Edelblödsinn mit Tiefgang
Er hatte zunächst mit Begeisterung Theologie studiert, nebenbei aber in einer Kabaretttruppe mitgewirkt. Seine Erfahrung als Messdiener helfen Matthias Brodowy heute im Umgang mit dem Publikum. Geholfen bei der Karriere hat aber auch sein Mentor, die Kabarettlegende Hans Dieter Hüsch.
"Ich bin ein Kind der 70er-Jahre, ich bin sozialisiert in einer Zeit, die geprägt war durch Tapeten. Tapeten, die heute vom Menschenrechtsgerichtshof in Den Haag als Verbrechen gegen die Menschlichkeit geahndet würden. Tapeten mit apokalyptischen Mustern, psychedelischen Farben, über Badezimmerfließen wollen wir gar nicht erst reden ..."
Matthias Brodowy wirkt hinter der Bühne eher unscheinbar: Großzügig geschnittener grauer Anzug mit sportlich kariertem Hemd, das den Bauchansatz kaschiert. Seine imposante Erscheinung von knapp 1,90 Meter kommt erst beim Auftritt so richtig zur Geltung. Wenn der Kabarettist mit dem runden Jungengesicht über die 70er-Jahre-Kindheit kalauert, ist er in seinem Element. Der 41-Jährige mit den braunen Wuschelhaaren und den freundlichen Augen philosophiert gern über Alltägliches und hat gleichzeitig ein gutes Gespür für Groteskes. Dass er als 28-Jähriger mit Begeisterung katholische Theologie studiert hat, verraten seine Lieder mit Titeln wie "Offenbarung" oder "Sieben":
"Ich habe als Messdiener vor Publikum gestanden, ich habe als Elfjähriger schwerste alttestamentliche Texte gelesen, ich musste mit dem Mikrofon arbeiten, ich musste mit dem Hall in der Kirche arbeiten, da kann ich wirklich sagen: Ich habe es von der Pike auf gelernt, das hat wirklich einen enormen Trainingseffekt gehabt."
Es war der verstorbene Altmeister Hanns Dieter Hüsch, der den angehenden Deutsch- und Religionslehrer vor 14 Jahren endgültig zum Kabarett holte. Brodowy hatte bis dahin über zehn Jahre mit den Profilachtikern Kabarett gemacht, erst in der Schul-AG, dann an der Uni Hannover. Selbst geschriebene Texte, die von den Profilachtikern abgelehnt worden waren, bewahrte der gebürtige Wolfsburger wohlweislich auf. 1997 machte er daraus sein erstes Solo und gewann zwei Jahre später den Kabarett-Preis Das Schwarzes Schaf vom Niederrhein.
"Da bin ich quasi wie die Jungfrau zum Kinde drangekommen an diesen Preis, ich hatte mich beworben, hab' mit nichts gerechnet und wollte nur einmal Hüsch begegnen, ja und als Preisträger bin ich rausgegangen."
Programmausschnitt: "Auf dem Fußballplatz finden sie keinen Torjäger mehr nur noch einen Goalgetter, Matchwinner oder Topscorer, keinen Torwart nur noch einen Keeper, keinen Schiedsrichter nur noch einen Referee und der Blockwart heißt jetzt Security-Service."
Schnellsprecher Brodowy pickte damals schon gerne Anglizismen auf, die sein hochsensibles Sprachgefühl störten. Jurypräsident war 1999 Hüsch gewesen, der ihm den weiteren Weg als Berufskabarettist ebnete - und für kurze Zeit sein Lehrer wurde. Der Hannoveraner exmatrikulierte sich und hat inzwischen acht Soloprogramme geschrieben. Meist literarisch-philosophisch-politische Wortspielereien, die beim ersten Hinhören scheinbar harmlos wirken. Manchmal, nicht immer, kombiniert er seinen liebenswerten Edelblödsinn mit Tiefgang. Das erinnert mal an Heinz Erhardt, mal an Max Goldt und gelegentlich auch an seinen Mentor Hüsch.
"Ich habe niemals versucht, ihn nachzumachen, und das würde ich auch in Zukunft niemals machen. Ich glaube, was uns vielleicht tatsächlich verbindet, und es verbindet uns deswegen so, weil er mir da ein so großes Vorbild war, das poetische, menschenfreundliche, leicht Romantisierende, das habe ich an Hüsch so geschätzt und das versuche ich auch zu machen."
