Ein Forum für den Filmnachwuchs
Workshops, Debatten, neue Netzwerke: Der Talent Campus bietet jungen Filmemachern einen Rahmen für produktive Begegnungen auf der Berlinale. Verantwortlich für das Nachwuchsforum ist der 34-jährige Holländer Matthijs Wouter Knol.
"Good afternoon. Welcome at the Berlinale Talent Campus 2011. Many talents here, also hopefully, many guests of the festival for a special session today, a limelight-session with Harry Belafonte!”"
Es war im letzten Jahr einer der bewegenden Höhepunkte auf dem Talent Campus der Berlinale, den Programmleiter Matthijs Wouter Knol ankündigen konnte. Harry Belafonte, der legendäre Sänger und Bürgerrechtler, sprach über seine Karriere und sein politisches Engagement. Auch das – mit Kunst eine Haltung einzunehmen - spielt für den Campus eine Rolle, wie Matthijs Knol meint:
""Ich glaube dadurch, dass der Campus so international ist und man sich auch als europäischer Filmemacher darüber bewusst wird, dass es eine Luxussituation ist, in Europa Filme machen können. Dass es auch eine Grundlage ist als Nachwuchsfilmemacher, sich zu positionieren und zu sagen, wofür stehe ich und wie kann ich meine filmische Arbeit dafür einsetzen, nicht nur meine Meinung zu verkünden, aber vielleicht auch was zu ändern."
350 Nachwuchsfilmer aus aller Welt werden jährlich aus rund 4000 Bewerbern ausgewählt. Dieses Zusammentreffen setzt ganz eigene Dynamiken in Gang:
"Es gibt Leute aus Indien oder aus Pakistan, die sich vorher noch nie getroffen haben. Genau das gleiche mit Filmemachern aus Nahost, aus Israel oder aus dem Libanon, die sich im normalen Leben nicht wirklich treffen können, beim Campus aber kann es sein, dass sie im gleichen Schlafzimmer sind."
"Changing Perpectives" lautet denn auch das Motto des diesjährigen Campus. Eine der wichtigsten Aufgaben sieht Programmleiter Knol in der internationalen Vernetzung - junge Filmemacher sollen die Bedingungen, unter denen heute Filme entstehen, aus verschiedenen Perspektiven betrachten und in Austausch mit etablierten Filmemachern treten. Knol sieht eine seiner Hauptaufgaben darin, den Rahmen für produktive Begegnungen zu setzen:
"Mir macht das total viel Spaß, ich setze mich gerne mit Leuten zusammen und sorge auch gerne dafür, dass Leute, die sich noch nicht kennen, wo man aber spürt, dass die sich kennenlernen sollten, um dazu beizutragen, dass es in einer guten Atmosphäre passiert."
Man glaubt Matthijs Knol sofort, dass er ein besonderes Talent dafür besitzt, Gästen eine angenehme Atmosphäre zu bereiten. Erlebt man den 34-jährigen Niederländer hier im Café Einstein im Berliner Bezirk Tiergarten wirkt er - nur wenige Tage vor Beginn der Berlinale - verblüffend entspannt. Ganz in Schwarz gekleidet, schlank, mit kurz rasiertem Haar wirkt Knol auf unauffällige, elegante Art lässig. Er ist freundlich, die Augen blicken aufmerksam, und er ist im Gespräch auf verbindliche Weise außerordentlich präsent. Knol steckt gerade mitten in den anstrengenden Vorbereitungen, aber man merkt, dass er Spaß dabei hat. Er scheint mit diesem kommunikativen Beruf seine Passion erfüllt zu haben – auch wenn der aus der holländischen Provinz stammende Filmenthusiast erst spät Kinoerfahrungen machte:
"Ich bin in einer calvinistischen Familie aufgewachsen, da gab es am Anfang kein Fernsehen, und Kinobesuch gab es da gar nicht. Ich bin mit 17 Jahren zum ersten Mal ins Kino gegangen. Aber sobald ich es entdeckt habe, hat es mich nicht mehr losgelassen."
