Gräben quer durch die Familien
Noch vor wenigen Jahren war es ein Problem, wollten ein Katholik und ein Protestant heiraten. Trotzdem fanden sich immer wieder solche "Mischpaare" - auch in der Familie der Publizistin Stefanie Oswalt kam das häufiger vor. Hier erzählt sie von den Widrigkeiten.
Familientreffen, Katholiken, Protestanten und Ungetaufte, Rheinländer und Bayern. Frage in die Runde: Spielen unterschiedliche Konfessionen in der Ehe heute noch eine Rolle?
"Heutzutage hat das keinerlei Bedeutung mehr. Aber für meine Mutter hat das eine ganz große Bedeutung. Für meine Mutter auch... Sie hat wirklich von klein auf gesagt: Sie heiratet nie einen Katholiken. Als meine Tante meinen Onkel kennenlernte, der aus einer erzkatholischen Familie stammte, da war das ganz schwer, dass die heiraten durften..."
Konfessionelle Gräben quer durch die Familien, Konflikte mit der Kirche - wer aus Westdeutschland stammt, kennt oft einige solcher Geschichten. Auch in der direkten Linie meiner Vorfahren gibt es sie. Seit drei Generationen haben jeweils ein katholischer und ein evangelischer Partner zusammengefunden – die Familien waren skeptisch, die Kirchen auch. Den Anfang machte 1930 mein Großvater väterlicherseits, ein protestantischer Kölner. Im Rheinland stand man damals gemischtkonfessionellen Ehen besonders skeptisch gegenüber, hatte es doch im frühen 19. Jahrhundert darüber heftige Streitigkeiten gegeben – die sogenannten "Kölner Wirren": Die dortigen Katholiken fürchteten, von den aus Preußen entsandten Verwaltungsbeamten zwangsprotestantisiert zu werden. Mein Großvater heiratete also meine Großmutter, die, so berichtet mein Vater, in einer Regensburger Klosterschule erzogen worden war:
"Meine Mutter, die wurde dann exkommuniziert. Obwohl sie nicht sehr religiös war, hat sie das eigentlich doch sehr gekränkt. Sie hat dann doch einen ziemlichen Hass auf die Katholische Kirche gehabt."
Örtlicher Pfarrer besorgt über Mischehe
Meinen Vater, evangelisch getauft, schreckte das nicht. Er heiratete 1965 meine Mutter, auch sie eine ehemalige Klosterschülerin. Es war natürlich eine katholische Trauung - eine Exkommunikation meiner Mutter hätte wohl den Bruch mit ihrer frommen Familie bedeutet.
"Wie ich mich um meine Frau beworben hab, die ja eine Bayerin war aus diesem katholischen Umfeld, da gab es auch noch eine Großmutter. Und die hat gesagt: ‚Was, diesen lutherischen Zipfel willst du heiraten?‘ Das war für die eigentlich unvorstellbar, dass man sowas macht, sie hat es dann trotzdem gemacht und es ist ja auch gut gegangen."
Erst der Tod schied meine Eltern. Ganz wie es dem katholischen Verständnis der Ehe entspreche, sagt Ute Eberl. Die Theologin ist Referentin für Ehe- und Familien-Seelsorge beim Erzbistum Berlin.
"Wenn Sie eine kirchliche Ehe schließen, dann versprechen Sie Ihrem Partner, dass Sie diese Ehe als eine lebenslängliche Lebensgemeinschaft ansehen, Sie versprechen ihm, dass Sie offen sind für Kinder, und dass Sie diese Ehe als ‚Einheit des Lebens’ ansehen, also dass wirklich alles Schöne und alles Mistige zusammengeworfen und zusammen durchgetragen werden will. Sie sagen nicht, dass es so ist, aber Sie sagen, dass Sie es immer wollen, dass Sie es immer versuchen."
