Ein höchst unchristlicher Streit
Seit Monaten beschimpfen und bedrohen im Internet katholische Blogger den evangelischen Pfarrer und Liedermacher Clemens Bittlinger. Ein papstkritischer Song hat ihren Zorn geweckt.
Clemens Bittlinger ist Sonderbeauftragter musikalisch-kulturelle Verkündigung der evangelischen Kirche in Hessen und Nassau. Seit 25 Jahren schreibt und singt er sich als Christ seinen Ärger von der Seele. So entstanden Protestsongs zum Nato-Doppelbeschluss, zu ökologischen Sünden oder Aids, jetzt hat er in seinem neuesten Song Fragen an den Papst gestellt.
"Mensch Benedikt, ich würde gerne eine paar Schritte mit dir gehen, denn ich hätte zwei, drei Fragen und kann vieles nicht verstehen: Du bist Chef einer der Kirchen, gehörst zum Christentum, nun frag ich mich: Was hat Folgendes mit Christus denn zu tun: Du verbietest die Kondome, auch den Armen dieser Welt, förderst damit Aids-Verbreitung, auch wenn es dir nicht gefällt."
Und er fragt weiter, warum der Papst bei den Indios in Lateinamerika nichts über die Auswüchse der Mission gesagt habe, warum er die evangelische Kirche als fehlerhaft bezeichnet oder warum die Messe wieder lateinisch gesungen werden soll?
Diese kritischen Fragen an Papst Benedikt gingen einigen Katholiken offensichtlich zu weit. Im Internet liest man;
"Du dreckige Atheisto-Protestantensau. Ich scheiß auf dich und deine Dreckslieder. Ich reiß dir dein Maul auf und scheiß rein. Haste verstanden, du dreckige Fotze."
Und weitere der vielen anonymen Beschimpfungen lauten:
"Sie beleidigen Papst ,Kirche und Gläubige. Wer ist als nächster dran? Wer so etwas tut, dem traue ich auch Antisemitisms zu
Nein, so nicht Herr Bittlinger, sie werden schon noch ihre ausgleichende Gerechtigkeit erfahren.
Ehrensache, Jungs und Mädchen, niemand macht den Heiligen Vater ungestraft an."
Fühlt sich der bisher gefeierte und erfolgreiche Pfarrer, er ist auch Referent für Mission und Ökumene, durch solche Internetauftritte bedroht?
"Ja, weil aus dem Dunkel des Internets Drohungen und Beschimpfungen kommen. Ich kann die nicht einordnen. Von daher ist es schon so, dass wir im Moment etwas stärker darauf achten, wer nähert sich uns, was kommt an Post ins Haus - bis dahin, dass ein Rechtanwalt eingeschaltet ist und auch die Staatsanwaltschaft ermittelt."
Am 10. August wollte er das Premierenkonzert für seine neue CD "Habseligkeiten" im hessischen Rimbach geben, darauf auch der "Mensch-Benedikt-Song".Es wurde erstmals ein Konzert unter Polizeischutz. Peter Rauwolf, der Pressesprecher der Darmstädter Polizei:
"Den Polizeischutz gab es, weil sich Herr Bittlinger an uns wandte und uns seine Bedenken geschildert hat. Das Konzert fand in der Form statt, wie er es vorgehabt hatte. Er selbst hat gar nicht gemerkt, dass Polizei da war, auch die Zuschauer haben es nicht mitbekommen, weil das waren Beamtinnen und Beamte, die verdeckt operiert haben. Für den Fall der Fälle stand im Hintergrund aber auch uniformierte Polizei quasi Gewehr bei Fuß.
Und der allerletzte Fall war etwas ähnliches, wo er die Befürchtung hatte, dass in einem Paket, das an ihn gerichtet war, etwas Schlimmes an ihn gesandt wurde. Die Polizei nahm sich des Paktes an und hat festgestellt, dass der Inhalt harmlos war."
Im Paket war ein katholischer Katechismus, gesandt an ihn von seinen Gegnern.
"Und wollen mich belehren, wollen sagen, Bittlinger, du befindest dich da auf einem Holzweg, wahrscheinlich weißt Du nicht, was du tust, also lies mal diesen Katechismus und dann wirst du zum rechten Glauben zurückfinden."
Mathias Staab gehört zu den Initiatoren dieser Aktion. Einer der wenigen Blogger, die nicht anonym agieren. Was trieb ihn und seine Freunde zum Protest gegen den Song?
