Mal wieder das Motiv des liebenswerten, trotteligen Vaters
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Der Handelsgigant Edeka hat einen Werbespot zum Muttertag herausgegeben, der polarisiert. Er kulminiert in dem Satz: "Danke Mama, dass du nicht Papa bist." Werbebranchen-Journalist Santiago Campillo-Lundbeck findet den Spot nicht gelungen.
Der Lebensmittelhandelskonzern Edeka hat kurz vor dem Muttertag einen Werbespot herausgegeben, der polarisiert. Von Boykottaufrufen auf der einen Seite bis zu Lobeshymnen auf der anderen reichen die Reaktionen.
Fast anderthalb Millionen Mal wurde der Spot bei Facebook und auf Youtube schon aufgerufen: Zu sehen sind in dem düsteren Schwarz-Weiß-Filmchen Väter beim Scheitern: Männer, die nicht mit dem Handrührgerät in der Küche umgehen können; die abends beim Vorlesen schon lange vor dem Kind eingeschlafen sind; die ihren Töchtern beim Haarekämmen fast Gewalt antun.
Da werden keine schicken Models in Szene gesetzt, sondern Männer am Rande des Nervenzusammenbruchs. Die Pointe am Schluss geht so: Mutter, Vater, Kind sehen abgekämpft auf dem Sofa fern, und das erschöpfte Kind sagt: "Danke Mama, dass du nicht Papa bist."
Veraltete Werbung in der Tradition der 50er-Jahre
Santiago Campillo-Lundbeck ist Redakteur bei "Horizont", einer Branchenplattform für Marketing, Werbung und Medien. Der Werbefilm der Agentur Jung von Matt habe ihn nicht überzeugt, sagt er. Denn dieser arbeite mit einem Motiv, das in der Werbung schon seit den 50er-Jahren immer wieder ausgepackt werde – der Familienvater als liebenswerte, aber leicht trottelige Figur.
Solche Werbung empfinde er heute als veraltet. Immerhin reproduziere der Edeka-Spot aber nicht die Idylle, sondern zeige, dass das Familienleben auch ganz schön anstrengend sein könne, sagt Campillo-Lundbeck.
Die Mutterrolle sei emotional und funktioniere daher auch als Thema in der Werbung – ganz unabhängig vom anstehenden Muttertag, meint Campillo-Lundbeck - und kritisiert: "Von daher ist es natürlich immer schwierig, wenn ich zugunsten des Gags die gefühlte Wahrheit meiner Zuschauer opfere."
"Fehlende Sensibilität gegenüber der eigenen Kundschaft"
Bei Edeka sei die gesamte Bevölkerung die Zielgruppe. Die Frage bei dieser Art der Werbung sei: Lachen die Leute mit mir? Oder haben die Leute das Gefühl, dass über sie gelacht wird?
Es könne problematisch für den Erfolg der Werbung werden, wenn die Menschen, die eine Marke eigentlich erreichen will, auf eine Art und Weise zum Objekt eines Witzes gemacht werden, in der sie sich nicht wiedererkannt fühlen. "Fehlende Sensibilität gegenüber der eigenen Kundschaft kann nach hinten losgehen", sagt Campillo-Lundbeck.
(mfu)