Ein innovativer Revolutionär
Eine intensive Begegnung mit dem französischen Maler Pierre Bonnard bietet das Von Der Heydt-Museum in Wuppertal. Mehr als 180 Gemälde, Zeichnungen und Druckgrafiken des "Magiers der Farbe" sind dort zu sehen.
Schon das erste Bild ist eine Sensation: ein violettes Rechteck auf einem grauen, beide lassen viele Schattierungen anderer Töne durchschimmern. Im Zentrum eine mattgrüne Fläche, darüber ein in sich kreisender Strudel gelber Farbtupfer: Narzissen in grünem Topf, 1887 gemalt vom zwanzigjährigen Pierre Bonnard - nach dem Willen der Familie Jurastudent, aber heimlich längst auf dem Weg zur Malerei. Und während die noch nicht viel mehr als ein Jahrzehnt alte Kunstrichtung des Impressionismus in voller Blüte stand und ganz allmählich breitere Anerkennung fand, schon längst vorbei an dieser Moderne.
"Er ist ein ganz großer Revolutionär, der etwas ganz Neues schafft und wir wollten diese Innovation in den Mittelpunkt stellen. Zum Beispiel konnte ein Mark Rothko, der Bonnard sehr verehrt hat, tatsächlich viel lernen über Farbflächen, die zusammen kommen, da merkt man, wie modern Bonnard war. Er ist nicht ein Ausläufer des 19. Jahrhunderts, sondern er ist ein Neuerer im 20. Jahrhundert."
Museumsdirektor Gerhard Finckh und der Kurator Peter Kropmanns haben diese These eindrucksvoll belegt. Auf dem Weg durch die zölf Museumssäle, die in Wuppertal für Bonnard eingerichtet worden sind mit Leihgaben aus etwa 50 Museen weltweit, verfolgt man aufregende Experimente mit Farbe und Leinwand, die der Maler - auch darin ein Mann des 20. Jahrhunderts - immer als solche durchschaut und verstanden wissen wollte. Illusion und Augentäuschung waren seine Sache nicht. Neben der ausgeklügelten und in ungewohnte Extreme vordringenden Farbkomposition trieb Bonnard hintersinnige und vieldeutige Spiele mit der Definition des Bildraums, zeigte dieselbe Szene gleichzeitig aus verschiedenen Perspektiven. Dazu brauchte er den gegenständlichen, wenn auch immer stärker reduzierten Bildinhalt. Gerhard Finckh:
"Er hat sich in ein Oppositionsverhältnis zur Abstraktion gebracht, zu seiner Zeit ist ja auch der Kubismus entstanden und Picasso wurde unglaublich diskutiert, davon hat Bonnard gar nichts gehalten. Er hat seinen Stil weiter getrieben, der zur Flächigkeit ging und zur Farbexplosion, Abstraktion war für ihn keine Kategorie."
Vielleicht hat ihm das den Ruf des Nostalgikers eingetragen, der leuchtende Landschaften, niedliche Kinder, Hunde und Katzen, bewegte Großstadtszenen und üppige Blumensträuße gemalt hat. Zumal in Deutschland ist Bonnard manchmal in Kitschverdacht geraten. Dem erliegt in Wuppertal nur das Werbematerial, das ganz auf Sommer, Licht und Farbenrausch setzt – wohl um an die spektakulären Publikumserfolge anzuknüpfen, die das Von Der Heydt-Museum in den vergangenen Jahren mit Renoir und Monet verzielen konnte. Statt des im Prospekt versprochenen "Balsam für die Seele" ist es aber eher Irritation und spannender Ansporn zu neuem Sehen, was einen in dieser breit angelegten, nach Bildthemen gehängten Retrospektive erwartet.
Bonnard ist ein kühl kalkulierender Intellektueller in seinem Spiel mit dem Betrachter, dem er Zäune, Tische, Stühle im Vordergrund entgegenstellt, um ihm den imaginären Zutritt zum Bild ganz ausdrücklich zu verwehren. Er ist ein jede Nuance auslotender Artist, der das Meer schreiend gelb und die Bäume mystisch violett in seine Landschaften stellt und oft im changierenden Farbenspiel des scheinbar leeren Hintergrunds das Zentrum eines Bildes findet. Für den Museumsdirektor Gerhard Finckh eine faszinierende Herausforderung:
"Diese Differenz zwischen Wirklichkeit und Bild, das ist das Spannende, was er neu in die Kunstgeschichte wieder einführt und deswegen ist er so wichtig für mich."
