Eike Schmidt

Ein Deutscher als Direktor der Uffizien

Ein Blick in das Kunstmuseum Uffizien (Galleria degli Uffizi), aufgenommen am 21.07.2015 in Florenz (Toskana) Italien.
Das wohl berühmteste Kunstmuseum der Welt: die Uffizien (Galleria degli Uffizi) im italienischen Florenz. © picture-alliance / dpa / Fredrik von Erichsen
Von Jan-Christoph Kitzler |
Sie gelten als berühmtestes Kunstmuseum der Welt: Dass ein Deutscher die Uffizien in Florenz leitet, sorgt in Italien für Aufregung. Der Kunsthistoriker Eike Schmidt empfindet seinen Top-Job als "riesige Ehre" - und er hat ehrgeizige Pläne.
Die Uffizien von Florenz sind so etwas wie ein italienisches Nationalheiligtum. Dass nun ausgerechnet ein Deutscher die Leitung übernommen hat, war in Italien nicht ganz unumstritten. Das hatte es noch nie gegeben, und Kunstkritiker, die sich wie bisher immer einen Italiener auf diesem prestigeträchtigen Chefsessel gewünscht hätten, sprachen von einer Bankrotterklärung. Aber Italiens Kulturminister Dario Franceschini wollte es so: Die Stelle wurde international ausgeschrieben. Eike Schmidt stolperte über die Anzeige im "Economist" und schickte seine Bewerbung ab. Ohne große Hoffnung. Und jetzt leitet er die Uffizien:
"Es ist wirklich eines des ganz großen Museen der Welt, es ist ganz klar: Das ist eine riesige Verantwortung. Das ist ganz fantastisch, aber auch eine riesige Ehre. Man merkt es auch wirklich, wenn man durch die Säle geht: Wir haben einen Besprechungssaal, das ist ein Raum, in dem schon Dante Alighieri Reden gehalten hat. Und man fühlt die Geschichte überall."

Das Museum erstickt in den Besuchermassen

Drei Monate ist Eike Schmidt, Jahrgang 1968 nun schon im Amt, gerade kommt er aus einer stundenlangen Sitzung mit Gewerkschaftsvertretern. Museumsangestellte, die man fragt, sprechen nur gut von ihrem neuen Chef. Der hält die Aufregung um den Deutschen an der Spitze der Uffizien vor allem für ein Thema für die Medien. Für Schmidt, den Kunsthistoriker, der vor Jahren schon in Florenz gelebt hat und zuletzt jahrelang in den USA war, ist die neue Aufgabe ein wenig wie nach Hause kommen – und das hilft im Umgang mit den Mitarbeitern:
"Ich glaube es liegt auch ein bisschen daran, dass ich Italienisch spreche, dann gibt es diese Barriere nicht. Und ich glaube, wenn ich hier gekommen wäre und auf Englisch mit den Leuten gesprochen hätte, dann hätte ich also ganz dicke Barrieren vor mir. Dadurch das man die Sprache spricht, dadurch, dass ich direkt mit den Leuten interagiere: Ich habe überhaupt kein Misstrauen, gar nicht, angetroffen."
Dabei gibt es viel zu tun: Die Uffizien gelten als nicht gerade innovatives Museum, das Haus droht an den Besuchermassen schier zu ersticken, und es werden immer mehr: Vor 15 Jahren noch kamen im Jahr bis zu 1,5 Millionen, um die berühmte Mediceische Venus zu sehen oder Leonardos "Verkündigung". Jetzt sind es fast zwei Millionen. Und Eike Schmidts Aufgabe ist es, Konzepte zu entwickeln, damit sein Haus die vielen Besucher verkraftet, und die sollen schließlich auch etwas davon haben:
"Das muss man natürlich sowohl architektonisch was tun, aber auch administrativ, um die Besucherströme besser zu verteilen, sowohl räumlich als auch zeitlich. Und das ist tatsächlich die große Aufgabe, auch in dem Hinblick darauf, dass man als Besucher ja auch einen schönen Besuch haben soll und nicht einfach nur wie eine Masse durch Räume geschoben wird. Das ist ja nicht der Sinn eines Besuches in einem Kunstmuseum."

Mehr Platz und längere Öffnungszeiten

Die gute Nachricht: Es gibt mehr Platz, neue Säle im ersten Stock, wo früher das Staatsarchiv war, werden frei. Die Öffnungszeiten sollen verlängert werden, daher auch die Sitzung mit den Gewerkschaften. Und als besonderen Clou will Eicke Schmidt den Vasari-Korridor, einen fast tausend Meter langen, überdachten Gang, der von den Uffizien auf die andere Arno-Seite, zum Palazzo Pitti und zum Boboli-Garten führt, dauerhaft öffnen. Beides leitet Eike Schmidt nämlich auch noch.
Bleibt bei den großen Baustellen überhaupt noch Zeit, die große Kunst zu genießen?
"Meistens komme ich überhaupt in die Galerien, wenn ich irgendwelche Besucher habe, wenn es irgendwelche VIPs gibt zum Beispiel, das ist immer eine gute Entschuldigung für mich, dass ich dann auch selber in die Galerieräume gehe, Kunstwerke ansehe. Und das ist dann ein noch interessanteres Erlebnis, weil aus dem Dialog man ja auch immer etwas lernt. Und jeder hat einen anderen Blick auf Kunst, dann kommt ein Besucher mit einem ganz anderen Hintergrund, und einer ganz anderen Biografie, ganz anderen Interessen, ganz anderem Wissen, der einen dann auf etwas aufmerksam macht, was ich noch nie gesehen haben."
So bestaunt der recht junge deutsche Museumsdirektor immer noch begeistert die Kunst in seinem Haus – und genießt seinen Traumjob, als Leiter der Uffizien.
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