Friedrich war seinem Amt nicht gewachsen
Als er noch Innenminister war, hat Hans-Peter Friedrich den SPD-Chef über die bevorstehenden Ermittlungen gegen Sebastian Edathy informiert. Das ist ein politischer Skandal, meint Gudula Geuther.
Auch wenn vieles noch unklar ist, soviel ist sichtbar: Hier ist sehr viel mehr schief gelaufen als die Information an die Lokalpresse. Wer immer der "Harke" gesteckt hat, dass bei dem Politiker Durchsuchungen stattfinden, wer immer dabei das Wort verwendet hat, das den gesellschaftlichen Tod bedeuten kann, hat – zusammen mit der Zeitung – den sichtbarsten Sündenfall begangen.
Der erste ist es offenbar nicht. Der erste – bisher zumindest, wer weiß, was noch kommt – geht auf das Konto eines leibhaftigen Bundesinnenministers, der damals noch Hans-Peter Friedrich hieß. Und möglicherweise ist es der entscheidende. Denn dass Friedrich den SPD-Parteivorsitzenden Sigmar Gabriel informiert hat, in einem frühen Stadium, vor Eröffnung eines Ermittlungsverfahrens, das hat er selbst bestätigt. Ob dieses frühe Stadium einen strafrechtlichen Unterschied macht, muss nun die Berliner Staatsanwaltschaft bewerten, die prüft, ob sie ermittelt. Politisch ist diese Informationsweitergabe ein Skandal, der erneut verdeutlicht, dass Friedrich seinem Amt als Verfassungsminister nicht gewachsen war. Dass man einen solchen Verdacht – auch in einem frühen Stadium – nicht weiterzugeben hat, hat gute Gründe.
Einer davon steckt hinter dem, was ein Hannoveraner Ermittler so ausdrückte: Wir sind in eine Situation gekommen, in der die Durchsuchungen nicht mehr gegriffen haben. Auch dieser Satz zeigt, wie blank die Nerven liegen, denn immerhin enthält er eine Unterstellung gegenüber dem Beschuldigten, die mit der Unschuldsvermutung kaum vereinbar ist. Aber ganz abstrakt und was Minister Friedrich betrifft ist klar: Man informiert nicht, und schon gar nicht als Dienstherr des Bundeskriminalamtes, das nähere Umfeld eines potentiell Beschuldigten.
Haben auch noch die Ermittler geplappert?
Der andere Grund geht gerade ein wenig unter: Man tut es auch deshalb nicht, weil auch hier – vielleicht noch nicht formal, aber der Sache nach – die Unschuldsvermutung gilt. Edathys Karriere war offenbar mit dieser Information vorerst beendet. Von einer SPD-Führung im Übrigen, die ohne das Wort der Unschuldsvermutung besonders zu betonen, vor allem betreten auf den Boden schaute. Dass das Bundeskriminalamt dann auch noch den früheren Richter und heutigen SPD-Fraktionsvorsitzenden Thomas Oppermann der falschen Darstellung zeiht, ist, wenn es stimmt, eine der wenigen guten Nachrichten in all dem Wust. Denn hätte Oppermann Recht, dann hätten auch noch die Ermittler gegenüber Unbefugten geplappert.
Und mit all dem nicht genug: Ob das ganze Verfahren überhaupt sauber ist, ist ebenfalls noch offen. Denn wenn es legal ist, solche Bilder zu besitzen, wie es nun heißt, dass Edathy sie möglicherweise besessen oder sich verschafft haben soll, eben nicht pornografische, dann würde das allein kaum für eine Durchsuchung reichen. Vielleicht hatte die Staatsanwaltschaft mehr, auch das wird zu beobachten sein. Kinderpornografie ist ein ekelhaftes Verbrechen. Dass sie heute strenger und konsequenter geahndet wird, denn je, ist gut. Dass dabei so viele Sicherungen durchbrennen, ist ein Zeichen für fehlende Professionalität und fehlendes Augenmaß im Umgang mit ihr. Und vor allem von denen lebt der Rechtsstaat.