Ein Kämpfer für die Rechte der NS-Sklavenarbeiter
Das Wollheim Memorial ist nach Norbert Wollheim benannt, Überlebender des Konzentrationslagers Buna Monowitz. Er musste für die IG Farben Zwangsarbeit leisten. Das Memorial verbindet das Gedenken an die Opfer mit Informationen über die Geschichte ihrer Verfolgung.
Eine Führung durch den Park des ehemaligen IG Farben-Geländes, heute ein Teil der Frankfurter Goethe-Universität: Patrick Schwentke, ein Soziologiestudent - zeigt einer Besuchergruppe das "Norbert-Wollheim-Memorial" - eine Gedenkstätte, die an die Zwangsarbeiter der IG Farben im Konzentrationslager Buna-Monowitz erinnern soll und an den beschwerlichen Weg bis zu ihrer Entschädigung. Es sind nur ein kleiner Pavillon und 13 Fototafeln, verstreut unter Bäumen.
Schwentke: "Jetzt stehen wir hier quasi mitten im Memorial. Man sieht hier Bilder aus einer unbeschwerten Zeit darauf, es sind Familienporträts, Schnappschüsse. Urlaubsaufnahmen, Bilder aus einer unbeschwerten Zeit."
Auch Norbert Wollheim ist auf einer der Metalltafeln zu sehen: Das Foto aus den 30er-Jahren zeigt einen jungen Mann in Knickerbockern an Bord eines Schiffes auf der Ostsee: randlose Brille, um den Hals eine Fliege, im Haar viel Pomade.
Trude Simonsohn, selbst Holocaust-Überlebende, war Mitglied der Memorial-Kommission der Goethe-Universität und hat das Foto mit ausgewählt. Sie lernte Wollheim nach dem Krieg kennen, vor seiner Auswanderung in die USA.
Trude Simonsohn: "Er war sehr tüchtig, er war auch ein sehr guter Familienvater, er hatte sehr viel Humor und er hatte Durchsetzungsvermögen, was er ja bewiesen hat, als er den Prozess begonnen hat."
Schwentke: "Jetzt stehen wir hier quasi mitten im Memorial. Man sieht hier Bilder aus einer unbeschwerten Zeit darauf, es sind Familienporträts, Schnappschüsse. Urlaubsaufnahmen, Bilder aus einer unbeschwerten Zeit."
Auch Norbert Wollheim ist auf einer der Metalltafeln zu sehen: Das Foto aus den 30er-Jahren zeigt einen jungen Mann in Knickerbockern an Bord eines Schiffes auf der Ostsee: randlose Brille, um den Hals eine Fliege, im Haar viel Pomade.
Trude Simonsohn, selbst Holocaust-Überlebende, war Mitglied der Memorial-Kommission der Goethe-Universität und hat das Foto mit ausgewählt. Sie lernte Wollheim nach dem Krieg kennen, vor seiner Auswanderung in die USA.
Trude Simonsohn: "Er war sehr tüchtig, er war auch ein sehr guter Familienvater, er hatte sehr viel Humor und er hatte Durchsetzungsvermögen, was er ja bewiesen hat, als er den Prozess begonnen hat."
Wollheim wäre gerne selbst Richter oder Anwalt geworden
Und mit dem schrieb er Rechtsgeschichte - er war der erste ehemalige KZ-Häftling, der ein deutsches Unternehmen verklagte, das Zwangsarbeiter beschäftigt hatte. Wollheim, geboren am 26. April 1913 in Berlin, wäre gerne selbst Richter oder Anwalt geworden. Aber das Jurastudium musste er nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten abbrechen.
Stattdessen wurde er Sozialarbeiter der Jüdischen Gemeinde Berlin und organisierte bis zum Kriegsbeginn die Kindertransporte nach England - es war die Rettung für mindestens 6.000 jüdische Kinder. Dass er selbst auf einer der Reisen im sicheren England blieb, sei nicht infrage gekommen, erklärte Wollheim 1968 in einem seiner wenigen Interviews:
"Ich hatte meine gesamte Familie in Deutschland, und ich glaubte nicht, dass es richtig war, allein den Weg nach draußen zu finden, bevor ich nicht für die gesamte Familie die Möglichkeit, diese Chance geschaffen hatte. Die ist leider nie gekommen."
