Ein Arzt speziell für Männerfragen

Von Jürgen Stratmann |
Seit Dezember 2006 gibt es die von der Bundesärztekammer eingerichtete Zusatzqualifikation Androloge. Das ist - analog zum Gynäkologen - ein Männerarzt, der sich mit der Gesamtproblematik der Unterleibsfragen beim männlichen Geschlecht beschäftigt. Bei den Andrologen geht es darum, nicht nur wie in der Urologie die Harnwege zu inspizieren, sondern auch als Lebensberater zu fungieren und spezielle Männerfragen zu beantworten - vom Ärger mit dem Bierbauch bis hin zu Beischlafproblemen. Inzwischen praktizieren die ersten Andrologen in Deutschland. In Berlin sind es zwölf, darunter eine Frau.
So richtig bekannt ist der Begriff noch nicht:

"Nee!"
"Sacht mir nischt!"
"Muss wohl neu sein, sonst hätt´ ich vielleicht davon gehört!"
"Hört sich beinah an wie Astro, aber..."
"...was ich mein´, ist Anthropologie, das ist wieder was anderes..."
"... vielleicht was mit Roboter?"
"... irgendwas, na ja, in Technikrichtung eben..."

Ja, vielleicht hat es damit zu tun? - mit Anthropologie, weil der Andrologie ist nichts Menschliches fremd, und mit Technik - oder eher mit Techniken? - kann es auch zu tun haben. Andrologie ist: Männermedizin!

"...ach das is Männer- ... - Gegenteil von Gynäkologie!?"
"...da fällt mir als erstes Prostata und sowas ein..."
"...Männermedizin - ach du Scheiße..." (lachen sich kaputt)

Was gibt's da zu Lachen? Die Andrologie ist ein interdisziplinärer Zusammenschluss verschiedenster Fachrichtungen: von Hautärzten, Urologen und Endokrinologen, berücksichtigt werden Erkenntnisse der Psychotherapie, der Genetik, die Sexualmedizin usw., all das, um die komplexen Ursachen eines Problems zu untersuchen, dass zwar die meisten kennen....

"...et jibt Tage, da wird et schwer, davon kann man denn och´n Lied singen, dat is normal, dat is Natur ..."

...über das zu sprechen aber immer noch schwer fällt:

(Lacher) "Manche kriegen vielleicht... na ja, nee, das möchte´ ich jetzt lieber nicht sagen..."

Der Terminus Technicus dafür: erektile Dysfunktion - wobei die Frage...

"Ob's noch jeht?"

...und wenn nicht, warum nicht? gern verdrängt wird - überhaupt haben die Andrologen mit Schwierigkeiten zu kämpfen, die Gynäkologen nicht kennen - das Problem:

"...dass Männer nur gezwungenermaßen zum Arzt gehen ...."
"...immer, wenn´s eigentlich zu spät ist..."
"...man is halt nicht so wehleidig..."
"... ich hatte eine Großmutter, die hat immer gesagt: was von alleine kommt, geht auch von alleine wieder weg - vielleicht denken Männer ähnlich?"
"... det is´n Ego - ´n egoismisches Denken - laß ma die Weiber loofen - ick brauch´ det nich - und denn im letzten Drücker: Au weiah, jetzt geht´s unter´d Messer!"

Dabei nutzt Andrologie dem ganzen Mann, denn des Herren sensibelstes Stück reagiert besonders früh auf alle erdenklichen Zumutungen: Stress, Ärger, Nikotin, Alkohol, Cholesterin usw., lange, bevor viel robustere Organe - zum Beispiel das Herz - gefährlich ins Stottern kommen.

Trotzdem sind es oft die Frauen, die die Initiative ergreifen:

"Würd´ ich auch machen, ich habe meinen Mann kürzlich beim Zahnarzt angemeldet, und ich könnte mir vorstellen, dass das in anderen Dingen ähnlich läuft..."

Sie sind manchmal ja auch Teil des Problems - :

"Wir ha´m uns weiterentwickelt - und es gibt Frauen, die übertreiben das, denk ich mal - und denn kann das sein, das die Männer Angst bekommen..."

Bedarf an einer Männerspezial-Medizin scheint es in allen Altersgruppen zu geben: Jugendliche machen sich Sorgen über ihre Ausstattung, verzweifeln an Normvorgaben, und so kommt es...

"...dass die sich schämen, vielleicht..."
Berufstätige sind stressbedingt nicht bei der Sache, und die Herren im besten Alter wollen vielleicht auch im Herbst des Lebens noch sonnige Stunden, obwohl -

"Et gibt ja solche und solche Menschen - ick war stolz uff mein erstet weißet Haar, det ha´ ick mir uffbewahrt in so ´ner kleenen goldenen Bibel, und ick sach mir, dass die da ´rumeiern und Tabletten nehm', wie det Zeug da, wie heißt det, Niwada, widerlich - stink normal sein ist: dat beste drauf sein..."

Aber was ist schon normal?

Hören Sie zum Thema auch ein Gespräch mit dem Berliner Andrologen Wolfgang Harth. Er ist Leiter der Forschungsstelle Männermedizin am Vivantes Klinikum in Berlin-Friedrichshain.
MP3-Audio