Ein Ire in Paris
Als ein Höhepunkt der Weltliteratur gilt das Werk des Iren James Joyce. Vor allem der Roman "Ulysses" begründete durch die virtuose Handhabung des inneren Monologs seinen Weltruhm.
Im November 1924 setzte sich James Joyce in Paris vor ein Mikrofon und las aus seinem zwei Jahre vorher erschienenen Roman "Ulysses": ein Jahrhundert-Buch, das die Weltsprache der modernen Poesie neu begründete und bis heute prägt. Damals, als Joyce aus seinem Roman las, kannten die meisten das Buch nur als Gerücht. Sein Autor, ein Ire aus Dublin, der freiwillig in Paris im Exil lebte, war zu dem Zeitpunkt allenfalls unter Schriftstellern bekannt, hatte 1907 den Gedichtband "Chamber Music", "Kammermusik" und 1914 einen sehr klassisch geschriebenen Erzählungsband mit dem Titel "Dubliners" veröffentlicht, ehe er 1917 im "Porträt des Künstlers als junger Mann" mit der Sprache zu spielen begann und neue Wörter erfand oder Sätze lautmalerisch abbildete.
Und dann der "Ulysses": Erzählt wird ein Tag, der 16. Juni 1904, im Leben des Dubliners Leopold Bloom, sein Alltag mit Geschäften und Gesprächen, Essen und Trinken, Hören, Riechen und Schauen. Man sieht Dublin durch diesen Leopold Bloom und schaut auch in Blooms Unterbewusstsein, in die innersten Kellergewölbe, aus denen Joyce eine Flut von Assoziationen und Träumen und Fantasien hervorkommen lässt. Diesen inneren Monolog als Schreibstrategie hatte Joyce zwar nicht erfunden, aber er handhabte dieses Rieseln des inneren Bewusstseinsstroms zum ersten Mal mit einer Radikalität, die in der Geschichte des Schreibens damals einzigartig war.
Der 16. Juni 1904, der heute weltweit von Joyce-Lesern als "Bloomsday" gefeiert wird, war ein besonderer Tag im Leben von James Joyce. Damals hatte er seine erste Verabredung mit Nora Barnacle, die als Zimmermädchen in einem Hotel arbeitete. Der junge, am 2. Februar 1882 in Dublin geborene Joyce trieb sich in der Stadt herum, blickte sehr ungern auf eine strenge katholische Erziehung in Jesuitenschulen sowie ein Sprach- und Philosophiestudium zurück und träumte davon, ins Ausland zu gehen und Schriftsteller zu werden. So labil Joyce manchmal war, so konnte er andererseits eine große Überzeugungskraft entwickeln, die auch Nora Barnacle spürte. Obwohl sie den jungen Mann so genau noch nicht kannte, ging sie vier Monate später mit ihm nach Frankreich. Sie hat Joyce' schwierige Person - er lebte exzessiv und trank manchmal auch so exzessiv - in Paris, später unter anderem in Triest und Zürich großenteils getragen und ertragen und ihm die Arbeit ermöglicht, deren Sinn ihr nicht aufging. Irgendwie kam die Familie immer wieder über die Runden, und Joyce konnte sein Werk vollbringen, auch weil er letztlich trotz aller äußeren Hindernisse von sich überzeugt war. Joyce' Biograf Richard Ellmann hat besonders diesen Zug in seinem Wesen herausgestellt:
"Der Erfindungsreichtum, mit dem er seine Bücher schrieb, war der gleiche, mit dem er die Welt zwang, seine Bücher zu lesen. […] Die Missachtung bürgerlicher Sparsamkeit und Konvention war eine großartige Extravaganz, die ihn befähigte, in der Literatur ein unwegsames Gelände in ein neues Land zu verwandeln. Was auch immer er tat, seine beiden Hauptanliegen - seine Familie und sein Schriftstellertum - blieben unverrückbar."
"Finnegans Wake", Joyce' letztes Buch, das den Komponisten John Cage zu einer Hörspiel-Musik angeregt hat, war sein kühnstes Konzept. Finden sich im "Ulysses" noch traditionelle Beschreibungen, so ist "Finnegans Wake" eine interpunktionslose Wortmusik, die mit Mythen und Märchen und überhaupt allerlei Geheimnissen spielt. Joyce, der nie ganz gesund war, hat sich dieses Buch im buchstäblichen Sinne abgerungen und es geschrieben gegen eine fortschreitende Erblindung, die trotz zahlreicher Operationen nicht aufgehalten werden konnte. Gestorben ist James Joyce am 13. Januar 1941 in Zürich. "Die Toten" hatte er am Anfang seiner Arbeit eine Erzählung in den "Dubliners" überschrieben. Es ist Winter in Irland.
