Ein echter wagnerscher Heldentenor
Ernst Kraus' Herkunft schien nicht gerade auf eine große Opernkarriere hinzuweisen: Als unehelicher Sohn einer Arbeitertochter wollte er ursprünglich Bierbrauer werden. Doch als Wagner-Interpret gelangte er um 1900 zu Weltruhm.
Zitat aus "Schaubühne" von 1906:
"Sein Siegfried (..) wird mit goldenen Lettern in den Bayreuther Annalen verzeichnet bleiben. Nie ist ein deutscher Sänger mit einer herrlicheren Stimme begnadet gewesen. Er weiß gewiss am besten, (...) dass er als Einziger heute in Deutschland ein wirkliches Tenortimbre hat."
Auch wenn sich die Stimme von Ernst Kraus, wie sie diese Kritik aus dem Jahr 1906 rühmte, heute aufgrund der mangelhaften Aufnahmetechnik jener Zeit nur erahnen lässt – die Wirkung dieses Sängers auf sein Publikum muss ganz besonders gewesen sein. Die Presse schwärmte von "prächtigem Material", von "naturhaft herzlicher Urwüchsigkeit" und der "klangvollen Schönheit einer unverbraucht frischen Stimme". Dabei hatte es lange nicht danach ausgesehen, als wäre Kraus eine Bühnenkarriere beschieden.
"Ernst Kraus, geboren am 8. Juni 1863 in Erlangen. Zwölf Jahre alt, wurde er nach München in die Schule geschickt und dann sollte er Kaufmann werden. Der Handelsstand behagte ihm jedoch ganz und gar nicht, eher drängte es ihn, als echten Bayer, zur Bierbrauerei. Zu diesem Berufe besuchte er die Brauereischule und fand (...) Stellung im bürgerlichen Brauhaus (...).
Was dieser Eintrag aus einem Bühnen-Lexikon von 1903 dezent verschweigt, ist die Herkunft des Sängers aus ärmlichsten Verhältnissen. Tatsächlich wurde Ernst Kraus als uneheliches Kind einer Arbeitertochter geboren. Als junger Mann fiel er in München durch ein kräftiges Naturorgan und sein sich selbst begleitendes Zitherspiel auf, man schickte ihn nach Mailand zur Gesangsausbildung und 1893 trat er zum ersten Mal in Mannheim in Mozarts "Zauberflöte" auf. Im Jahr darauf sang er in Berlin mit dem "Lohengrin" eine jener Rollen auf der Bühne, die ihn berühmt machen sollten. Denn sehr schnell wurde er zum führenden Sänger in einem Kernfach des deutschen Repertoires, dem des "Heldentenors".
Richard Wagners Opern erfreuten sich damals auch in den USA großer Beliebtheit, und geschickten Kulturmanagern, etwa dem Österreicher Heinrich Conried, dem späteren Direktor der New Yorker Metropolitan Opera, gelangen mit der Verpflichtung europäischer Sänger große Kassenerfolge. Ernst Kraus war einer der ersten deutschen Stars, die davon – auch materiell – profitieren konnten. Die heimische Wagnergemeinde stand diesem scheinbar nur ökonomisch motivierten Umgang mit dem Werk ihres Meisters ablehnend gegenüber.
Bei der Ankunft des Sängers zu seiner dritten USA-Tournee im Jahr 1903 schrieb die New York Times:
Kraus und Caruso, der Deutsche und der Italiener, werden mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als alle anderen Sänger aus Mr. Conrieds Truppe. Kraus singt die Hauptrollen in allen Wagner'schen Musikdramen. Am Dienstag kam der gefeierte deutsche Tenor mit dem Dampfschiff "Kaiser Wilhelm der Große" an. Gefragt nach der Haltung der Deutschen zur sogenannten Kommerzialisierung der Oper antwortete er, dass sie, wenn sie die Realität hier sehen würden, viel weniger hart über die Amerikaner urteilen würden.
Die meisten Wagner-Partien hatte Kraus vor allem in Bayreuth selbst studiert. Cosima Wagner war es nach dem Tod ihres Mannes nicht nur gelungen, die Festspiele auf solider Grundlage zu etablieren, sie hatte auch einen neuen Darstellungsstil durchgesetzt, der vor allem auf einem intensiven Rollenstudium gründete. Kraus profitierte sehr davon, er konnte eine gewisse Steifheit in der Darstellung, wie sie dem Bühnenunerfahrenen zu Beginn seiner Laufbahn noch zu eigen war, schnell überwinden. Am Ende seiner glanzvollen Karriere hatte die enorme Belastung des viel gefragten Sängers ihre Spuren hinterlassen, und häufiger werdende Absagen provozierten Kritik. Kraus über die Schwierigkeit, Wagner zu singen:
"Wagnersänger zu sein ist eine unmenschliche Aufgabe. Du mühst dich dein Leben lang um Phrasierung, Gestaltung, Durchschlagskraft, Darstellung, Glaubwürdigkeit – und wenn du meinst, endlich alles begriffen zu haben, wenn du endlich singen kannst, hast du keine Stimme mehr."