"Was stört, sind eigentlich die Aussagen, die er da trifft.
Er stellt Behauptungen auf, die er dann gerne mit dem Papst diskutieren würde. Und die sind meines Erachtens eigentlich falsch, aus der Mottenkiste, er wärmt sie auf , das ist das, was uns stört. Vielleicht zusätzlich wird es brisant, dadurch dass er Ökumene-Beauftragter ist uns zusätzlich studierter Theologe. Ich schwanke persönlich zwischen Erstaunen und einer leichten Verzweiflung."
Deswegen entschlossen er und sieben weitere Männer sich zur Gegenwehr mit dem Katechismus, mit Interneteinträgen und Presseerklärungen. Für sie ist völlig klar, dass Kondome und Aids in keinem Zusammenhang stehen, dass die katholische Kirche die eigentliche Kirche ist, dass man Aussagen des Papstes nicht hinterfragen soll.
Für Clemens Bittlinger sind die Internetakteure von den Portalen "kath.- und kreuz.net" erzkonservative, sektiererische, tendenziöse Katholiken, die nicht ertragen können, dass sein Song im Mai auf dem Osnabrücker Katholikentag auf viel Akzeptanz stieß.
"Fakt ist, dass ich auf dem deutschen Katholikentag aufgetreten bin und den Song auch gebracht habe, aber im Kontext eines Themas, das heißt: ‚Du führst in die Weite’. Ich hab’ dann gesagt, ich hab’ den Eindruck, dass die römische Kurie eher in die Enge als in die Weite führt. Hab’ dann unter anderem auch diesen Song gebracht. Dass die Leute dann mit standing ovations reagiert haben, das empfand ich als ein eindeutiges Votum. Umso mehr hat mich dann diese kaltschnäuzige, aggressive Reaktion erschreckt."
Anlass für den Song war sein Ärger darüber, dass der Vatikan im Sommer 2007 die Protestanten als die "nicht eigentliche Kirche" bezeichnete, also die Christen in zwei Klassen einteilte. Da entschied sich der Liedermacher für den Protestsong.
"Warum schmähst Du andere Christen? Warum suchst du offenen Streit und sagst: ‚Ihr seid keine Kirche, weil ihr fehlerhaft seid?’ Wer im Glashaus wirft mit Steinen, endet schnell im Scherbenmeer und auch viele Katholiken decken diesen Stil nicht mehr."
Bittlinger hat zusammen mit katholischen und evangelischen Kollegen den Song ausführlich diskutiert und auch immer wieder verändert. Auch Bruder Martin Kleespiess aus Pfungstadt gehörte zu seinen Begleitern.
Mir gefällt der Song ganz gut, denn vieles ist drin enthalten, von dem ich weiß, dass viele auch innerhalb der katholischen Kirche sich diese Fragen selber stellen. Wenn ich zum Beispiel die Strophe höre über Aids, dass es ein großes Problem ist in diesem Zusammenhang, Kondome verbieten zu wollen, das liegt auf der Hand.
Die evangelische und die katholische Kirche brauchen sich ein Stück weit als Korrektiv ,von daher ist es natürlich aus der Position eines evangelischen Pfarrers einfacher so eine Kritik öffentlich zu machen.
Bruder Martin Kleespiess findet es unsäglich, dass Menschen im Namen der katholischen Kirche Clemens Bittlinger beschimpfen und bedrohen , dass das bischöfliche Ordinariat in Mainz ein Bittlinger Konzert in einer Dieburger Kirche untersagt hat, wenn auch mit der Begründung, dass während der Veranstaltung ja sogar Koranverse vorgetragen werden sollten.
"Ich hätte mir schon längst auch ein klares Wort unserer Bistumsleitung gewünscht zu diesen Vorfällen, es ist leider nicht gekommen, sondern es kam die Verlautbarung, dass man keinen Anlass sieht, sich dazu zu äußern. Ich finde es schade, denn ich denke, gerade wenn solche Angriffe schließlich ja auch von Mitgliedern unserer Kirche kommen, wäre es als Kirchenleitung notwendig, sich davon abzugrenzen."
Ganz anders der Kirchenpräsident von Hessen und Nassau, Professor Peter Steinacker, er stellt sich voll hinter Pfarrer Bittlinger.
