Ein ganz besonderer Saft
Nach der Abnabelung des Neugeborenen wird die Nabelschnur meistens zusammen mit der Plazenta entsorgt. Dabei enthält die Nabelschnur einen ganz besonderen Saft: Das restliche Blut darin ist reich an Stammzellen.
Gabriel und Julian sehen sich überhaupt nicht ähnlich und kennen sich erst seit ein paar Tagen. Und doch sind der Brasilianer Gabriel und den Niederrheiner Julian Blutsbrüder. So zumindest nennen sie es.
"Ist ein bisschen komisch, einen Bruder zu haben, der nicht von der gleichen Mutter kommt, aber trotzdem ist er wie ein Bruder, mehr als ein Bruder."
Gabriel ist inzwischen zwölf Jahre alt und das ist alles andere als selbstverständlich, denn er leidet an einem angeborenen Gendefekt, der sein Immunsystem lahmlegt. Kleinste Infekte können so tödlich sein. Zwei seiner älteren Brüder sind bereits daran gestorben, da für sie in der weltweiten Knochenmark-Spenderdatei kein "genetischer Zwilling" gefunden werden konnte.
Ein Schicksal, dass auch Gabriel drohte. Eine Lösung ist das Nabelschnurblut, denn hier ist keine hundertprozentige Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger notwendig, sagt Gesine Kögler, die die öffentliche Nabelschnurblutbank am Düsseldorfer Universitätsklinikum leitet:
"Bei der Nabelschnurbluttransplantation kann man Unterschiede in den Gewebemerkmalen akzeptieren. Und das bedeutet, dass wir inzwischen für die meisten Patienten ein unverwandtes Nabelschnurblut finden können."
So bekam auch Gabriel im Alter von sechs Monaten das Nabelschnurblut von Julian transplantiert, das seine Mutter unmittelbar nach der Geburt der Nabelschnurblutbank in Düsseldorf gespendet hatte.
"Wir sind im Kreißsaal gefragt worden und da gab es gar keine Frage. Für uns war das selbstverständlich, ein Stück Nabelschnur, wäre eh weggeschmissen worden. Und ich denke mal, wenn eines meiner Kinder Hilfe benötigt hätte, wäre ich auch froh gewesen, wenn einer geholfen hätte."
Nabelschnurblut ist reich an Stammzellen, ähnlich denen im Knochenmark. Sie können sich in Blutplättchen sowie in rote oder weiße Blutkörperchen entwickeln. Eine Wandlungsfähigkeit, die bei mehr als 70 unterschiedlichen Krankheiten lebensrettend sein kann, sagt Gesine Kögler:
"Das sind häufig Leukämien, fünf bis zehn Prozent genetische, also angeborene Erkrankungen der Kinder und es sind natürlich auch Stoffwechselerkrankungen und es sind selten erworbene Erkrankungen."
Problematisch ist allerdings, dass die Menge an geeigneten Zellen im Restblut der Nabelschnur recht gering ist. Heute weiß man jedoch, dass auch zwei ähnliche Nabelschnurpräparate gemeinsam verabreicht werden können, wodurch die Therapie nun auch für Erwachsene möglich ist.
Kritiker bemängeln jedoch, dass die Neugeborenen zu früh abgenabelt werden, um an die wertvollen Stammzellen im Nabelschnurblut zu gelangen. Denn während das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt im Arm der Mutter liegt, pulsiert die Nabelschnur noch ein wenig weiter, sagt Markus Schmidt, Leiter der Geburtshilfe am Uniklinikum Essen:
"Das würde bedeuten, dass sich das Blut, was sich im Plazentakreislauf befindet, noch zum Kind rübergeht und es einfach noch etwas von diesem Blut bekommt. Das ist grade bei Frühgeborenen ein ganz wichtiger Punkt und bei Reifgeborenen eher etwas, was zu vernachlässigen ist."
Die medizinischen Richtlinien untersagen deshalb eine Nabelschnurblutentnahme bei Babys, die vor der 36.Schwangerschaftswoche geboren werden und als Frühgeburten gelten. In allen anderen Fällen steht der Blutentnahme aus der Nabelschnur nichts entgegen. Innerhalb von 24 Stunden wird das Blut dann in Reinräumen aufbereitet, mit einer Art Frostschutz versehen und in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad eingefroren.
