Ein Dorfpunk am Tor zur Welt
Rocko Schamoni ist Musiker, Entertainer, Pop-Literat – und in der Hamburger Musikszene so etwas wie ein kleiner Star. Seine Sturm- und Drangzeit in der norddeutschen Provinz hat der 42-Jährige in seinem Roman „Dorfpunks“ verewigt, der am 23. April in der Verfilmung von Lars Jessen in die deutschen Kinos kommt.
Malerisch und einladend ist die Landschaft, es rauschen die Blätter im Wind. Die Wiesen sind saftig und grün.
Radikal setzen sich die wüst zurechtgemachten Gestalten ab, die hier herumtollen: Sie tragen Nietengürtel, schwere schwarze Stiefel, mit wilden Slogans bemalte Lederjacken und Irokesenfrisuren. Wir befinden uns in der schleswig-holsteinischen Provinz und die bizarre Szenerie – Romantik trifft auf Lederkluft – ist das Setting des Films „Dorfpunks“, gedreht nach dem gleichnamigen Roman.
Geschrieben hat ihn Rocko Schamoni, der multitalentierte Hamburger Musiker, Entertainer und Pop-Literat. Mit bürgerlichem Namen heißt er schlicht Tobias Albrecht. Dorfpunks ist im Grunde seine eigene persönliche Geschichte, denn Schamoni ist selbst in Lütjenburg – auf halbem Weg zwischen Kiel und der Ostseeinsel Fehmarn – aufgewachsen – rückblickend erachtet er die Provinz als heilsame und prägende Schule fürs Leben.
„Weil wir alles selber erfinden mussten ... wir mussten dieses Widerständlertum genauso kreieren, wie wir Schuhe oder Musikstücke oder Texte kreiert haben. Das war förderlich.“
Film-Ausschnitt:
„Ich habe die Idee. Wir gründen ne Band, ne Punk Band. Du kannst doch Gitarre spielen, und ich habe auch ein bisschen was drauf. Und Sid, Du kannst singen.“
„Gut, dann spiel ich Schlagzeug.“
„Aber nur wenn ich meine Texte selber schreiben kann.“
„Ist doch ‚ne Hammer-Idee, oder?“
„Eigentlich ganz gut.“
Alles hat seine Zeit, verliert aber auch irgendwann an Bedeutung. So ist Punk für Schamoni in erster Linie ein Jugendphänomen. Wer wie er Anfang 40 ist und selbst eine Familie gegründet hat, plädiert für adäquatere Ausdrucksformen. So ist das Punk-Outfit bei Schamoni längst Geschichte, zum Interview erscheint er mit einem dezenten aber schicken Jackett, einen gesetzten oder gar etablierten Eindruck macht er dennoch nicht. Eher gibt er sich zunächst cool und etwas gelangweilt.
Schamoni lebt jetzt bereits über 15 Jahre in Hamburg. Hier verabschiedet er sich auch musikalisch von seinen Wurzeln als Dorfpunk. Er landet bei Soul und Funk, den er mit elektronischer Musik und einer Portion Schlager aufmischt. Doch über die Grenzen der Hamburger Szene-Viertel hinaus bekannt wird Schamoni vor allem als Komiker. Gemeinsam mit Heinz Strunk und Jacques Palminger gründet er das Studio Braun. Spezialität des Trios: Telefon-Scherze.
2007 veröffentlicht Schamoni mit „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“ den Fortsetzungsroman zu „Dorfpunks“: Er beschreibt einen heimatlosen, Orientierung suchenden Kunststudenten und dessen allmähliche Genese zum erwachsenen Stadtmenschen. Schamoni verarbeitet in seinen Büchern bevorzugt die eigene Vergangenheit, er ist aber weit davon entfernt, ein Nostalgiker zu sein. Langeweile, Stillstand und Genügsamkeit zu verhindern – dieser Mission fühlt er sich noch stets verbunden – auch wenn er sich damit manchmal wie ein einsamer Rufer in der Wüste vorkommt.