"Ja ich war zunächst einmal entsetzt, ich habe mit Clemens Bittlinger selber viel gearbeitet. So etwas hat mich total überrascht. Es ist ganz deutlich, dass das mit Katholizismus, mit dem wir gute ökumenische Beziehungen haben, überhaupt nichts zu tun hat, es gibt in beiden Konfessionen derartige Dinge und dagegen müssen wir gemeinsam, katholische und evangelische Christen angehen."
"Mensch Benedikt, ich würde gerne eine paar Schritte mit dir gehen, denn ich hätte zwei, drei Fragen und kann vieles nicht verstehen: Du bist Chef einer der Kirchen, gehörst zum Christentum, nun frag ich mich: Was hat Folgendes mit Christus denn zu tun: Du verbietest die Kondome, auch den Armen dieser Welt, förderst damit Aids-Verbreitung, auch wenn es dir nicht gefällt."
Und er fragt weiter, warum der Papst bei den Indios in Lateinamerika nichts über die Auswüchse der Mission gesagt habe, warum er die evangelische Kirche als fehlerhaft bezeichnet oder warum die Messe wieder lateinisch gesungen werden soll?
Diese kritischen Fragen an Papst Benedikt gingen einigen Katholiken offensichtlich zu weit. Im Internet liest man;
"Du dreckige Atheisto-Protestantensau. Ich scheiß auf dich und deine Dreckslieder. Ich reiß dir dein Maul auf und scheiß rein. Haste verstanden, du dreckige Fotze."
Und weitere der vielen anonymen Beschimpfungen lauten:
"Sie beleidigen Papst ,Kirche und Gläubige. Wer ist als nächster dran? Wer so etwas tut, dem traue ich auch Antisemitisms zu
Nein, so nicht Herr Bittlinger, sie werden schon noch ihre ausgleichende Gerechtigkeit erfahren.
Ehrensache, Jungs und Mädchen, niemand macht den Heiligen Vater ungestraft an."
Fühlt sich der bisher gefeierte und erfolgreiche Pfarrer, er ist auch Referent für Mission und Ökumene, durch solche Internetauftritte bedroht?
"Ja, weil aus dem Dunkel des Internets Drohungen und Beschimpfungen kommen. Ich kann die nicht einordnen. Von daher ist es schon so, dass wir im Moment etwas stärker darauf achten, wer nähert sich uns, was kommt an Post ins Haus - bis dahin, dass ein Rechtanwalt eingeschaltet ist und auch die Staatsanwaltschaft ermittelt."
Am 10. August wollte er das Premierenkonzert für seine neue CD "Habseligkeiten" im hessischen Rimbach geben, darauf auch der "Mensch-Benedikt-Song".Es wurde erstmals ein Konzert unter Polizeischutz. Peter Rauwolf, der Pressesprecher der Darmstädter Polizei:
"Den Polizeischutz gab es, weil sich Herr Bittlinger an uns wandte und uns seine Bedenken geschildert hat. Das Konzert fand in der Form statt, wie er es vorgehabt hatte. Er selbst hat gar nicht gemerkt, dass Polizei da war, auch die Zuschauer haben es nicht mitbekommen, weil das waren Beamtinnen und Beamte, die verdeckt operiert haben. Für den Fall der Fälle stand im Hintergrund aber auch uniformierte Polizei quasi Gewehr bei Fuß.
Und der allerletzte Fall war etwas ähnliches, wo er die Befürchtung hatte, dass in einem Paket, das an ihn gerichtet war, etwas Schlimmes an ihn gesandt wurde. Die Polizei nahm sich des Paktes an und hat festgestellt, dass der Inhalt harmlos war."
Im Paket war ein katholischer Katechismus, gesandt an ihn von seinen Gegnern.
"Und wollen mich belehren, wollen sagen, Bittlinger, du befindest dich da auf einem Holzweg, wahrscheinlich weißt Du nicht, was du tust, also lies mal diesen Katechismus und dann wirst du zum rechten Glauben zurückfinden."
Mathias Staab gehört zu den Initiatoren dieser Aktion. Einer der wenigen Blogger, die nicht anonym agieren. Was trieb ihn und seine Freunde zum Protest gegen den Song?
"Was stört, sind eigentlich die Aussagen, die er da trifft.