Im März 1943 die Deportation nach Auschwitz. An der Rampe sah er seine Frau Rosa und den dreijährigen Sohn Uriel zum letzten Mal. Abschied? War nicht möglich. Norbert Wollheim kam ins KZ Buna-Monowitz, sieben Kilometer von Auschwitz entfernt. Dort baute die IG Farben ein Werk zur Herstellung von künstlichem Benzin und Gummi - Buna. Hier erfuhr er, was mit seiner Frau und seinem Sohn geschehen war - von einem älteren Häftling, der die Neuankömmlinge aufklärte.
"Seid Euch darüber im Klaren, das ist die brutale Wahrheit. Es gibt keine Frauen mit Kindern in Auschwitz. Sie alle haben ihr Ende gefunden unmittelbar nach der Ankunft. Und das ist die Tatsache. Findet Euch damit ab!"
Wollheims Häftlingsnummer steht - weithin sichtbar - auf dem Pavillon des Memorials. In dem umgebauten Pförtnerhäuschen am Fuße des neunstöckigen ehemaligen IG-Farben-Hauses endet die Führung.
Besucher können sich hier Interviews mit 24 Überlebenden des KZ Buna-Monowitz ansehen und sich über den Wollheim-Prozess gegen die IG Farben informieren. Norbert Wollheim hatte nach seiner Befreiung zunächst in Lübeck mitgeholfen, die Jüdische Gemeinde wieder aufzubauen, und sich in Bergen-Belsen für "displaced persons" eingesetzt: heimatlose ehemalige KZ-Häftlinge und Sklavenarbeiter. Er heiratete und emigrierte 1950 in die USA. Es war die Zeit, als die vor der Auflösung stehende IG Farben mit Zeitungsannoncen ihre Gläubiger aufrief, ihre Ansprüche anzumelden, erzählt Patrick Schwentke:
"Norbert Wollheim saß mittlerweile in New York und hat diese Anzeige gelesen und hat sich gedacht: Na ja, ich habe zwei Jahre Zwangsarbeit für die IG Farben geleistet, ich hab nie einen Cent gesehen, natürlich habe ich noch was von denen zu bekommen, natürlich steht mir da noch was zu."
Auf 10.000 D-Mark Entschädigung verklagte Wollheim die IG Farben. Mehr zu verlangen traute er sich nicht - wegen der anfallenden Prozesskosten. Die Frankfurter Richter gaben ihm in ihrem Urteil vom Juni 1953 in allen Punkten Recht, doch die IG Farben ging in Berufung. Ihre Verteidiger priesen die so genannte "Buna-Suppe" als kulinarische Köstlichkeit und verstiegen sich zu der Behauptung, letztlich habe doch die Zwangsarbeit in Monowitz den Kläger vor dem Tod in der Gaskammer bewahrt. Sieben Jahre dauerte es, bis sich der Konzern angesichts einer drohenden Prozessflut auf einen Vergleich einließ und 30 Millionen D-Mark zahlte als Entschädigung für die ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeiter.
Norbert Wollheim hatte es geschafft - unterstützt unter anderem von der Jewish Claims Conference. Dennoch sei es ein unvorstellbarer Kraftakt gewesen, erinnert sich Trude Simonsohn:
"Das war in dieser Zeit für jeden Überlebenden keine Kleinigkeit. Und das ist ein großes Verdienst und praktisch durch diesen gewonnenen Prozess ist überhaupt die Angelegenheit der Zwangsarbeiter ins Laufen gekommen und hat letzten Endes zum Segen aller Zwangsarbeiter, auch der nicht-jüdischen geführt."
Norbert Wollheim half dabei, die Gelder aus dem Vergleich mit der IG Farben an ehemalige Zwangsarbeiter zu verteilen. Er prüfte in New York Anträge auf ihre Berechtigung und kämpfte bis zu seinem Tod 1998 für die Rechte der NS-Sklavenarbeiter - ganz im Sinne seiner 1945 geäußerten Überzeugung: "Wir sind gerettet, aber wir sind nicht befreit".
Stattdessen wurde er Sozialarbeiter der Jüdischen Gemeinde Berlin und organisierte bis zum Kriegsbeginn die Kindertransporte nach England - es war die Rettung für mindestens 6.000 jüdische Kinder. Dass er selbst auf einer der Reisen im sicheren England blieb, sei nicht infrage gekommen, erklärte Wollheim 1968 in einem seiner wenigen Interviews:
"Ich hatte meine gesamte Familie in Deutschland, und ich glaubte nicht, dass es richtig war, allein den Weg nach draußen zu finden, bevor ich nicht für die gesamte Familie die Möglichkeit, diese Chance geschaffen hatte. Die ist leider nie gekommen."