Knol überlegt früh, selbst Filmemacher zu werden, entscheidet sich aber dann für ein Geschichtsstudium in Leiden. Während der Studienzeit arbeitet er bereits an Dokumentarfilmen fürs Fernsehen. Mit 23 Jahren beginnt er, für eine renommierte Film-Produktion in Amsterdam zu arbeiten, dann für das Internationale Amsterdamer Dokumentarfilmfestival. Darüber bekommt Knol Kontakte nach Berlin, 2008 wird er Programmleiter des Talent Campus. Sein Anliegen im neuen Job ist vor allem eine stärker praktisch orientierte Ausrichtung:
"Ich glaube, dass es auch eine Entwicklung ist, die jungen Filmemacher erwarten auch, dass es hier nicht nur zuhören ist, die wollen über ihre eigenen Projekte reden, und die möchten auch ganz gerne das Gefühl haben, etwas mit nach Hause nehmen zu können, nicht nur Inspiration, sondern auch etwas für ihr eigenes Projekt. Und ich glaube, das ist auch wichtig, dass wir das beim Campus weiter entwickelt haben."
Von den eingeladenen Jungfilmern der letzten Jahre haben es viele geschafft. Allein auf der diesjährigen Berlinale sind 40 ehemalige Campus-Teilnehmer vertreten. Die Arbeitsfelder reichen von ganz praktischen Angeboten wie Skriptstationen und Feinschnittstudios über Workshops zu cross-medialen Möglichkeiten des Filmens - bis hin zu Veranstaltungen über die politischen Perspektiven des Kinos. Initiativen, die Internet-Portale zur Umgehung von politischer Zensur fördern, werden dieses Jahr auf dem Campus vorgestellt, und man diskutiert darüber, wie angesichts weltweiter revolutionärer Bewegungen die politische Wirkung des Films gestärkt werden kann. Diese Kombination aus politischer und praktischer Ausrichtung kommt bei Jungfilmern aus aller Welt an, aber das ist wohl nicht der einzige Grund:
"Ansonsten glaube ich, dass für viele Nachwuchsfilmer, aber grundsätzlich für Leute, die heutzutage jung sind: Berlin hat ja eine Anziehungskraft, also da gibt es gerade in der ganzen Welt keine wirklichen Äquivalente. Und ich glaube, das ist nicht nur in Europa so, das ist glaube ich in aller Welt, wenn man es vergleicht mit anderen Städten, anderen Atmosphären, da ist Berlin schon in einer ziemlich einzigartigen Situation."
Mehr zum Thema bei dradio.de:
Gesamtübersicht: Unser Programm zur 62. Berlinale -
Alle Infos zum Filmfestival bei dradio.de
Sammelportal Berlinale 2012 auf dradio.de
Eine Welt voller Umbrüche im Kino - Die 62. Berlinale beginnt
Interview mit Berlinale-Direktor Kosslick über Umbrüche im Kino in Zeiten der Krise
Es war im letzten Jahr einer der bewegenden Höhepunkte auf dem Talent Campus der Berlinale, den Programmleiter Matthijs Wouter Knol ankündigen konnte. Harry Belafonte, der legendäre Sänger und Bürgerrechtler, sprach über seine Karriere und sein politisches Engagement. Auch das – mit Kunst eine Haltung einzunehmen - spielt für den Campus eine Rolle, wie Matthijs Knol meint:
""Ich glaube dadurch, dass der Campus so international ist und man sich auch als europäischer Filmemacher darüber bewusst wird, dass es eine Luxussituation ist, in Europa Filme machen können. Dass es auch eine Grundlage ist als Nachwuchsfilmemacher, sich zu positionieren und zu sagen, wofür stehe ich und wie kann ich meine filmische Arbeit dafür einsetzen, nicht nur meine Meinung zu verkünden, aber vielleicht auch was zu ändern."
350 Nachwuchsfilmer aus aller Welt werden jährlich aus rund 4000 Bewerbern ausgewählt. Dieses Zusammentreffen setzt ganz eigene Dynamiken in Gang:
"Es gibt Leute aus Indien oder aus Pakistan, die sich vorher noch nie getroffen haben. Genau das gleiche mit Filmemachern aus Nahost, aus Israel oder aus dem Libanon, die sich im normalen Leben nicht wirklich treffen können, beim Campus aber kann es sein, dass sie im gleichen Schlafzimmer sind."