Sein erstes Geld hat der ausgebildete Chorleiter und Kirchenorganist mit 16 Jahren als Klavierbegleiter einer Damengymnastikgruppe verdient. Zwischendurch spielte der Friedhoforganist in verschiedenen Bands, wahlweise als Keyboarder, Sänger oder E-Gitarrist. Kein Wunder, dass auf der Bühne die temporeichen Klaviernummern seine Highlights sind. Für das Musikprogramm mit dem Titel In Begleitung bekamen Brodowy und seine Combo jetzt die wichtigste Ehrung, die es im Genre Kabarett gibt: Den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Chansons. Zu den Klassikern seiner Kabarettlieder gehören die Stadt mit Keks, eine Hommage an seine Wahlheimat Hannover. Und ein Lied an sein Übergewicht - aktuell über 100 Kilo - mit der Arie an die allerletzte Praline.
"Mir macht das alles Spaß, sonst würde ich es nicht machen. Ich gehöre zu denen, die sagen können: Das ist der schönste Beruf der Welt.
Viele Sachen passieren auf der Bühne, das ist jetzt keine Kokettiererei, manche Sachen entstehen aus der Improvisation heraus und weil ich nicht mitschneide, ganz oft auch Sachen vergesse ..."
Zurzeit versucht der zweifache Vater, dessen Lieblingslesestoff theologische Fachliteratur ist, mit viel Sport abzunehmen. Außerdem liegt ihm spürbar Herzen, Gutes zu tun. Brodowy engagiert sich in Hannover für nierenkranke Kinder und ist Schirmherr des Hospizdienstes der Malteser. Und nebenbei macht er noch eine Ausbildung zum Diakon. Dabei habe ihn tief geprägt, sagte er, echter Armut zu begegnen. Es gibt nur eine Sache, die fällt ihm erstaunlicherweise wirklich schwer:
"Den Schlussapplaus entgegen zu nehmen, Zwischendurch-Applaus mag ich gerne, am meisten liebe ich es, wenn die Leute mich schmunzelnd lächelnd ansehen und so eine Art Dauergrinsen im Gesicht haben, je leiser es ist, umso besser, was mir wirklich schwer fällt, ist der Schlussapplaus, ich weiß, dass das komisch klingt, aber das ist der Moment, der mir jeden Abend noch am schwersten fällt."
Matthias Brodowy wirkt hinter der Bühne eher unscheinbar: Großzügig geschnittener grauer Anzug mit sportlich kariertem Hemd, das den Bauchansatz kaschiert. Seine imposante Erscheinung von knapp 1,90 Meter kommt erst beim Auftritt so richtig zur Geltung. Wenn der Kabarettist mit dem runden Jungengesicht über die 70er-Jahre-Kindheit kalauert, ist er in seinem Element. Der 41-Jährige mit den braunen Wuschelhaaren und den freundlichen Augen philosophiert gern über Alltägliches und hat gleichzeitig ein gutes Gespür für Groteskes. Dass er als 28-Jähriger mit Begeisterung katholische Theologie studiert hat, verraten seine Lieder mit Titeln wie "Offenbarung" oder "Sieben":
"Ich habe als Messdiener vor Publikum gestanden, ich habe als Elfjähriger schwerste alttestamentliche Texte gelesen, ich musste mit dem Mikrofon arbeiten, ich musste mit dem Hall in der Kirche arbeiten, da kann ich wirklich sagen: Ich habe es von der Pike auf gelernt, das hat wirklich einen enormen Trainingseffekt gehabt."
Es war der verstorbene Altmeister Hanns Dieter Hüsch, der den angehenden Deutsch- und Religionslehrer vor 14 Jahren endgültig zum Kabarett holte. Brodowy hatte bis dahin über zehn Jahre mit den Profilachtikern Kabarett gemacht, erst in der Schul-AG, dann an der Uni Hannover. Selbst geschriebene Texte, die von den Profilachtikern abgelehnt worden waren, bewahrte der gebürtige Wolfsburger wohlweislich auf. 1997 machte er daraus sein erstes Solo und gewann zwei Jahre später den Kabarett-Preis Das Schwarzes Schaf vom Niederrhein.