„Diese Haltung, die meine Generation hatte, selber zu machen, sich in kleinen Gruppen zusammen zu tun, nicht irgendwelchen blöden Modetrends hinterherzulaufen ... auf die Kleinen, auf die Schwachen zu achten … aber die Gesellschaft will diese Haltung nicht.“
Schamoni bezeichnet sich noch immer gern als Anarchist, gleichwohl ahmt er auf den zahlreichen Alben, die er mittlerweile veröffentlicht hat, die Posen seiner Soul-Heroen nach und inszeniert sich in feinen Anzügen, mit Sonnenbrille und perfekt sitzender Frisur. Schamoni gibt sich gern als Dandy, pflegt ein hedonistisches, stilsicheres Rebellen-Image und ist in Hamburg unter Eingeweihten zu so etwas wie einem Star geworden.
Zum speziellen Ruhm hat auch der „Golden Pudel Club“ beigetragen, den Schamoni gegründet hat: Eine sichere Adresse für Hamburger Bands und ausgehfreudiges Publikum. Der Club residiert seit nunmehr über zehn Jahren unweit der Hamburger Hafenstraße in einem verfallenen Lagerhaus, das Schamoni nach zähem Ringen vor dem Abriss bewahren konnte.
Mittlerweile ist Schamoni auch am Theater aktiv: Er schrieb die Musik für einige Inszenierungen am Hamburger Schauspielhaus und im April 2008 feierte dort auch das von ihm mitinszenierte Theaterstück „Dorfpunks“ Premiere. Die Filmrechte will Schamoni vor zwei Jahren per Serviettenvertrag für zwei Bier an den Regisseur Lars Jessen überschrieben haben. Auch den fertigen Film betrachtet er ganz gelassen.
„Es ist so, dass das nicht mehr meine Geschichte ist, habe mich von meiner eigenen Geschichte durch das Schreiben des Buches bereits entfernt. Dann haben wir das Theaterstück gemacht, das war eine weitere Entfernung ... und insofern habe ich da eine wohltuende Distanz dazu.“
Punk mag eine Episode in einem Leben gewesen sein, die Umgebung seiner Heimatstadt Lütjenburg hält Rocko Schamoni aber weiterhin für den schönsten Flecken Norddeutschlands.
Radikal setzen sich die wüst zurechtgemachten Gestalten ab, die hier herumtollen: Sie tragen Nietengürtel, schwere schwarze Stiefel, mit wilden Slogans bemalte Lederjacken und Irokesenfrisuren. Wir befinden uns in der schleswig-holsteinischen Provinz und die bizarre Szenerie – Romantik trifft auf Lederkluft – ist das Setting des Films „Dorfpunks“, gedreht nach dem gleichnamigen Roman.
Geschrieben hat ihn Rocko Schamoni, der multitalentierte Hamburger Musiker, Entertainer und Pop-Literat. Mit bürgerlichem Namen heißt er schlicht Tobias Albrecht. Dorfpunks ist im Grunde seine eigene persönliche Geschichte, denn Schamoni ist selbst in Lütjenburg – auf halbem Weg zwischen Kiel und der Ostseeinsel Fehmarn – aufgewachsen – rückblickend erachtet er die Provinz als heilsame und prägende Schule fürs Leben.
„Weil wir alles selber erfinden mussten ... wir mussten dieses Widerständlertum genauso kreieren, wie wir Schuhe oder Musikstücke oder Texte kreiert haben. Das war förderlich.“
Film-Ausschnitt:
„Ich habe die Idee. Wir gründen ne Band, ne Punk Band. Du kannst doch Gitarre spielen, und ich habe auch ein bisschen was drauf. Und Sid, Du kannst singen.“
„Gut, dann spiel ich Schlagzeug.“
„Aber nur wenn ich meine Texte selber schreiben kann.“
„Ist doch ‚ne Hammer-Idee, oder?“
„Eigentlich ganz gut.“
Alles hat seine Zeit, verliert aber auch irgendwann an Bedeutung. So ist Punk für Schamoni in erster Linie ein Jugendphänomen. Wer wie er Anfang 40 ist und selbst eine Familie gegründet hat, plädiert für adäquatere Ausdrucksformen. So ist das Punk-Outfit bei Schamoni längst Geschichte, zum Interview erscheint er mit einem dezenten aber schicken Jackett, einen gesetzten oder gar etablierten Eindruck macht er dennoch nicht. Eher gibt er sich zunächst cool und etwas gelangweilt.