Er stellt Behauptungen auf, die er dann gerne mit dem Papst diskutieren würde. Und die sind meines Erachtens eigentlich falsch, aus der Mottenkiste, er wärmt sie auf , das ist das, was uns stört. Vielleicht zusätzlich wird es brisant, dadurch dass er Ökumene-Beauftragter ist uns zusätzlich studierter Theologe. Ich schwanke persönlich zwischen Erstaunen und einer leichten Verzweiflung."
Deswegen entschlossen er und sieben weitere Männer sich zur Gegenwehr mit dem Katechismus, mit Interneteinträgen und Presseerklärungen. Für sie ist völlig klar, dass Kondome und Aids in keinem Zusammenhang stehen, dass die katholische Kirche die eigentliche Kirche ist, dass man Aussagen des Papstes nicht hinterfragen soll.
Für Clemens Bittlinger sind die Internetakteure von den Portalen "kath.- und kreuz.net" erzkonservative, sektiererische, tendenziöse Katholiken, die nicht ertragen können, dass sein Song im Mai auf dem Osnabrücker Katholikentag auf viel Akzeptanz stieß.
"Fakt ist, dass ich auf dem deutschen Katholikentag aufgetreten bin und den Song auch gebracht habe, aber im Kontext eines Themas, das heißt: ‚Du führst in die Weite’. Ich hab’ dann gesagt, ich hab’ den Eindruck, dass die römische Kurie eher in die Enge als in die Weite führt. Hab’ dann unter anderem auch diesen Song gebracht. Dass die Leute dann mit standing ovations reagiert haben, das empfand ich als ein eindeutiges Votum. Umso mehr hat mich dann diese kaltschnäuzige, aggressive Reaktion erschreckt."
Anlass für den Song war sein Ärger darüber, dass der Vatikan im Sommer 2007 die Protestanten als die "nicht eigentliche Kirche" bezeichnete, also die Christen in zwei Klassen einteilte. Da entschied sich der Liedermacher für den Protestsong.
"Warum schmähst Du andere Christen? Warum suchst du offenen Streit und sagst: ‚Ihr seid keine Kirche, weil ihr fehlerhaft seid?’ Wer im Glashaus wirft mit Steinen, endet schnell im Scherbenmeer und auch viele Katholiken decken diesen Stil nicht mehr."
Bittlinger hat zusammen mit katholischen und evangelischen Kollegen den Song ausführlich diskutiert und auch immer wieder verändert. Auch Bruder Martin Kleespiess aus Pfungstadt gehörte zu seinen Begleitern.
Mir gefällt der Song ganz gut, denn vieles ist drin enthalten, von dem ich weiß, dass viele auch innerhalb der katholischen Kirche sich diese Fragen selber stellen. Wenn ich zum Beispiel die Strophe höre über Aids, dass es ein großes Problem ist in diesem Zusammenhang, Kondome verbieten zu wollen, das liegt auf der Hand.
Die evangelische und die katholische Kirche brauchen sich ein Stück weit als Korrektiv ,von daher ist es natürlich aus der Position eines evangelischen Pfarrers einfacher so eine Kritik öffentlich zu machen.
Bruder Martin Kleespiess findet es unsäglich, dass Menschen im Namen der katholischen Kirche Clemens Bittlinger beschimpfen und bedrohen , dass das bischöfliche Ordinariat in Mainz ein Bittlinger Konzert in einer Dieburger Kirche untersagt hat, wenn auch mit der Begründung, dass während der Veranstaltung ja sogar Koranverse vorgetragen werden sollten.
"Ich hätte mir schon längst auch ein klares Wort unserer Bistumsleitung gewünscht zu diesen Vorfällen, es ist leider nicht gekommen, sondern es kam die Verlautbarung, dass man keinen Anlass sieht, sich dazu zu äußern. Ich finde es schade, denn ich denke, gerade wenn solche Angriffe schließlich ja auch von Mitgliedern unserer Kirche kommen, wäre es als Kirchenleitung notwendig, sich davon abzugrenzen."
Ganz anders der Kirchenpräsident von Hessen und Nassau, Professor Peter Steinacker, er stellt sich voll hinter Pfarrer Bittlinger.
"Ja ich war zunächst einmal entsetzt, ich habe mit Clemens Bittlinger selber viel gearbeitet. So etwas hat mich total überrascht. Es ist ganz deutlich, dass das mit Katholizismus, mit dem wir gute ökumenische Beziehungen haben, überhaupt nichts zu tun hat, es gibt in beiden Konfessionen derartige Dinge und dagegen müssen wir gemeinsam, katholische und evangelische Christen angehen."