Ein großer Zeitungsverleger
Hans-Peter Schwarz legt auf mehr als 700 Seiten eine Beschreibung über den Großverleger Axel Springer vor. Das Buch macht deutlich, dass Springer eine der mächtigen Figuren der deutschen Nachkriegsgeschichte war.
Axel Springer, diesen Namen kennt noch heute jeder. Doch der zweite Vorname des Verlegers ist weitgehend in Vergessenheit geraten: Cäsar. Dabei trug Springer diesen Namen zu Recht: Er war eine der mächtigen Figuren der deutschen Nachkriegsgeschichte. Springer scheute vor fragwürdigen Vergleichen nicht zurück und nannte sich "Grövaz", größter Verleger aller Zeiten.
Eine ausführliche Biographie Springers war überfällig. Sie hat nun Hans-Peter Schwarz, emeritierter Politikprofessor aus Bonn, vorgelegt. Herausgekommen ist ein umfangreiches, akkurat recherchiertes, detailliertes und dennoch gut lesbares Buch. Fast durchweg sieht der Konservative Schwarz den Konservativen Springer mit einer wohlwollenden Grundsympathie.
Denn der Verleger half, da ist der Biograph überzeugt, dass die Bundesrepublik zu einer festen Demokratie heranwuchs. Die Verteidigung der Freiheit war das erste politische Ziel Springers. Daraus folgte die vehemente Ablehnung der Nazis und später noch intensiver der Hass auf den SED-Kommunismus. Mit dem Bau des Verlagshochhauses direkt an der Berliner Mauer gab Springer dieser Geisteshaltung eine weit über die Stadt sichtbare Form in Glas und Stahl.
Über die Person des Unternehmers entwickelt Schwarz ein facettenreiches Bild von Schlüsseljahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Springers Leben, es währte von 1912 bis 1985, erstreckte sich vom Kaiserreich über die Nazi-Diktatur bis fast zum Mauerfall. Farbig und lebendig ist nicht nur die Schilderung dieser Epoche, sondern auch der Charakter Springers. Dieser Mann hatte mehrere Gesichter, das mächtigste darunter war das des Charmes. Stets wusste Springer mit viel Schein nachzuhelfen, wenn das Sein einmal Mängel aufweisen sollte. So zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg, als er es schaffte, sich unter Hinweis auf eine nicht sonderlich dramatische Bauchspeichelerkrankung krankschreiben zu lassen und sich so vor der Front zu drücken. In der damaligen Zeit war des gegenüber den bockigen Militärärzten ein gewaltige Überzeugungsleistung. Somit brachte Springer die Nazi-Zeit gut hinter sich, er sei, so sagte er später, "damals nur von den Frauen verfolgt worden."
Es war natürlich umgekehrt. Mit fünf Ehen hat er selbst Gerhard Schröder überholt. Zugleich hatte dieser Mann noch andere Gesichter, das des ängstlichen Menschen, der immer Halt bei anderen suchte, auch das des Grüblers und religiösen Suchers, der nach Jerusalem pilgerte und sich in seiner Hamburger Villa eine Gebetsklause einbauen ließ.
Diese Charakterzüge sollten sich im Alter verstärken, doch zu Beginn der Karriere stand der zupackende Unternehmer, der früh erkannte, wie sich die Massengesellschaft der Wirtschaftswunderrepublik medial melken ließ. Mit der "Bild" hörte er genau hin, was an den Stammtischen geredet wurde und eroberte dann die Lufthoheit darüber. Blanke Busen sollten dem Leser die konservativen Thesen schmackhaft machen. Dabei ist es bis heute geblieben.
Dieser Einfluss machte Springer 1968 zur Zielscheibe der Studentenbewegung. "Enteignet Springer!" lautete die Kreuzberger Parole. Die Kontroversen enttäuschten ihn und verhärteten seine politischen Ansichten. Sein Kampf galt mehr denn je allen "Linken" und jedem, der an der Wiedervereinigung zweifelte.
Die DDR ließ Springer in seinen Zeitungen stets in Anführungszeichen setzen, mit dem Argument dieser Staat sei weder deutsch noch demokratisch noch eine Republik. Unrecht hat er damit nicht gehabt. In einem Gespräch mit Ronald Reagan sah Springer die Wiedervereinigung voraus. Damals wurde er dafür belächelt und als "kalter Krieger" verschrien. Heute erkennt man ihn ihm wieder einen Visionär. Das betont Schwarz. Und so bleibt es das Verdienst dieses Buchs, dass es eines hervorhebt: Gerade jenen, die nicht dem Zeitgeist folgen, gehört die Zeit.
