Stilles Gedenken und ein Konzert von Sting
Ein Jahr nach den Anschlägen vom 13. November ist Paris noch weit von Normalität entfernt. An allen sechs Schauplätzen wurde der Opfer gedacht, im Konzertsaal Bataclan trat der Sänger Sting auf. Unser Frankreich-Korrespondent Jürgen König hat sich vor Ort umgehört.
Es war ein stilles Gedenken ein Jahr danach: An allen sechs Orten der Anschläge vom 13. November 2015 wurden die Namen der Toten verlesen, es gab Schweigeminuten, Blumen und Kränze wurden niedergelegt, Gedenkplaketten mit den Namen der Opfer enthüllt. Ihre Angehörigen und Überlebende der Anschläge waren zugegen.
Staatspräsident Francois Hollande, Premierminister Manuel Valls und verschiedene Regierungsmitglieder wie auch die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo gedachten der Toten. Vom Fußballstadion in Saint Denis, dem "Stade de France", führte sie der Weg nach Paris: zu einem Restaurant, zu drei Bars und zuletzt zum Konzertsaal Bataclan. Keine Ansprachen, kein großes Pathos – darum hatten die Opferverbände ausdrücklich gebeten.
Tanzen gegen den Terror
Gestern Abend war das Bataclan, wo vor einem Jahr 90 Menschen starben, wiedereröffnet worden: mit einem Konzert des britischen Sängers Sting, der ohne Gage spielte. Ein Gedenkkonzert – für Überlebende und Opfer der Anschläge, nur wenige Karten wurden verkauft. Nach einer Schweigeminute zu Beginn sagte Sting, es gelte jetzt, zweierlei zu vereinbaren: jener zu gedenken, die ihr Leben bei dem Anschlag verloren hätten, und dann aber auch, das Leben und die Musik zu feiern.
Monatelang hatte man das Bataclan renoviert, das frühere Aussehen wurde dabei nicht verändert. An der im chinesischen Stil gehaltenen Fassade des Saals, der 1865 eröffnet und schon mehrfach umgebaut wurde, leuchtet der alte Name. Über dem rechten Eingang prangt der Name in neuer Schrift, wiederum in tanzenden Buchstaben. Nie wurde in Paris die Idee diskutiert, das Bataclan zu schließen oder zum Memorial umzubauen. Den Parisern ist es wichtig, dass dort getanzt wird. Jedes Konzert, sagt man hier, soll eine Hommage an die werden, die im Bataclan gestorben sind.
Metalldetektoren gehören inzwischen zum Alltag
Neun Überlebende der Anschläge vom 13. November 2015 liegen immer noch im Krankenhaus. Etwa 600 Überlebende sind nach Angaben der Regierung nach wie vor in psychologischer Behandlung. Nein, "normal" sei das Leben noch nicht wieder geworden, sagt ein Apotheker, der in der Nähe des Bataclans wohnt und arbeitet.
"Viele Menschen hier, wenn sie die Sirenen hören, von Polizei oder Feuerwehr, zucken sie immer noch zusammen, bleiben stehen. Seit den Anschlägen verkaufen wir viel mehr Beruhigungsmittel als früher."
Und zwei Anwohner:
"Wir haben immer an das gedacht, was passiert ist. Und auch, wenn das jetzt schon fast ein Jahr her ist, werden doch immer noch Blumen hergelegt, es kommen viele Leute, sind neugierig, machen Fotos. Für uns, die Anwohner, war das hilfreich, damit fertig zu werden."
"Die Zukunft entsteht aus der Vergangenheit, baut auf ihr auf – das darf man nicht vergessen."
Derweil geht der Alltag in Paris weiter. Zu diesem Alltag gehören auch die Metalldetektoren, die Taschen- und Mantelkontrollen in Kaufhäusern, Theatern und Museen, gehören auch die Soldaten, die in den Straßen patrouillieren, das Sturmgewehr im Arm, der Finger am Abzug.