Schamoni lebt jetzt bereits über 15 Jahre in Hamburg. Hier verabschiedet er sich auch musikalisch von seinen Wurzeln als Dorfpunk. Er landet bei Soul und Funk, den er mit elektronischer Musik und einer Portion Schlager aufmischt. Doch über die Grenzen der Hamburger Szene-Viertel hinaus bekannt wird Schamoni vor allem als Komiker. Gemeinsam mit Heinz Strunk und Jacques Palminger gründet er das Studio Braun. Spezialität des Trios: Telefon-Scherze.
2007 veröffentlicht Schamoni mit „Sternstunden der Bedeutungslosigkeit“ den Fortsetzungsroman zu „Dorfpunks“: Er beschreibt einen heimatlosen, Orientierung suchenden Kunststudenten und dessen allmähliche Genese zum erwachsenen Stadtmenschen. Schamoni verarbeitet in seinen Büchern bevorzugt die eigene Vergangenheit, er ist aber weit davon entfernt, ein Nostalgiker zu sein. Langeweile, Stillstand und Genügsamkeit zu verhindern – dieser Mission fühlt er sich noch stets verbunden – auch wenn er sich damit manchmal wie ein einsamer Rufer in der Wüste vorkommt.
„Diese Haltung, die meine Generation hatte, selber zu machen, sich in kleinen Gruppen zusammen zu tun, nicht irgendwelchen blöden Modetrends hinterherzulaufen ... auf die Kleinen, auf die Schwachen zu achten … aber die Gesellschaft will diese Haltung nicht.“
Schamoni bezeichnet sich noch immer gern als Anarchist, gleichwohl ahmt er auf den zahlreichen Alben, die er mittlerweile veröffentlicht hat, die Posen seiner Soul-Heroen nach und inszeniert sich in feinen Anzügen, mit Sonnenbrille und perfekt sitzender Frisur. Schamoni gibt sich gern als Dandy, pflegt ein hedonistisches, stilsicheres Rebellen-Image und ist in Hamburg unter Eingeweihten zu so etwas wie einem Star geworden.
Zum speziellen Ruhm hat auch der „Golden Pudel Club“ beigetragen, den Schamoni gegründet hat: Eine sichere Adresse für Hamburger Bands und ausgehfreudiges Publikum. Der Club residiert seit nunmehr über zehn Jahren unweit der Hamburger Hafenstraße in einem verfallenen Lagerhaus, das Schamoni nach zähem Ringen vor dem Abriss bewahren konnte.
Mittlerweile ist Schamoni auch am Theater aktiv: Er schrieb die Musik für einige Inszenierungen am Hamburger Schauspielhaus und im April 2008 feierte dort auch das von ihm mitinszenierte Theaterstück „Dorfpunks“ Premiere. Die Filmrechte will Schamoni vor zwei Jahren per Serviettenvertrag für zwei Bier an den Regisseur Lars Jessen überschrieben haben. Auch den fertigen Film betrachtet er ganz gelassen.
„Es ist so, dass das nicht mehr meine Geschichte ist, habe mich von meiner eigenen Geschichte durch das Schreiben des Buches bereits entfernt. Dann haben wir das Theaterstück gemacht, das war eine weitere Entfernung ... und insofern habe ich da eine wohltuende Distanz dazu.“
Punk mag eine Episode in einem Leben gewesen sein, die Umgebung seiner Heimatstadt Lütjenburg hält Rocko Schamoni aber weiterhin für den schönsten Flecken Norddeutschlands.