Leicht konsumierbar ist dieser einzelgängerische Künstler kaum, aber eine bessere Gelegenheit zu näherer Bekanntschaft als die Wuppertaler Ausstellung kann sich kaum bieten. Sein ganzes Werk über sechs Jahrzehnte ist hier dokumentiert, von den ersten Studien des 20-Jährigen bis zu einem monumentalen, aus geometrischen Farbfeldern komponierten Landschaftsbild, das der Künstler 1945 zwei Jahre vor seinem Tod vollendet hat. So manches Ausstellungsstück, von dem sich private Leihgeber getrennt haben, war noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen.
"Pierre Bonnard – Magier der Farbe": Die Ausstellung ist bis zum 31. Januar 2011 in Wuppertal zu sehen.
"Er ist ein ganz großer Revolutionär, der etwas ganz Neues schafft und wir wollten diese Innovation in den Mittelpunkt stellen. Zum Beispiel konnte ein Mark Rothko, der Bonnard sehr verehrt hat, tatsächlich viel lernen über Farbflächen, die zusammen kommen, da merkt man, wie modern Bonnard war. Er ist nicht ein Ausläufer des 19. Jahrhunderts, sondern er ist ein Neuerer im 20. Jahrhundert."
Museumsdirektor Gerhard Finckh und der Kurator Peter Kropmanns haben diese These eindrucksvoll belegt. Auf dem Weg durch die zölf Museumssäle, die in Wuppertal für Bonnard eingerichtet worden sind mit Leihgaben aus etwa 50 Museen weltweit, verfolgt man aufregende Experimente mit Farbe und Leinwand, die der Maler - auch darin ein Mann des 20. Jahrhunderts - immer als solche durchschaut und verstanden wissen wollte. Illusion und Augentäuschung waren seine Sache nicht. Neben der ausgeklügelten und in ungewohnte Extreme vordringenden Farbkomposition trieb Bonnard hintersinnige und vieldeutige Spiele mit der Definition des Bildraums, zeigte dieselbe Szene gleichzeitig aus verschiedenen Perspektiven. Dazu brauchte er den gegenständlichen, wenn auch immer stärker reduzierten Bildinhalt. Gerhard Finckh:
"Er hat sich in ein Oppositionsverhältnis zur Abstraktion gebracht, zu seiner Zeit ist ja auch der Kubismus entstanden und Picasso wurde unglaublich diskutiert, davon hat Bonnard gar nichts gehalten. Er hat seinen Stil weiter getrieben, der zur Flächigkeit ging und zur Farbexplosion, Abstraktion war für ihn keine Kategorie."
Vielleicht hat ihm das den Ruf des Nostalgikers eingetragen, der leuchtende Landschaften, niedliche Kinder, Hunde und Katzen, bewegte Großstadtszenen und üppige Blumensträuße gemalt hat. Zumal in Deutschland ist Bonnard manchmal in Kitschverdacht geraten. Dem erliegt in Wuppertal nur das Werbematerial, das ganz auf Sommer, Licht und Farbenrausch setzt – wohl um an die spektakulären Publikumserfolge anzuknüpfen, die das Von Der Heydt-Museum in den vergangenen Jahren mit Renoir und Monet verzielen konnte. Statt des im Prospekt versprochenen "Balsam für die Seele" ist es aber eher Irritation und spannender Ansporn zu neuem Sehen, was einen in dieser breit angelegten, nach Bildthemen gehängten Retrospektive erwartet.
Bonnard ist ein kühl kalkulierender Intellektueller in seinem Spiel mit dem Betrachter, dem er Zäune, Tische, Stühle im Vordergrund entgegenstellt, um ihm den imaginären Zutritt zum Bild ganz ausdrücklich zu verwehren. Er ist ein jede Nuance auslotender Artist, der das Meer schreiend gelb und die Bäume mystisch violett in seine Landschaften stellt und oft im changierenden Farbenspiel des scheinbar leeren Hintergrunds das Zentrum eines Bildes findet. Für den Museumsdirektor Gerhard Finckh eine faszinierende Herausforderung:
"Diese Differenz zwischen Wirklichkeit und Bild, das ist das Spannende, was er neu in die Kunstgeschichte wieder einführt und deswegen ist er so wichtig für mich."
Leicht konsumierbar ist dieser einzelgängerische Künstler kaum, aber eine bessere Gelegenheit zu näherer Bekanntschaft als die Wuppertaler Ausstellung kann sich kaum bieten. Sein ganzes Werk über sechs Jahrzehnte ist hier dokumentiert, von den ersten Studien des 20-Jährigen bis zu einem monumentalen, aus geometrischen Farbfeldern komponierten Landschaftsbild, das der Künstler 1945 zwei Jahre vor seinem Tod vollendet hat. So manches Ausstellungsstück, von dem sich private Leihgeber getrennt haben, war noch nie in der Öffentlichkeit zu sehen.
"Pierre Bonnard – Magier der Farbe": Die Ausstellung ist bis zum 31. Januar 2011 in Wuppertal zu sehen.