Im März 1943 die Deportation nach Auschwitz. An der Rampe sah er seine Frau Rosa und den dreijährigen Sohn Uriel zum letzten Mal. Abschied? War nicht möglich. Norbert Wollheim kam ins KZ Buna-Monowitz, sieben Kilometer von Auschwitz entfernt. Dort baute die IG Farben ein Werk zur Herstellung von künstlichem Benzin und Gummi - Buna. Hier erfuhr er, was mit seiner Frau und seinem Sohn geschehen war - von einem älteren Häftling, der die Neuankömmlinge aufklärte.
"Seid Euch darüber im Klaren, das ist die brutale Wahrheit. Es gibt keine Frauen mit Kindern in Auschwitz. Sie alle haben ihr Ende gefunden unmittelbar nach der Ankunft. Und das ist die Tatsache. Findet Euch damit ab!"
Wollheims Häftlingsnummer steht - weithin sichtbar - auf dem Pavillon des Memorials. In dem umgebauten Pförtnerhäuschen am Fuße des neunstöckigen ehemaligen IG-Farben-Hauses endet die Führung.
Besucher können sich hier Interviews mit 24 Überlebenden des KZ Buna-Monowitz ansehen und sich über den Wollheim-Prozess gegen die IG Farben informieren. Norbert Wollheim hatte nach seiner Befreiung zunächst in Lübeck mitgeholfen, die Jüdische Gemeinde wieder aufzubauen, und sich in Bergen-Belsen für "displaced persons" eingesetzt: heimatlose ehemalige KZ-Häftlinge und Sklavenarbeiter. Er heiratete und emigrierte 1950 in die USA. Es war die Zeit, als die vor der Auflösung stehende IG Farben mit Zeitungsannoncen ihre Gläubiger aufrief, ihre Ansprüche anzumelden, erzählt Patrick Schwentke:
"Norbert Wollheim saß mittlerweile in New York und hat diese Anzeige gelesen und hat sich gedacht: Na ja, ich habe zwei Jahre Zwangsarbeit für die IG Farben geleistet, ich hab nie einen Cent gesehen, natürlich habe ich noch was von denen zu bekommen, natürlich steht mir da noch was zu."
Auf 10.000 D-Mark Entschädigung verklagte Wollheim die IG Farben. Mehr zu verlangen traute er sich nicht - wegen der anfallenden Prozesskosten. Die Frankfurter Richter gaben ihm in ihrem Urteil vom Juni 1953 in allen Punkten Recht, doch die IG Farben ging in Berufung. Ihre Verteidiger priesen die so genannte "Buna-Suppe" als kulinarische Köstlichkeit und verstiegen sich zu der Behauptung, letztlich habe doch die Zwangsarbeit in Monowitz den Kläger vor dem Tod in der Gaskammer bewahrt. Sieben Jahre dauerte es, bis sich der Konzern angesichts einer drohenden Prozessflut auf einen Vergleich einließ und 30 Millionen D-Mark zahlte als Entschädigung für die ehemaligen Sklaven- und Zwangsarbeiter.
Norbert Wollheim hatte es geschafft - unterstützt unter anderem von der Jewish Claims Conference. Dennoch sei es ein unvorstellbarer Kraftakt gewesen, erinnert sich Trude Simonsohn:
"Das war in dieser Zeit für jeden Überlebenden keine Kleinigkeit. Und das ist ein großes Verdienst und praktisch durch diesen gewonnenen Prozess ist überhaupt die Angelegenheit der Zwangsarbeiter ins Laufen gekommen und hat letzten Endes zum Segen aller Zwangsarbeiter, auch der nicht-jüdischen geführt."
Norbert Wollheim half dabei, die Gelder aus dem Vergleich mit der IG Farben an ehemalige Zwangsarbeiter zu verteilen. Er prüfte in New York Anträge auf ihre Berechtigung und kämpfte bis zu seinem Tod 1998 für die Rechte der NS-Sklavenarbeiter - ganz im Sinne seiner 1945 geäußerten Überzeugung: "Wir sind gerettet, aber wir sind nicht befreit".