"Es hatte wieder angefangen zu schneien [...] Der Schnee fiel auf jeden Teil der dunklen Ebene in der Mitte, auf die baumlosen Hügel, fiel leise auf den Bog of Allan, und weiter nach Westen fiel er leise in die dunklen, aufrührerischen Shannonwogen [...] Langsam verschwand seine Seele, als er den Schnee leise durch das Universum fallen hörte, leise herabfallen hörte wie das Herabsinken ihrer letzten Stunde, auf alle Lebendigen und Toten."
Und dann der "Ulysses": Erzählt wird ein Tag, der 16. Juni 1904, im Leben des Dubliners Leopold Bloom, sein Alltag mit Geschäften und Gesprächen, Essen und Trinken, Hören, Riechen und Schauen. Man sieht Dublin durch diesen Leopold Bloom und schaut auch in Blooms Unterbewusstsein, in die innersten Kellergewölbe, aus denen Joyce eine Flut von Assoziationen und Träumen und Fantasien hervorkommen lässt. Diesen inneren Monolog als Schreibstrategie hatte Joyce zwar nicht erfunden, aber er handhabte dieses Rieseln des inneren Bewusstseinsstroms zum ersten Mal mit einer Radikalität, die in der Geschichte des Schreibens damals einzigartig war.
Der 16. Juni 1904, der heute weltweit von Joyce-Lesern als "Bloomsday" gefeiert wird, war ein besonderer Tag im Leben von James Joyce. Damals hatte er seine erste Verabredung mit Nora Barnacle, die als Zimmermädchen in einem Hotel arbeitete. Der junge, am 2. Februar 1882 in Dublin geborene Joyce trieb sich in der Stadt herum, blickte sehr ungern auf eine strenge katholische Erziehung in Jesuitenschulen sowie ein Sprach- und Philosophiestudium zurück und träumte davon, ins Ausland zu gehen und Schriftsteller zu werden. So labil Joyce manchmal war, so konnte er andererseits eine große Überzeugungskraft entwickeln, die auch Nora Barnacle spürte. Obwohl sie den jungen Mann so genau noch nicht kannte, ging sie vier Monate später mit ihm nach Frankreich. Sie hat Joyce' schwierige Person - er lebte exzessiv und trank manchmal auch so exzessiv - in Paris, später unter anderem in Triest und Zürich großenteils getragen und ertragen und ihm die Arbeit ermöglicht, deren Sinn ihr nicht aufging. Irgendwie kam die Familie immer wieder über die Runden, und Joyce konnte sein Werk vollbringen, auch weil er letztlich trotz aller äußeren Hindernisse von sich überzeugt war. Joyce' Biograf Richard Ellmann hat besonders diesen Zug in seinem Wesen herausgestellt:
"Der Erfindungsreichtum, mit dem er seine Bücher schrieb, war der gleiche, mit dem er die Welt zwang, seine Bücher zu lesen. […] Die Missachtung bürgerlicher Sparsamkeit und Konvention war eine großartige Extravaganz, die ihn befähigte, in der Literatur ein unwegsames Gelände in ein neues Land zu verwandeln. Was auch immer er tat, seine beiden Hauptanliegen - seine Familie und sein Schriftstellertum - blieben unverrückbar."
"Finnegans Wake", Joyce' letztes Buch, das den Komponisten John Cage zu einer Hörspiel-Musik angeregt hat, war sein kühnstes Konzept. Finden sich im "Ulysses" noch traditionelle Beschreibungen, so ist "Finnegans Wake" eine interpunktionslose Wortmusik, die mit Mythen und Märchen und überhaupt allerlei Geheimnissen spielt. Joyce, der nie ganz gesund war, hat sich dieses Buch im buchstäblichen Sinne abgerungen und es geschrieben gegen eine fortschreitende Erblindung, die trotz zahlreicher Operationen nicht aufgehalten werden konnte. Gestorben ist James Joyce am 13. Januar 1941 in Zürich. "Die Toten" hatte er am Anfang seiner Arbeit eine Erzählung in den "Dubliners" überschrieben. Es ist Winter in Irland.
"Es hatte wieder angefangen zu schneien [...] Der Schnee fiel auf jeden Teil der dunklen Ebene in der Mitte, auf die baumlosen Hügel, fiel leise auf den Bog of Allan, und weiter nach Westen fiel er leise in die dunklen, aufrührerischen Shannonwogen [...] Langsam verschwand seine Seele, als er den Schnee leise durch das Universum fallen hörte, leise herabfallen hörte wie das Herabsinken ihrer letzten Stunde, auf alle Lebendigen und Toten."