Ernst Kraus, einer der bedeutendsten Wagnertenöre des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, beendete 1922 seine Karriere, er starb am 6. September 1942 im Alter von 78 Jahren.
"Sein Siegfried (..) wird mit goldenen Lettern in den Bayreuther Annalen verzeichnet bleiben. Nie ist ein deutscher Sänger mit einer herrlicheren Stimme begnadet gewesen. Er weiß gewiss am besten, (...) dass er als Einziger heute in Deutschland ein wirkliches Tenortimbre hat."
Auch wenn sich die Stimme von Ernst Kraus, wie sie diese Kritik aus dem Jahr 1906 rühmte, heute aufgrund der mangelhaften Aufnahmetechnik jener Zeit nur erahnen lässt – die Wirkung dieses Sängers auf sein Publikum muss ganz besonders gewesen sein. Die Presse schwärmte von "prächtigem Material", von "naturhaft herzlicher Urwüchsigkeit" und der "klangvollen Schönheit einer unverbraucht frischen Stimme". Dabei hatte es lange nicht danach ausgesehen, als wäre Kraus eine Bühnenkarriere beschieden.
"Ernst Kraus, geboren am 8. Juni 1863 in Erlangen. Zwölf Jahre alt, wurde er nach München in die Schule geschickt und dann sollte er Kaufmann werden. Der Handelsstand behagte ihm jedoch ganz und gar nicht, eher drängte es ihn, als echten Bayer, zur Bierbrauerei. Zu diesem Berufe besuchte er die Brauereischule und fand (...) Stellung im bürgerlichen Brauhaus (...).
Was dieser Eintrag aus einem Bühnen-Lexikon von 1903 dezent verschweigt, ist die Herkunft des Sängers aus ärmlichsten Verhältnissen. Tatsächlich wurde Ernst Kraus als uneheliches Kind einer Arbeitertochter geboren. Als junger Mann fiel er in München durch ein kräftiges Naturorgan und sein sich selbst begleitendes Zitherspiel auf, man schickte ihn nach Mailand zur Gesangsausbildung und 1893 trat er zum ersten Mal in Mannheim in Mozarts "Zauberflöte" auf. Im Jahr darauf sang er in Berlin mit dem "Lohengrin" eine jener Rollen auf der Bühne, die ihn berühmt machen sollten. Denn sehr schnell wurde er zum führenden Sänger in einem Kernfach des deutschen Repertoires, dem des "Heldentenors".
Richard Wagners Opern erfreuten sich damals auch in den USA großer Beliebtheit, und geschickten Kulturmanagern, etwa dem Österreicher Heinrich Conried, dem späteren Direktor der New Yorker Metropolitan Opera, gelangen mit der Verpflichtung europäischer Sänger große Kassenerfolge. Ernst Kraus war einer der ersten deutschen Stars, die davon – auch materiell – profitieren konnten. Die heimische Wagnergemeinde stand diesem scheinbar nur ökonomisch motivierten Umgang mit dem Werk ihres Meisters ablehnend gegenüber.
Bei der Ankunft des Sängers zu seiner dritten USA-Tournee im Jahr 1903 schrieb die New York Times:
Kraus und Caruso, der Deutsche und der Italiener, werden mehr Aufmerksamkeit auf sich ziehen als alle anderen Sänger aus Mr. Conrieds Truppe. Kraus singt die Hauptrollen in allen Wagner'schen Musikdramen. Am Dienstag kam der gefeierte deutsche Tenor mit dem Dampfschiff "Kaiser Wilhelm der Große" an. Gefragt nach der Haltung der Deutschen zur sogenannten Kommerzialisierung der Oper antwortete er, dass sie, wenn sie die Realität hier sehen würden, viel weniger hart über die Amerikaner urteilen würden.
Die meisten Wagner-Partien hatte Kraus vor allem in Bayreuth selbst studiert. Cosima Wagner war es nach dem Tod ihres Mannes nicht nur gelungen, die Festspiele auf solider Grundlage zu etablieren, sie hatte auch einen neuen Darstellungsstil durchgesetzt, der vor allem auf einem intensiven Rollenstudium gründete. Kraus profitierte sehr davon, er konnte eine gewisse Steifheit in der Darstellung, wie sie dem Bühnenunerfahrenen zu Beginn seiner Laufbahn noch zu eigen war, schnell überwinden. Am Ende seiner glanzvollen Karriere hatte die enorme Belastung des viel gefragten Sängers ihre Spuren hinterlassen, und häufiger werdende Absagen provozierten Kritik. Kraus über die Schwierigkeit, Wagner zu singen:
"Wagnersänger zu sein ist eine unmenschliche Aufgabe. Du mühst dich dein Leben lang um Phrasierung, Gestaltung, Durchschlagskraft, Darstellung, Glaubwürdigkeit – und wenn du meinst, endlich alles begriffen zu haben, wenn du endlich singen kannst, hast du keine Stimme mehr."
Ernst Kraus, einer der bedeutendsten Wagnertenöre des frühen zwanzigsten Jahrhunderts, beendete 1922 seine Karriere, er starb am 6. September 1942 im Alter von 78 Jahren.