"Da bin ich quasi wie die Jungfrau zum Kinde drangekommen an diesen Preis, ich hatte mich beworben, hab' mit nichts gerechnet und wollte nur einmal Hüsch begegnen, ja und als Preisträger bin ich rausgegangen."
Programmausschnitt: "Auf dem Fußballplatz finden sie keinen Torjäger mehr nur noch einen Goalgetter, Matchwinner oder Topscorer, keinen Torwart nur noch einen Keeper, keinen Schiedsrichter nur noch einen Referee und der Blockwart heißt jetzt Security-Service."
Schnellsprecher Brodowy pickte damals schon gerne Anglizismen auf, die sein hochsensibles Sprachgefühl störten. Jurypräsident war 1999 Hüsch gewesen, der ihm den weiteren Weg als Berufskabarettist ebnete - und für kurze Zeit sein Lehrer wurde. Der Hannoveraner exmatrikulierte sich und hat inzwischen acht Soloprogramme geschrieben. Meist literarisch-philosophisch-politische Wortspielereien, die beim ersten Hinhören scheinbar harmlos wirken. Manchmal, nicht immer, kombiniert er seinen liebenswerten Edelblödsinn mit Tiefgang. Das erinnert mal an Heinz Erhardt, mal an Max Goldt und gelegentlich auch an seinen Mentor Hüsch.
"Ich habe niemals versucht, ihn nachzumachen, und das würde ich auch in Zukunft niemals machen. Ich glaube, was uns vielleicht tatsächlich verbindet, und es verbindet uns deswegen so, weil er mir da ein so großes Vorbild war, das poetische, menschenfreundliche, leicht Romantisierende, das habe ich an Hüsch so geschätzt und das versuche ich auch zu machen."
Sein erstes Geld hat der ausgebildete Chorleiter und Kirchenorganist mit 16 Jahren als Klavierbegleiter einer Damengymnastikgruppe verdient. Zwischendurch spielte der Friedhoforganist in verschiedenen Bands, wahlweise als Keyboarder, Sänger oder E-Gitarrist. Kein Wunder, dass auf der Bühne die temporeichen Klaviernummern seine Highlights sind. Für das Musikprogramm mit dem Titel In Begleitung bekamen Brodowy und seine Combo jetzt die wichtigste Ehrung, die es im Genre Kabarett gibt: Den Deutschen Kleinkunstpreis in der Sparte Chansons. Zu den Klassikern seiner Kabarettlieder gehören die Stadt mit Keks, eine Hommage an seine Wahlheimat Hannover. Und ein Lied an sein Übergewicht - aktuell über 100 Kilo - mit der Arie an die allerletzte Praline.
"Mir macht das alles Spaß, sonst würde ich es nicht machen. Ich gehöre zu denen, die sagen können: Das ist der schönste Beruf der Welt.
Viele Sachen passieren auf der Bühne, das ist jetzt keine Kokettiererei, manche Sachen entstehen aus der Improvisation heraus und weil ich nicht mitschneide, ganz oft auch Sachen vergesse ..."
Zurzeit versucht der zweifache Vater, dessen Lieblingslesestoff theologische Fachliteratur ist, mit viel Sport abzunehmen. Außerdem liegt ihm spürbar Herzen, Gutes zu tun. Brodowy engagiert sich in Hannover für nierenkranke Kinder und ist Schirmherr des Hospizdienstes der Malteser. Und nebenbei macht er noch eine Ausbildung zum Diakon. Dabei habe ihn tief geprägt, sagte er, echter Armut zu begegnen. Es gibt nur eine Sache, die fällt ihm erstaunlicherweise wirklich schwer:
"Den Schlussapplaus entgegen zu nehmen, Zwischendurch-Applaus mag ich gerne, am meisten liebe ich es, wenn die Leute mich schmunzelnd lächelnd ansehen und so eine Art Dauergrinsen im Gesicht haben, je leiser es ist, umso besser, was mir wirklich schwer fällt, ist der Schlussapplaus, ich weiß, dass das komisch klingt, aber das ist der Moment, der mir jeden Abend noch am schwersten fällt."