"Ein Denkmal muss ein Stachel im Fleisch der Gesellschaft sein"

Der Zeithistoriker und wissenschaftliche Leiter der Gedenkstätte Deutscher Widerstand, Peter Steinbach, hat sich gegen den Bendlerblock als geplanten Standort für ein Bundeswehr-Ehrenmal ausgesprochen.
Er sei ein unbedingter Anhänger der Platzierung am Bundestag, sagte Steinbach am Mittwoch im Deutschlandradio Kultur. Über den Einsatz der Bundeswehr werde im Bundestag entschieden, "und ich denke, es ist gut, wenn jeder Abgeordnete, der an diesem Denkmal vorbeigeht, durch dieses Denkmal daran erinnert wird, welche große Verantwortung er eigentlich auch für das Leben der Soldaten hat".

"Ein Denkmal muss ein Stachel im Fleisch der Gesellschaft sein", so Steinbach. Gegen den Standort im Verteidigungsministerium spreche ganz sicherlich, dass dort das Denkmal weitgehend von der Öffentlichkeit ausgeschlossen sei. Möglicherweise könne man dort allerdings Demonstrationen an diesem Denkmal und gegen dieses Denkmal verhindern. "Aber unter dem Strich bleibt in der Summe der Standort am Bundestag der zu präferierende", sagte Steinbach. Auch jede andere Gesellschaft müsse mit der Verantwortung für ihre Soldaten leben. "Niemand käme auf die Idee, etwa das Denkmal für die getöteten amerikanischen Soldaten in Vietnam im Pentagon-Innenhof aufzustellen."

Die Nähe zur Gedenkstätte Deutscher Widerstand halte er gleichfalls für problematisch, so Steinbach weiter. Er vermute, man wolle sich auf die Traditionsstränge der Bundeswehr - Widerstand, Befreiungskriege und die Geschichte der Bundeswehr selbst – berufen. "Aber darum geht es nicht. Es geht nicht um die kollektive Befindlichkeit der Institution Bundeswehr, sondern es geht um das Gedenken an die Opfer der Auslandseinsätze und die Opfer der Bundeswehr." Dies seien weit über 2500.

Steinbach argumentierte: "Ich glaube, dass wir uns mit dem Problem der Auslandseinsätze sehr, sehr schwer tun." Die Frage sei innerhalb der Gesellschaft nicht unumstritten. Gerade nach dem Anschlag auf deutsche Soldaten in Afghanistan am vergangenen Samstag hätte es einen "Schub der Distanzierung" gegeben. "Aber hier böte eigentlich das Denkmal auch eine Chance, über diese Frage zu diskutieren und einen breiteren gesellschaftlichen und politischen Konsens herzustellen", so der Historiker.

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