Ebola-Anhörung

Schwere Vorwürfe gegen US-Gesundheitsbehörden

Dallas' Bürgermeister Mike Rawlings besichtigt den Wohnort der mutmaßlich an Ebola erkrankten Krankenschwester.
In Dallas haben sich zwei Krankenschwestern mit dem Ebola-Virus infiziert - die Aufnahme des ersten Ebola-Patienten in dem Krankenhaus soll chaotisch gewesen sein und wird stark kritisiert. © picture alliance/dpa/Larry W. Smith
Von Marcus Pindur |
Keine hinreichenden Schutzanzüge, verspätete Reaktionen der Seuchenschutzbehörde, schlechtes Training des Krankenhauspersonals: Die US-Gesundheitsbehörden werden zurzeit mit schweren Vorwürfen konfrontiert.
Drängende Fragen aus beiden Parteien an die Regierungsmitarbeiter mehrerer Gesundheitsbehörden, die sich gestern einer Anhörung im Kongress stellen mussten. Der Republikaner Tim Murphy:
"Wir müssen verstehen, was falsch gelaufen ist, damit wir diese Krise in den Griff bekommen. Warum hat die Seuchenschutzbehörde nicht schneller ein Krisenteam nach Dallas geschickt? Warum wurden die Mitarbeiter nicht schneller über die nötigen Prozeduren informiert? Welches Training hat das Krankenhauspersonal bekommen? Warum sind Krankenschwestern trotz ihrer Schutzanzüge infiziert worden?"
Auch die Demokratin Dianna DeGette verbarg ihre Unzufriedenheit mit der Arbeit der Seuchenschutzbehörde CDC nicht:
Weißes Haus schaltet in Krisenmodus
"Es ist eine Untertreibung festzustellen, dass die Reaktion auf Ebola völlig unzureichend war."
Das Weiße Haus hat angesichts der breiten öffentlichen Verunsicherung in den Krisenmodus geschaltet. Präsident Obama habe vorerst alle seine politischen Termine abgesagt, um sich der Ebola-Krise zu widmen, hieß es.
Der republikanische Sprecher des Repräsentantenhauses, John Boehner, hat bereits ein Einreiseverbot für Reisende aus den drei von Ebola betroffenen westafrikanischen Staaten gefordert. Der Direktor der amerikanischen Seuchenschutzbehörde CDC, Tom Frieden, erklärte bei der Kongressanhörung, durch ein Einreiseverbot würden die Reisenden lediglich dazu gedrängt, ihren Reiseausgangsort zu verschleiern und über andere Länder einzureisen:
"Reisende könnten aus den betreffenden Ländern auf dem Landweg ausreisen und erst dann ein Flugzeug besteigen. Dann hätten wir noch weniger Kontrolle."
Einreiseverbot kommt nicht in Frage
Auch aus dem Weißen Haus hieß es, ein Einreiseverbot komme nicht in Frage. Damit würden auch die Reisemöglichkeiten für internationale Helfer und die Lieferung von medizinischen Gütern behindert.
Doch die Seuchenschutzbehörde CDC, Ihr Direktor Tom Frieden und damit auch die Obama-Administration kommen immer stärker unter Druck. Immer neue Einzelheiten kommen ans Licht, die sowohl an den gültigen Richtlinien als auch an der Kompetenz seiner Behörde zweifeln lassen.
Eine mit Ebola infizierte Krankenschwester hatte einen Linienflug bestiegen – obwohl sie der Behörde eine leicht erhöhte Temperatur gemeldet hatte. Sie hatte die Auskunft erhalten, ihre Temperatur liege knapp unter dem festgelegten Alarmrichtwert und sie könne ihre Reise antreten. Eine klare Fehlentscheidung, wie Tom Frieden einräumte.
Kritik auch an einzelnen Krankenhäusern
Auch das Texas Health Presbyterian Hospital in Dallas wird schwer kritisiert. Die Krankenschwester Briana Aguirre berichtet, die Situation bei der Aufnahme des ersten Ebola-Patienten sei chaotisch gewesen:
"Wir haben aus der Notaufnahme die Abteilung für Infektionskrankheiten angerufen und gefragt, wie die Prozeduren aussehen. Sie haben uns gesagt, das wüssten sie nicht, sie würden uns zurückrufen. Meiner Ansicht nach müssten sie vorbereitet gewesen sein. In meiner Abteilung, der Notaufnahme, haben wir aber schon seit acht Monaten niemanden mehr, der für Weiterbildung zuständig ist."
Auch habe es zunächst keine hinreichenden Schutzanzüge gegeben, berichtete die Krankenschwester weiter. Die beiden in Dallas infizierten Krankenschwestern wurden unterdessen in Kliniken in Atlanta und in der Nähe von Washington, D.C. verlegt. Die Ebolakrise wird für die Obama-Administration immer mehr zu einer politischen Belastung. Die Kongress-Zwischenwahlen sind nur drei Wochen entfernt, und seine Demokraten fürchten nicht ohne Grund negative Rückwirkungen.
Mehr zum Thema