Meine Eltern haben wirklich "alles Schöne und alles Mistige" miteinander durchgestanden. Nur der örtliche Pastor beäugte argwöhnisch die Erziehung von uns Kindern. Ob der Vater die katholische Erziehung fördere, fragte er uns beim Kommunionsunterricht, beim Firmunterricht, nach der Beichte, beim Messdienerausflug. Sorgen klangen aus diesen Fragen, wie sie jenes deutsche Hirtenwort von 1958 formulierte, in dem die deutschen Bischöfe vor der Mischehe warnten:
"Wer in der Mischehe lebt, leidet mehr als andere unter dem Unglück des gespaltenen Glaubens, oft mehr als er zu tragen imstande ist. Die Folgen für den katholischen Teil: Er spürt, wie ihm der warme Atem einer katholischen Atmosphäre fehlt. Er findet ja im anderen Teil kein Echo, kein Verstehen und keine Stütze. Und dann nehmen nach einer erschütternden Regel die Dinge ihren Lauf: ihm schwindet die Glaubensfreude, er wird müde und kälter, es folgen Gleichgültigkeit und Resignation."
Papst Franziskus arbeitet an der Einheit
Sollte der Taufbund fest stehen, wurden Konzessionen an die Lebensrealität notwendig. Infolge der Migrationsbewegungen nach dem Zweiten Weltkrieg hatte sich die deutsche Bevölkerung konfessionell weiter durchmischt. Rein katholische oder rein evangelische Gegenden gab es kaum mehr. Nach langen Verhandlungen dekretierte der Vatikan unter Papst Paul VI. am 18. März 1966 Regelungen, die die gemischt-konfessionelle Ehe erleichterten. Die Exkommunikation eines Katholiken, der seine Ehe von einem Geistlichen anderer Konfession trauen ließ, wurde abgeschafft, der katholische Partner von der Bekehrung seines Partners entbunden und nur er musste nunmehr unterschreiben, für die katholische Erziehung der Kinder zu sorgen. Ute Eberl:
"Und heute ist es möglich, dass zwei getaufte, also ein katholischer und ein evangelischer Christ in der katholischen Kirche oder in der evangelischen Kirche heiraten können. Nach wie vor ist es so, dass bei einer solchen konfessionsverbindenden Ehe der Pfarrer vor Ort, der Ortsordinarius eine Dispens gibt, das ist aber kein großer Akt mehr."
So habe ich es erlebt, als ich 1999 meinen evangelisch getauften Mann heiratete. In einem dunklen Ziegelbau in Berlin Prenzlauer Berg erwirkten wir von einem etwas resigniert wirkenden Ordinarius eine Dispens, eine Befreiung von den geltenden Regeln. Mir war es wichtig, dass mein zukünftiger Mann sich zum Eheverständnis der katholischen Kirche bekannte. Ihm war es wichtig, dass ein befreundeter evangelischer Pfarrer die Zeremonie vollzog. Später tauften wir unseren ersten Sohn evangelisch. Damit hätte ich zwar mein Versprechen, mich um die katholische Erziehung zu kümmern gebrochen, sagt Theologin Eberl, aber heutzutage akzeptiere die Kirche so ein Verhalten.
"Dahinter steckt: Wenn es Krieg gibt wegen der Kindererziehung, wegen katholisch oder evangelisch - die Ehe steht drüber, die Ehe ist heilig."
Umso schwieriger bleibt für gläubige Paare, dass ihnen zwar das Sakrament der Ehe, nicht aber das des gemeinsamen Abendmahls in der katholischen Kirche zuteil wird. Davon ist der nicht-katholische Partner weiterhin ausgeschlossen. Aber Papst Franziskus arbeite ja an der Einheit der Christen, sagt Theologin Eberl.
"Er war ja letzthin in der evangelischen Gemeinde in Rom... Und am Anfang konnten Leute auch Fragen stellen und dann hat ein konfessionsverbindendes Paar dem Papst die Frage gestellt: 'Wann können wir denn gemeinsam zum Abendmahl gehen? Wie kann es denn weitergehen?' Das sind so die Sternstunden. Also der Papst sagt dann: 'Ich kann hier die Lehre nicht ändern oder irgendwelche theologischen Sachen aufzählen, aber ich sage Euch als Paar: Betet miteinander und schaut, ob das Abendmahl für euren gemeinsamen Glaubensweg wichtig ist. Und dann entscheidet.'"