Rezensiert von Hartmut Kühne
Hans-Peter Schwarz: Axel Springer, Die Biographie, Propyläen Verlag, Berlin 2008, 730 Seiten, 26,00 Euro
Eine ausführliche Biographie Springers war überfällig. Sie hat nun Hans-Peter Schwarz, emeritierter Politikprofessor aus Bonn, vorgelegt. Herausgekommen ist ein umfangreiches, akkurat recherchiertes, detailliertes und dennoch gut lesbares Buch. Fast durchweg sieht der Konservative Schwarz den Konservativen Springer mit einer wohlwollenden Grundsympathie.
Denn der Verleger half, da ist der Biograph überzeugt, dass die Bundesrepublik zu einer festen Demokratie heranwuchs. Die Verteidigung der Freiheit war das erste politische Ziel Springers. Daraus folgte die vehemente Ablehnung der Nazis und später noch intensiver der Hass auf den SED-Kommunismus. Mit dem Bau des Verlagshochhauses direkt an der Berliner Mauer gab Springer dieser Geisteshaltung eine weit über die Stadt sichtbare Form in Glas und Stahl.
Über die Person des Unternehmers entwickelt Schwarz ein facettenreiches Bild von Schlüsseljahrzehnten des 20. Jahrhunderts. Springers Leben, es währte von 1912 bis 1985, erstreckte sich vom Kaiserreich über die Nazi-Diktatur bis fast zum Mauerfall. Farbig und lebendig ist nicht nur die Schilderung dieser Epoche, sondern auch der Charakter Springers. Dieser Mann hatte mehrere Gesichter, das mächtigste darunter war das des Charmes. Stets wusste Springer mit viel Schein nachzuhelfen, wenn das Sein einmal Mängel aufweisen sollte. So zum Beispiel im Zweiten Weltkrieg, als er es schaffte, sich unter Hinweis auf eine nicht sonderlich dramatische Bauchspeichelerkrankung krankschreiben zu lassen und sich so vor der Front zu drücken. In der damaligen Zeit war des gegenüber den bockigen Militärärzten ein gewaltige Überzeugungsleistung. Somit brachte Springer die Nazi-Zeit gut hinter sich, er sei, so sagte er später, "damals nur von den Frauen verfolgt worden."
Es war natürlich umgekehrt. Mit fünf Ehen hat er selbst Gerhard Schröder überholt. Zugleich hatte dieser Mann noch andere Gesichter, das des ängstlichen Menschen, der immer Halt bei anderen suchte, auch das des Grüblers und religiösen Suchers, der nach Jerusalem pilgerte und sich in seiner Hamburger Villa eine Gebetsklause einbauen ließ.
Diese Charakterzüge sollten sich im Alter verstärken, doch zu Beginn der Karriere stand der zupackende Unternehmer, der früh erkannte, wie sich die Massengesellschaft der Wirtschaftswunderrepublik medial melken ließ. Mit der "Bild" hörte er genau hin, was an den Stammtischen geredet wurde und eroberte dann die Lufthoheit darüber. Blanke Busen sollten dem Leser die konservativen Thesen schmackhaft machen. Dabei ist es bis heute geblieben.
Dieser Einfluss machte Springer 1968 zur Zielscheibe der Studentenbewegung. "Enteignet Springer!" lautete die Kreuzberger Parole. Die Kontroversen enttäuschten ihn und verhärteten seine politischen Ansichten. Sein Kampf galt mehr denn je allen "Linken" und jedem, der an der Wiedervereinigung zweifelte.
Die DDR ließ Springer in seinen Zeitungen stets in Anführungszeichen setzen, mit dem Argument dieser Staat sei weder deutsch noch demokratisch noch eine Republik. Unrecht hat er damit nicht gehabt. In einem Gespräch mit Ronald Reagan sah Springer die Wiedervereinigung voraus. Damals wurde er dafür belächelt und als "kalter Krieger" verschrien. Heute erkennt man ihn ihm wieder einen Visionär. Das betont Schwarz. Und so bleibt es das Verdienst dieses Buchs, dass es eines hervorhebt: Gerade jenen, die nicht dem Zeitgeist folgen, gehört die Zeit.
Rezensiert von Hartmut Kühne
Hans-Peter Schwarz: Axel Springer, Die Biographie, Propyläen Verlag, Berlin 2008, 730 Seiten, 26,00 Euro