Eckart von Hirschhausen zum Klimawandel

"Sehenden Auges in eine medizinische Katastrophe"

07:52 Minuten
Das Foto zeigt den Arzt und Kabarettisten Eckart von Hirschhausen im hell gestreiften Jackett, mit Weste und weißem Hemd vor einem schwarzen Hintergrund.
Es lohne sich, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen, meint Eckart von Hirschhausen in Bezug auf die Erderwärmung. © picture alliance / Geisler-Fotopress / Christoph Hardt
Moderation: Ute Welty |
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Wir vergessen, wie verletzlich der Mensch durch Hitze ist, warnt Eckart von Hirschhausen mit Blick auf die jüngste Hitzewelle. Der Arzt und Kabarettist empfiehlt, an allen möglichen Ansatzpunkten zu starten, um die Erderwärmung zu begrenzen.
Nordamerika, Südosteuropa und auch der Irak erleben gerade eine beispiellose Hitzewelle. Für viele Menschen hat das gravierende gesundheitliche Folgen. Beachtet wird diese Gefahr allerdings kaum.
"Es gab 2003 schon mal eine europaweite Hitzewelle. Da sind 70.000 Menschen gestorben, ohne dass das wirklich einen Skandal ausgelöst hat", sagt Hirschhausen. "Wir vergessen, wie verletzlich wir als Menschen sind, was Hitze angeht."

Ältere und vorerkrankte Menschen besonders gefährdet

Der Mensch sei auf einen "kühlen Kopf" angewiesen, so der Arzt. Denn bei Hitze mache das Hirn schlapp, und das nicht erst beim Sonnenstich: "Schon viel früher werden wir grantig, wir werden aggressiver, es häufen sich Suizide, es werden mehr Fehler gemacht – und wir werden auch nicht mehr zu geistigen Hochleistungen in der Lage sein."
Besonders gefährdet durch die Hitze sind Hirschhausen zufolge ältere oder vorerkrankte Menschen: Aber praktisch kein Altenheim in Deutschland sei mit einer Klimaanlage ausgestattet. Auch im Gesundheitswesen sei man auf Hitze nicht vorbereitet: "Außer den Intensivstationen gibt es auch im Krankenhaus praktisch keine gekühlten Räume."
Vor dem Hintergrund dieser Faktoren warnt Hirschhausen: "Wir laufen sehenden Auges in eine medizinische Katastrophe."
Überall Klimaanlagen einzubauen, ist für Hirschhausen allerdings auch keine Lösung: "Die verbrauchen unglaublich viel Strom. Solange unsere Stromerzeugung dreckig ist, sprich, so lange, wie man noch in Deutschland Kohle verstromt, ist alles, was wir mit dem Strom machen, ein Problem."
Zudem führten Klimaanlagen dazu, dass sich die Städte weiter aufhitzten: "Eine Kühlanlage kann ja nicht kühlen, die kann nur Wärme von der einen auf die andere Seite bringen." Und diese Wärme bleibe dann über den Städten hängen, erklärt er.

"Die Vorschläge liegen auf dem Tisch"

Notwendig sei hier eine "intelligentere Stadtplanung", sagt Hirschhausen. "Wir müssen die Gesundheitseinrichtungen, auch die Schulen und Kindergärten so bauen, dass sie eine Dachbegrünung haben."
Im Kampf gegen die Erderwärmung sei es wert, um jedes Zehntelgrad zu kämpfen, das man verhindern könne. "Jede Tonne CO2, die wir nicht in die Atmosphäre über uns pusten, fällt uns weniger auf die Füße. Deshalb lohnt es sich wirklich, an allen möglichen Ansatzpunkten zu starten." Die Vorschläge dafür lägen auf dem Tisch. "Es braucht nur eine verantwortliche Struktur, die die umsetzt", sagt Eckart von Hirschhausen.

Literaturtipp
Zur Klimakrise und äußert sich Eckart von Hirschhausen auch in seinem neuen Buch "Mensch, Erde! Wir könnten es so schön haben", das im Mai bei dtv erschienen ist. Es hat 528 Seiten und kostet 24 Euro.

(uko)
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