So können sie jahrzehntelang gelagert und bei Bedarf wieder aufgetaut werden. Ein Verfahren, dass zunehmend mehr private Nabelschnurblutbanken für sich entdecken. Sie bieten Eltern an, das Nabelschnurblut ihres Kindes für eine mögliche eigene Verwendung einzufrieren. Die sogenannte Eigenkonservierung wird jedoch in Expertenkreisen sehr kritisch diskutiert, sagt Markus Schmidt vom Uniklinikum Essen:
"Die Werbung für diese Stammzellen ist ziemlich aggressiv und natürlich ist das auch ein an Bedeutung gewinnender Wirtschaftsfaktor. Das heißt, die Werbung läuft nach dem Motto 'Sie haben jetzt die einmalige Chance für ihr Kind was Gutes fürs Leben zu tun'. Und das muss man halt kritisch hinterfragen."
Denn noch ist nicht klar, ob die sogenannten "Alleskönner Stammzellen" sich tatsächlich erfolgreich bei der Behandlung von Diabetes, Leber- und Lungenschäden oder auch Alzheimer und Parkinson einsetzen lassen. Hinzu kommt, dass gerade bei Erkrankungen des Blutsystems die Transfusion mit dem eigenen Nabelschnurblut sehr unwahrscheinlich ist, da auch meist die Stammzellen erkrankt sind. Fazit:
"Es ist sicher nicht das Allheilmittel zum jetzigen Zeitpunkt, ganz klar nicht. Und es ist auch sehr teuer."
Im Gegensatz zur kostenlosen Spende an eine öffentliche Nabelschnurblutbank müssen Eltern für die Eigenkonservierung bis zu 3000 Euro zahlen. Der Brasilianer Gabriel jedenfalls ist überglücklich, dass Julians Mutter sich damals, vor 13 Jahren, entschieden hat, das Nabelschnurblut an eine öffentliche Spenderbank zu geben. Das ermöglicht ihm ein Leben ohne jegliche Medikamente. Und auch Julian ist überwältigt, was so wenig Nabelschnurblut bewirken kann:
"Ja im ersten Moment hat es mich so ein bisschen überrannt, aber jetzt freut man sich mehr, dass man jemandem helfen konnte und es ist schon krass, dass man weiß, dass der ohne einen nicht überlebt hätte."
"Ist ein bisschen komisch, einen Bruder zu haben, der nicht von der gleichen Mutter kommt, aber trotzdem ist er wie ein Bruder, mehr als ein Bruder."
Gabriel ist inzwischen zwölf Jahre alt und das ist alles andere als selbstverständlich, denn er leidet an einem angeborenen Gendefekt, der sein Immunsystem lahmlegt. Kleinste Infekte können so tödlich sein. Zwei seiner älteren Brüder sind bereits daran gestorben, da für sie in der weltweiten Knochenmark-Spenderdatei kein "genetischer Zwilling" gefunden werden konnte.
Ein Schicksal, dass auch Gabriel drohte. Eine Lösung ist das Nabelschnurblut, denn hier ist keine hundertprozentige Übereinstimmung zwischen Spender und Empfänger notwendig, sagt Gesine Kögler, die die öffentliche Nabelschnurblutbank am Düsseldorfer Universitätsklinikum leitet:
"Bei der Nabelschnurbluttransplantation kann man Unterschiede in den Gewebemerkmalen akzeptieren. Und das bedeutet, dass wir inzwischen für die meisten Patienten ein unverwandtes Nabelschnurblut finden können."
So bekam auch Gabriel im Alter von sechs Monaten das Nabelschnurblut von Julian transplantiert, das seine Mutter unmittelbar nach der Geburt der Nabelschnurblutbank in Düsseldorf gespendet hatte.
"Wir sind im Kreißsaal gefragt worden und da gab es gar keine Frage. Für uns war das selbstverständlich, ein Stück Nabelschnur, wäre eh weggeschmissen worden. Und ich denke mal, wenn eines meiner Kinder Hilfe benötigt hätte, wäre ich auch froh gewesen, wenn einer geholfen hätte."
