Ein Anfang ist getan

Von Christel Blanke, Hauptstadtstudio · 16.10.2013
Es wird also keine schwarz-grünen Koalitionsverhandlungen geben. Eine Überraschung ist das nicht. Alles deutete in den vergangen Tagen darauf hin, dass CDU und CSU der SPD den Vorzug geben würden. Auch wenn die Generalsekretäre der Unionsparteien in der Nacht geradezu zerknirscht auftraten ob der Tatsache, dass die Grünen ihnen einen Korb gegeben hatten.
Eine Große Koalition wird wohl das Ergebnis sein – auch wenn die Mitgliederbefragung, die die SPD durchführen will, ein gewisses Risiko in sich birgt. Schwarz-Rot: das bedeutet, eine äußerst stabile Mehrheit im Parlament. Rund 80 Prozent der Abgeordneten würden der Regierungskoalition angehören. Damit sind auch schwierige Vorhaben locker durchzusetzen.

Klingt gut, ist es aber nicht. Demokratie lebt auch von einer gut funktionierenden Opposition. Grüne und Linke zusammen werden aber im Bundestag nichts mehr zu melden haben. Sie erreichen zusammen noch nicht einmal das notwendige Quorum, um Minderheitenrechte wahrzunehmen. Sie könnten weder einen Untersuchungsausschusses einsetzen, noch ein Normenkontrollverfahren einleiten, um verfassungsrechtlich prüfen zu lassen, ob ein neues Gesetz mit dem Grundgesetz vereinbar ist. Diese Große Koalition hätte also quasi Narrenfreiheit.

Die Grünen hatten es in der Hand, das zu verhindern. Doch die Angst, ein Bündnis mit der Union könnte die Partei zerreißen, war wohl doch zu groß. Die Grünen haben reichlich Federn gelassen bei der Bundestagswahl. Das muss erst einmal verkraftet werden. Die Partei will sich inhaltlich und personell neu sortieren. Das braucht Zeit. Schwarz-grün auf Bundesebene, das wäre im Moment äußerst riskant gewesen. Zumal die Basis der Partei nach wie vor mehrheitlich eher gen links tendiert.

Weichen für künftige Zusammenarbeit gestellt
Trotzdem: Die schwarz-grünen Sondierungsgespräche waren für beide Seiten ein Erfolg. Inhaltlich sind CDU, CSU und Grüne offenbar näher aneinander als von allen gedacht. Für die Grünen nicht nah genug für Verhandlungen, aber die Generalsekretäre von CDU und CSU wollen keine unüberwindbaren Probleme gesehen haben. Und vor allem atmosphärisch wirken beide Seiten angenehm überrascht. Schon nach dem ersten Sondierungsgespräch war von der CSU kein böses Wort mehr gegen die Grünen zu hören. Auch nicht von CSU-Chef Horst Seehofer, der sich noch vor ein paar Tagen mit Jürgen Trittin nicht einmal an einen Tisch setzen wollte.

Union und Grüne haben die Weichen gestellt für eine künftige Zusammenarbeit. Auch in Hessen wurde gestern erneut sondiert und dort erscheint schwarz-grün als ernsthafte Option. Im Bund ist das letzte Wort möglicherweise auch noch nicht gesprochen. Wenn die SPD wider Erwarten doch abspringt, kommen die Grünen wieder ins Spiel. Die Tür ist offen und nicht zugenagelt für alle Zeiten, sagt Parteichef Cem Özdemir. Wenn auch nicht jetzt sofort: Die Zeichen stehen auf schwarz-grün. Hessen könnte den Anfang machen.
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