Ein kulturpolitisches Fanal

Von Holger Hettinger |
Der Kölner Opernintendant Uwe Eric Laufenberg räumt im Streit mit der Stadt vorzeitig seinen Posten. Grund für den Konflikt ist ein jahrelanger Streit um die finanzielle Ausstattung des Opernhauses. Laufenberg hatte das Ziel, die Kölner Oper wieder in die nationale Spitzenliga zu führen.
Würde? Hat wirklich jemand von Würde gesprochen? Nein, das Gemetzel, das gerade rund um die Krise der Kölner Oper beobachtet werden kann, ist einer Großstadt mit kulturellem Anspruch definitiv nicht würdig. Es ist eher eine Schmierenkomödie, mehr Vaganten-Theater als Bühnendrama. Außerdem ein kulturpolitisches Fanal.

Die Krise, die in Köln zu besichtigen ist, speist sich aus zwei Quellen: sie ist zum einen das Resultat einer organisatorischen Fehlkonstruktion, zum anderen das Ergebnis einer Entfremdung, durch die einstige Verbündete zu Gegnern geworden sind, die das Ende der Schonzeit ausgerufen haben.

Die Fehlkonstruktion: die Lokalisierung der Krise bei "Schauspielhaus" oder Oper ist eigentlich unzulässig, denn diese Institutionen existieren nicht als bilanzrelevante Einheiten. Vielmehr sind Oper und Schauspiel - gemeinsam mit Einrichtungen wie der "Schlosserei", dem "Alten Pfandhaus" und der "Halle Kalk" unter dem Dach der "Bühnen der Stadt Köln" zusammengefasst.

Eine Konstruktion, die während der Regentschaft des ebenso väterlich wie titanenhaft agierenden Generalintendanten Günter Krämer vertretbar gewesen sein mag, nicht aber in Zeiten, in denen Oper und Schauspiel von unterschiedlichen Persönlichkeiten geführt werden, die naturgemäß ihre eigenen Interessen und Bedürfnisse vertreten.

Es war ein Fehler der Stadt Köln, Institutionen als zusammengehörig zu behandeln, die nicht zusammen gehören. So ist die Situation, die nun eingetreten ist, mit der einen großen Wohngemeinschaft zu vergleichen, die eines schönen Morgens entdeckt, dass irgendjemand den teuren Champagner im Gemeinschaftskühlschrank ausgetrunken haben muss. Und wie das nun mal so ist bei WGs: keiner will es gewesen sein.

Die Entfremdung: Opern-Intendant Uwe Eric Laufenberg war angetreten mit dem Ziel, die künstlerisch träge dahindümpelnde Kölner Oper wieder in die nationale Spitzenliga zu führen. Was ihm ohne Zweifel gelungen ist: sowohl die Kooperationen des bestens vernetzten Laufenberg als auch seine Regie-Arbeiten wurden zu Recht gelobt bis bejubelt.

Dass ein Kulturmanager dieser Klasse ein berechtigtes Interesse daran hat, mit seiner Arbeit auch international wahrgenommen zu werden, liegt in der Natur der Sache. Engagements im Irak, der "Ring" in China, eine kostspielige Stockhausen-Produktion sollten von Laufenbergs Fähigkeiten auch auf internationalem Parkett künden - wirkten auf nicht gerade wenige Kölner als Indizien für Verstiegenheit und Größenwahn.

Nun ist die Kulturwelt kein Geißbockheim - allerdings tat Laufenberg auch herzlich wenig, solche künstlerischen Projekte zu erklären und einzuordnen. Rhetorisch brillant und in seiner Selbstdarstellung ganz der erfahrene Theatermann, setzte er allzu oft auf rhetorischen Geschützdonner, um seinen - in der Sache durchaus begründeten - Interessen Nachdruck zu verleihen. Das hat ihn letztlich isoliert. Spätestens als Schauspiel-Intendantin Karin Beier den von Laufenberg erkämpften Sechs-Millionen-Kredit als unseriös bezeichnete, muss Laufenberg klar geworden sein, dass er ganz alleine kämpft. Von der Stadt war ohnehin keine Unterstützung mehr zu erwarten.

Während diese Scharmützel an ein Drama von Ibsen'schen Dimensionen erinnern, verstellt der Kampf der Kultur-Persönlichkeiten ein wenig den Blick auf die Systemfehler, die letztlich mit der Stadt Köln nach Hause gehen. Ein Graus, wie dort herumgeeiert wird. So ist es die Stadt bislang schuldig geblieben, sich zu erklären, wo genau sie die Kölner Oper künstlerisch verortet sieht. Und welche finanziellen Konsequenzen das hat.

Wichtige Entscheidungen zur Finanzierung des Bühnenbetriebs wurden verschleppt und versteckt, hastige Last-Minute-Entscheidungen waren die Folge. Die Rievkooche-Büdchen vor dem Hauptbahnhof wurden finanziell weitsichtiger geführt als der Bühnenbetrieb der Stadt Köln. Dass mit solch einem Planungs- und Finanzierungsgebaren kein Kulturbetrieb langfristig erfolgreich zu führen ist, sollte Rat und Kommunalpolitik eigentlich klar sein.

Die Imbissbuden vor dem Hauptbahnhof gibt es nicht mehr. Wenn Köln so weiter wurschtelt wie bisher, wird die Oper den gleichen Weg gehen.

Links bei dradio.de:

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Blick auf die Oper Köln
Blick auf die Oper Köln© Bühnen Köln
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