Edeka-Übernahme von Kaiser's Tengelmann

Den Größenwahn gestoppt

Wir (lieben) Lebensmittel - der Edeka-Slogan auf einer grünen Hauswand
Das Kartellamt hat den Edeka-Chef Markus Mosa gestoppt: Der Lebensmittel-Konzern darf sich Kaiser's-Tengelmann nicht einverleiben. © dpa / picture alliance / Horst Galuschka
Von Andreas Kolbe |
Das Kartellamt hat die Kaiser's-Tengelmann-Übernahme durch Edeka gestoppt. Obwohl Kaiser's Tengelmann nur wenige hundert Märkte in Deutschland hat, ist das trotzdem die richtige Entscheidung, kommentiert Andreas Kolbe. Der selbstbewusste Edeka-Chef Markus Mosa wird dagegen klagen.
Size matters! Die Größe entscheidet! In kaum einer anderen Branche gilt dieses Marktgesetz so sehr wie im Lebensmitteleinzelhandel. Und kaum ein anderer Branchenmanager hat diese Weisheit so sehr verinnerlicht wie Markus Mosa, der selbstbewusste Chef des Edeka-Verbunds.
Unter seiner Führung sind die Genossen aus Hamburg zur unangefochtenen Nummer eins der Branche aufgestiegen. Jeder vierte Euro, der in Deutschland für Lebensmittel ausgegeben wird, landet inzwischen in einer der Kassen von Edeka. Mit bundesweit 12.000 Geschäften erstreckt sich das Filialnetz bis in die hintersten Winkel der Republik.
Gemessen daran ist die Supermarktkette Kaiser's Tengelmann ein Zwerg mit gerade einmal 450 Geschäften oder einem Marktanteil von bundesweit weniger als einem Prozent. Dennoch buhlt Edeka-Chef Mosa mit aller Macht um die Übernahme der Tengelmann-Läden. Weil die Größe entscheidet. Deshalb ist es gut und richtig, dass das Bundeskartellamt den Größenwahn von Edeka gestoppt und die Übernahme von Kaiser's Tengelmann untersagt hat.
Die Hersteller in Deutschland sind eher Mittelständler
Gut und richtig ist die Entscheidung vor allem mit Blick auf die Beschaffungsmärkte, also auf die Einkaufsseite der Lebensmittelhändler. Hier sind die Größenvorteile besonders auffällig. Während die Hersteller in Deutschland vor allem mittelständig geprägt sind, vom Keksproduzenten über Kaffeeröstereien bis hin zur Käsefabrik, stehen ihnen auf der anderen Seite nur vier große Handelsketten gegenüber: Rewe, Aldi, die Schwarz-Gruppe mit Lidl und Kaufland – und eben der Edeka-Verbund, der schon jetzt mit Abstand vorne liegt.
Je größer die Nachfragemacht, desto bessere Konditionen können die Ketten bei den Lieferanten durchsetzen. Eine noch größere Edeka könnte also noch günstiger einkaufen und damit Lieferanten und Konkurrenten noch stärker unter Druck setzen. Langfristig schadet das dem Wettbewerb. Es ist deshalb nur konsequent, dass das Kartellamt diesen Konzentrationsprozess nun nicht auch noch mit einer Übernahme befeuert hat.
Gut und richtig ist die Entscheidung aber auch für die Verbraucher: Kartellamts-Präsident Andreas Mundt verweist zu Recht darauf, dass niemand zum Einkaufen quer durch die Republik fährt. Es sind dann doch eher die drei, vier Geschäfte rund um den Wohnort die in Frage kommen – im Stadtteil oder in der Gemeinde. Dort wo es noch Kaiser's- und Tengelmann-Märkte gibt – in Berlin, im Großraum München und an Rhein und Ruhr – dort sind sie oft die einzige Alternative zu den Platzhirschen Rewe und Edeka. Eine Übernahme hätte also auch hier dem Wettbewerb massiv geschadet.
Der Edeka-Chef wird es weiter versuchen
Ist die Entscheidung des Bundeskartellamts auch gut und richtig für die Mitarbeiter? Eher nicht. Aber dass nun 16.000 Beschäftigte bei Kaiser's und Tengelmann um ihre Jobs bangen müssen, das kann man nun wahrlich nicht den Kartellwächtern in die Schuhe schieben. Schuld daran ist allein die Blauäugigkeit, mit der Tengelmann und Edeka trotz aller kartellrechtlicher Bedenken diesen Deal eingefädelt haben, getreu dem Motto: Man kann's ja mal versuchen.
Size matters. Die Größe entscheidet. Und deshalb wird es Edeka-Chef Mosa vermutlich weiter versuchen: mit einer Klage gegen die Entscheidung des Kartellamts vor Gericht oder auf dem politischen Weg per Sondererlaubnis vom Bundeswirtschaftsminister.
Besser wäre es jedoch, den Deal ad acta zu legen und nach einem Plan B zu suchen, den Verkauf der Märkte an eine Handelskette aus dem Ausland zum Beispiel. Der Schweizer Genossenschaftskette Migros wird Interesse nachgesagt. Sie hat 2013 bereits die Handelskette Tegut übernommen, die vor allem in Hessen, Franken und Thüringen aktiv ist. Die Vertriebsregionen von Kaiser's-Tengelmann würden gut dazu passen. Und Migros hätte auch die finanziellen Mittel, die teils schon ziemlich in die Jahre gekommenen Läden aufzumöbeln.
Das würde den Mitarbeitern eine womöglich monatelange Hängepartie ersparen. Es würde den Wettbewerb stärken und sowohl Kunden als auch Lieferanten zu Gute kommen. Nur die Expansionslust von Edeka-Chef Mosa bliebe auf der Strecke, endlich!
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