Fremd im eigenen Land
Wir vermieten nicht an Araber! Solche Sätze bekam Moataz Kuskasy in Tel Aviv zu hören. Er gehört zur Minderheit der Palästinenser in Israel - und hat immer wieder mit dem Gefühl der Diskriminierung zu kämpfen.
"Wie ich mich definieren würde? Ich bin halt Araber. Ein Araber, der in Israel wohnt."
Moataz Kuskasy lächelt. Eine Antwort, die vage genug bleibt. Und eine weitere Variante hat er schnell parat, oft genug benutzt auf die Frage, woher er komme:
"Aus dem heiligen Land."
30 Jahre ist Moataz alt, dunkle kurzgeschnittene Haare, T-Shirt, Jeans, selbstgedrehte Zigarette. Ob die ersten grauen Haare von der noch frischen Rolle als Vater herrühren - er hat eine anderthalbjährige Tochter - oder von den letzten Zügen zur Ausbildung als Zahnmediziner - es ist wahrscheinlich genauso schwer zu erkennen wie die Tatsache, dass Moataz zu einer Minderheit gehört: ein Palästinenser im Land der Juden, einer mit einem israelischen Pass.
Wir sitzen in einem Café im Norden Tel Avivs, die Kellnerin nimmt die Bestellung auf. Erkennt sie, dass er Araber ist? Am Akzent zum Beispiel, wenn er hebräisch spricht?
"Ja, sie würde es schon bemerken. Ehrlich gesagt, ich bemühe mich nicht, meinen Akzent zu verstecken. Obwohl ich das könnte. Man muss nur die richtigen Ecken betonen."
Jüdische und arabische Schüler werden getrennt
Moataz ist einer von 1,5 Millionen. Israelische Araber, diejenigen Palästinenser, so sagt er es, die das Glück hatten, 1948 nicht vertrieben zu werden. Er stammt aus Shefar-am, einer kleinen Stadt in der Nähe von Haifa. Aufgewachsen ist er dort in einem weitgehend palästinensischen Umfeld. Hebräisch lernt Moataz in der Schule, jüdische Kinder aber sind auf seiner Schule nicht. Jüdische und arabische Schüler werden hier wie im ganzen Land - ganz selbstverständlich getrennt - von ganz wenigen Ausnahmen abgesehen. Ein Leben, das häufig nur ein nebeneinander ist.
"Ich gehe nicht zur Armee – Araber sind befreit vom Armeedienst – und auch die Hymne spricht mich nicht an. Das ist eigentlich an Juden gerichtet, also die Religion spielt schon eine Rolle."
Das Gefühl der Diskriminierung stellt sich immer wieder ein. Auch wenn Moataz Kuskasy seine Wahlheimat dabei etwas in Schutz nimmt:
"Wir sind in Tel Aviv. Das ist eine sehr offene Stadt. Natürlich bemerkt man es hier weniger als woanders."
Doch selbst hier muss der Student schlechte Erfahrungen machen. Nach seiner Rückkehr 2011, auf der Wohnungssuche in Israels Metropole am Mittelmeer, spricht ein Vermieter deutlich aus, was viele andere verklausulieren - er vermiete nicht an Araber. Immerhin, sagt Moataz, war der Mann ehrlich. Und doch gesteht er: So etwas hinterlässt Spuren.
Auch wenn Israel nicht sein Land ist: Seine Heimat möchte er nicht verlassen - vielleicht noch einmal nach Deutschland zum Arbeiten, zu seiner frau, die Deutsche ist und dort mit der Tochter lebt - noch. Eigentlich aber will er zurück in seinen Geburtsort in der Nähe von Haifa. Mit der ganzen Familie - und hoffentlich mit dem Zahnarzt-Diplom in der Tasche. Dort will er eine Praxis aufmachen. Und hoffen, dass für seine Tochter eines Tages das möglich sein wird, was er als Kind in den 90ern erlebte, zu Hochzeiten des Friedensprozesses.
"Da sind Leute aus Tel Aviv nach Ramallah zum Feiern gegangen. Das waren schöne Zeiten. Das waren Jahre mit Optimismus, aber das war schnell vorbei."