Nabelschnurblut ist reich an Stammzellen, ähnlich denen im Knochenmark. Sie können sich in Blutplättchen sowie in rote oder weiße Blutkörperchen entwickeln. Eine Wandlungsfähigkeit, die bei mehr als 70 unterschiedlichen Krankheiten lebensrettend sein kann, sagt Gesine Kögler:
"Das sind häufig Leukämien, fünf bis zehn Prozent genetische, also angeborene Erkrankungen der Kinder und es sind natürlich auch Stoffwechselerkrankungen und es sind selten erworbene Erkrankungen."
Problematisch ist allerdings, dass die Menge an geeigneten Zellen im Restblut der Nabelschnur recht gering ist. Heute weiß man jedoch, dass auch zwei ähnliche Nabelschnurpräparate gemeinsam verabreicht werden können, wodurch die Therapie nun auch für Erwachsene möglich ist.
Kritiker bemängeln jedoch, dass die Neugeborenen zu früh abgenabelt werden, um an die wertvollen Stammzellen im Nabelschnurblut zu gelangen. Denn während das Neugeborene unmittelbar nach der Geburt im Arm der Mutter liegt, pulsiert die Nabelschnur noch ein wenig weiter, sagt Markus Schmidt, Leiter der Geburtshilfe am Uniklinikum Essen:
"Das würde bedeuten, dass sich das Blut, was sich im Plazentakreislauf befindet, noch zum Kind rübergeht und es einfach noch etwas von diesem Blut bekommt. Das ist grade bei Frühgeborenen ein ganz wichtiger Punkt und bei Reifgeborenen eher etwas, was zu vernachlässigen ist."
Die medizinischen Richtlinien untersagen deshalb eine Nabelschnurblutentnahme bei Babys, die vor der 36.Schwangerschaftswoche geboren werden und als Frühgeburten gelten. In allen anderen Fällen steht der Blutentnahme aus der Nabelschnur nichts entgegen. Innerhalb von 24 Stunden wird das Blut dann in Reinräumen aufbereitet, mit einer Art Frostschutz versehen und in flüssigem Stickstoff bei minus 196 Grad eingefroren.
So können sie jahrzehntelang gelagert und bei Bedarf wieder aufgetaut werden. Ein Verfahren, dass zunehmend mehr private Nabelschnurblutbanken für sich entdecken. Sie bieten Eltern an, das Nabelschnurblut ihres Kindes für eine mögliche eigene Verwendung einzufrieren. Die sogenannte Eigenkonservierung wird jedoch in Expertenkreisen sehr kritisch diskutiert, sagt Markus Schmidt vom Uniklinikum Essen:
"Die Werbung für diese Stammzellen ist ziemlich aggressiv und natürlich ist das auch ein an Bedeutung gewinnender Wirtschaftsfaktor. Das heißt, die Werbung läuft nach dem Motto 'Sie haben jetzt die einmalige Chance für ihr Kind was Gutes fürs Leben zu tun'. Und das muss man halt kritisch hinterfragen."
Denn noch ist nicht klar, ob die sogenannten "Alleskönner Stammzellen" sich tatsächlich erfolgreich bei der Behandlung von Diabetes, Leber- und Lungenschäden oder auch Alzheimer und Parkinson einsetzen lassen. Hinzu kommt, dass gerade bei Erkrankungen des Blutsystems die Transfusion mit dem eigenen Nabelschnurblut sehr unwahrscheinlich ist, da auch meist die Stammzellen erkrankt sind. Fazit:
"Es ist sicher nicht das Allheilmittel zum jetzigen Zeitpunkt, ganz klar nicht. Und es ist auch sehr teuer."
Im Gegensatz zur kostenlosen Spende an eine öffentliche Nabelschnurblutbank müssen Eltern für die Eigenkonservierung bis zu 3000 Euro zahlen. Der Brasilianer Gabriel jedenfalls ist überglücklich, dass Julians Mutter sich damals, vor 13 Jahren, entschieden hat, das Nabelschnurblut an eine öffentliche Spenderbank zu geben. Das ermöglicht ihm ein Leben ohne jegliche Medikamente. Und auch Julian ist überwältigt, was so wenig Nabelschnurblut bewirken kann:
"Ja im ersten Moment hat es mich so ein bisschen überrannt, aber jetzt freut man sich mehr, dass man jemandem helfen konnte und es ist schon krass, dass man weiß, dass der ohne einen nicht überlebt hätte."