieren. Ich meine, das ist bei jedem anderen Sport ähnlich. Man muss trainieren, trainieren, trainieren, um gut zu werden."
Das nächste Turnier ist die ESL One in Köln. Die Counter-Strike Weltmeisterschaft. Im vergangenen Jahr ist das Team in der Vorrunde ausgeschieden. Diesmal möchten sie es mindestens bis ins Viertelfinale schaffen.
Die Pause ist beendet. Das Training geht weiter. Die Mannschaftskollegen haben Online einen Trainingsgegner gefunden. Ihr Wunsch für die nächsten Jahre: Eine Art Counter-Sstrike-Liga. Doch in Deutschland steht der E-Sport noch am Anfang: In Süd-Korea etwa existiert längst eine Art Nachwuchsförderung. Und in Skandinavien ist E-Sport mittlerweile ein Schulfach.
"Deutschland ist leider relativ weit unten. Ich war mal auf einem Event in Schweden, und dann sind wir ausgeschieden und am Abend in eine Bar gegangen, und dann lief da am Fernseher eben das Event. Anstatt Eishockey oder Fußball wie jetzt in Deutschland. Das war jetzt keine besondere Bar. Das heißt, da ist man schon viel weiter als jetzt hier."