"Changing Perpectives" lautet denn auch das Motto des diesjährigen Campus. Eine der wichtigsten Aufgaben sieht Programmleiter Knol in der internationalen Vernetzung - junge Filmemacher sollen die Bedingungen, unter denen heute Filme entstehen, aus verschiedenen Perspektiven betrachten und in Austausch mit etablierten Filmemachern treten. Knol sieht eine seiner Hauptaufgaben darin, den Rahmen für produktive Begegnungen zu setzen:
"Mir macht das total viel Spaß, ich setze mich gerne mit Leuten zusammen und sorge auch gerne dafür, dass Leute, die sich noch nicht kennen, wo man aber spürt, dass die sich kennenlernen sollten, um dazu beizutragen, dass es in einer guten Atmosphäre passiert."
Man glaubt Matthijs Knol sofort, dass er ein besonderes Talent dafür besitzt, Gästen eine angenehme Atmosphäre zu bereiten. Erlebt man den 34-jährigen Niederländer hier im Café Einstein im Berliner Bezirk Tiergarten wirkt er - nur wenige Tage vor Beginn der Berlinale - verblüffend entspannt. Ganz in Schwarz gekleidet, schlank, mit kurz rasiertem Haar wirkt Knol auf unauffällige, elegante Art lässig. Er ist freundlich, die Augen blicken aufmerksam, und er ist im Gespräch auf verbindliche Weise außerordentlich präsent. Knol steckt gerade mitten in den anstrengenden Vorbereitungen, aber man merkt, dass er Spaß dabei hat. Er scheint mit diesem kommunikativen Beruf seine Passion erfüllt zu haben – auch wenn der aus der holländischen Provinz stammende Filmenthusiast erst spät Kinoerfahrungen machte:
"Ich bin in einer calvinistischen Familie aufgewachsen, da gab es am Anfang kein Fernsehen, und Kinobesuch gab es da gar nicht. Ich bin mit 17 Jahren zum ersten Mal ins Kino gegangen. Aber sobald ich es entdeckt habe, hat es mich nicht mehr losgelassen."
Knol überlegt früh, selbst Filmemacher zu werden, entscheidet sich aber dann für ein Geschichtsstudium in Leiden. Während der Studienzeit arbeitet er bereits an Dokumentarfilmen fürs Fernsehen. Mit 23 Jahren beginnt er, für eine renommierte Film-Produktion in Amsterdam zu arbeiten, dann für das Internationale Amsterdamer Dokumentarfilmfestival. Darüber bekommt Knol Kontakte nach Berlin, 2008 wird er Programmleiter des Talent Campus. Sein Anliegen im neuen Job ist vor allem eine stärker praktisch orientierte Ausrichtung:
"Ich glaube, dass es auch eine Entwicklung ist, die jungen Filmemacher erwarten auch, dass es hier nicht nur zuhören ist, die wollen über ihre eigenen Projekte reden, und die möchten auch ganz gerne das Gefühl haben, etwas mit nach Hause nehmen zu können, nicht nur Inspiration, sondern auch etwas für ihr eigenes Projekt. Und ich glaube, das ist auch wichtig, dass wir das beim Campus weiter entwickelt haben."
Von den eingeladenen Jungfilmern der letzten Jahre haben es viele geschafft. Allein auf der diesjährigen Berlinale sind 40 ehemalige Campus-Teilnehmer vertreten. Die Arbeitsfelder reichen von ganz praktischen Angeboten wie Skriptstationen und Feinschnittstudios über Workshops zu cross-medialen Möglichkeiten des Filmens - bis hin zu Veranstaltungen über die politischen Perspektiven des Kinos. Initiativen, die Internet-Portale zur Umgehung von politischer Zensur fördern, werden dieses Jahr auf dem Campus vorgestellt, und man diskutiert darüber, wie angesichts weltweiter revolutionärer Bewegungen die politische Wirkung des Films gestärkt werden kann. Diese Kombination aus politischer und praktischer Ausrichtung kommt bei Jungfilmern aus aller Welt an, aber das ist wohl nicht der einzige Grund:
"Ansonsten glaube ich, dass für viele Nachwuchsfilmer, aber grundsätzlich für Leute, die heutzutage jung sind: Berlin hat ja eine Anziehungskraft, also da gibt es gerade in der ganzen Welt keine wirklichen Äquivalente. Und ich glaube, das ist nicht nur in Europa so, das ist glaube ich in aller Welt, wenn man es vergleicht mit anderen Städten, anderen Atmosphären, da ist Berlin schon in einer ziemlich einzigartigen Situation."
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