Diese Sendung ist eine Wiederholung vom 7. November 2021.
Zwischen Vorgestern und Übermorgen
51:58 Minuten
Zu DDR-Zeiten war es eine kleine Stadt in der Stadt: das Funkhaus in der Ostberliner Nalepastraße. Nach der Wende fiel das Gelände in einen Dornröschenschlaf. Seit einigen Jahren hat die Kreativwirtschaft das Potenzial entdeckt.
Es gibt die Abbey-Road–Studios in London - die Beatles haben dort bekanntlich aufgenommen. Rauminhalt 6000 Kubikmeter. Der Sendesaal 1 im Block B des Funkhauses Nalepastraße bringt es allein auf 12.300 Kubikmeter. Der Titel "Größtes Studio der Welt" geht eindeutig nach Oberschöneweide. Dort, an der Spree, etwas abseits vom Berliner Zentrum, lag einst der Arbeitsort für über 3500 Beschäftigte des DDR-Rundfunks.
Radio mit Milchbar und Sauna
Poliklinik, Friseur, Betriebskindergarten, Sparkasse, Buchladen, Milchbar und Sauna - alles da. Und ein Konsum, also Lebensmittelladen, aus dem Ostdeutschen übersetzt. So war man auch für politische Krisen gerüstet. Bis zum November 1989 wurde aus der Nalepastraße gesendet - mit festem Programmauftrag durch die staatstragende Partei.
Auch wenn die SED immer das letzte Wort hatte, gab es Hitparaden, Hörspiele, Kindersendungen. Und diese fantastische Studiolandschaft, die schon fleißig von Künstlern aus dem Westen, also vom Klassenfeind, genutzt wurde, als noch eine Mauer Deutschland teilte. Nur reden wollte man darüber natürlich nicht.
Prominenz entdeckt die "Rundfunk-Ikone"
Heute nutzen Künstler wie Nils Frahm oder Igor Levit ganz selbstverständlich die einmaligen Möglichkeiten für Konzerte und Aufnahmen. Und wenn Frahm den Studiokomplex als "Rundfunk-Ikone" adelt, dann freut das auch die aktuellen Eigentümer, die einen Großteil des geschichtsträchtigen Areals erworben haben und die mit großen Plänen und dem notwendigen Budget dem in der Nachwendezeit ins Koma gefallenen Gelände wieder neues Leben eingehaucht haben.
Junge Leute wissen den Veranstaltungsort längst zu schätzen, kommen zu Konzerten oder einfach zum Abhängen, zum Partymachen am Wasser, genießen die Campus-Atmosphäre. Eine Privatuniversität aus England hat knapp 600 Studenten angezogen, die in denkmalgeschützter Kulisse Musik- und Filmproduktion studieren.
Mit dem Boot zu Kunst und Kultur
In der einstigen Fuhrparkhalle finden heute Events renommierter Unternehmen statt. Und immer wieder auch Filmaufnahmen, die mit dem historischen Hintergrund des Ortes spielen. Da kann auch eine Bar aus dem abgerissenen Palast der Republik noch Karriere machen.
Die Kultur- und Kreativwirtschaft hat das Potenzial des historischen Ensembles entdeckt. Neugierige Besucherinnen und Besucher sollen künftig mit einer Art Shuttleservice aus der City abgeholt werden - auf dem Wasserweg, der Spree entlang. Dafür hat der Investor mal eben eine Reederei mit 17 großen Touristenschiffen gekauft.