Kein "Hort der Gebildeten" mehr
Seine Berufung nach Florenz vor zwei Jahren galt als Symbol der Museumsreform in Italien: Als Uffizien-Direktor versprach Eike Schmidt, das berühmte Museum offener und besucherfreundlicher zu machen. Ist sein Konzept aufgegangen?
Der Kunsthistoriker ist der erste Uffizien-Direktor, der kein Italiener ist. Bei seinem Antritt vor zwei Jahren versprach er, die langen Wartezeiten vor dem Eingang in das berühmte Museum zu verkürzen und es besucherfreundlicher zu machen. Zudem hat der Deutsche neue Geldgeber gewinnen können, wie etwa das Modelabel Gucci.
"Mein Vorgänger, den ich als Kunsthistoriker durchaus sehr schätze, hatte ein ganz anderes Museumskonzept", sagt Schmidt. Für seinen Vorgänger sei das Museum "ein Hort der Gebildeten" gewesen. "Man musste schon etwas von Kunstgeschichte wissen, um rein zu gehen, um die Bilder genießen zu dürfen – das ist doch ein etwas anderer Ansatz als derjenige, der jetzt mit der Reform überall in Italien in die Museen gebracht wurde", sagt der Direktor der Uffizien.
Italiens Museen profitieren von einer 2014 beschlossenen Reform, die den grossen staatlichen Museen mehr Autonomie gewährt hat. Dank der Reform sind Privatspenden für die Kultur stark gefördert worden. 2015 kam Schmidt als erster Nicht-Italiener in die Uffizien.
"Es kamen ja nicht nur Ausländer an die Spitzen der italienischen Museen, sondern auch durchaus Italiener, die in anderen Ländern – vor allem im angelsächsischen Raum, aber auch in Frankreich gearbeitet haben – wo es viel wichtiger ist, dass man die Besucher dort abholt, wo sie stehen." Das Konzept liege darin, das Museum als ein Ort der Kunstvermittlung zu begreifen.
Wieder mehr Didaktik im Museum
In den 80er- und 90er-Jahren seien Stellen in didaktischen Abteilungen gestrichen worden – wegen Geldknappheit. An dieser Stelle habe Schmidt angesetzt. "Wir haben jetzt nicht mehr nur drei, sondern mehr als 30 Mitarbeiter im didaktischen und Forschungsbereich", sagt Schmidt. Die Uffizien haben sich auch der digitalen Welt geöffnet: "Als ich ankam, gab es überhaupt keine Website zu den Uffizien."
Bei der Reformierung der Museen ginge es nicht um "praktische Dinge, wie den Verkauf von Tickets, sondern viel, viel wichtiger noch um Informationen über die Kunstwerke anzubieten, auch altersgerechte Informationen, kulturspezifische Informationen und Programme anzubieten, das haben wir eingeführt".
Zum Glück kein Mona-Lisa-Raum
Im Grunde genommen ginge es darum, die Werke durch die Ausstellung wirklich zugänglich zu machen, meint Schmidt. So sei etwa für die bedeutenden Kunstwerke mehr Raum geschaffen worden. "Zum Glück haben wir keinen Raum wie den Mona-Lisa-Raum (...), in dem es so viel Gedränge gibt, dass man dass Werk wirklich gar nie auch mental wirklich erschließen kann", erklärt Schmidt. Die Wartezeiten habe man auch reduzieren können. "Eine Drängelei, wie man sie auch im inneren kannte, gibt es nicht mehr", sagt der Uffizien-Direktor.
Drei Grundpfeiler seien im Zuge der Reform eingeführt worden: "Wir haben Budgetfreiheit, wir haben Organisationsfreiheit, wir haben wissenschaftliche Freiheit erhalten mit der Museumsreform. (...) Das gab es eben vorher nicht." Vorher sei es egal gewesen, wie viel Geld ein Museum erwirtschaftet habe. Das Geld "floss alles nach oben – und dann kam eine ganz andere Summe zurück … während wir jetzt praktisch dafür verantwortlich sind, unser Geld selbst zu erwirtschaften und dann können wir aber auch mit unseren wissenschaftlichen Komitees entscheiden, wie wir das investieren".
Weitere Säle nach dem Vorbild der Botticelli-Säle
Schmidt hat das Modelabel Gucci als Sponsor gewonnen - wofür er Kritik ernten musste. "Wir haben überhaupt kein einziges Gucci-Logo in den ganzen Uffizien", sagt Schmidt. Die zwei Millionen Euro, die das Modelabel investiert habe, werde das Museum für die Erneuerung des Boboli-Gartens ausgeben.
Schmidt, der in zwei Jahren nach Wien ins Kulturhistorische Museum wechseln wird, hat noch Pläne: "Es geht in den Uffizien darum, jetzt weitere Säle – nach dem Vorbild der Botticelli-Säle - besuchergerecht und neu zu hängen und zu installieren." Der Kunsthistoriker freut sich schon auf Wien: "Das ist eine Chance, die man nur einmal im Leben erhält".