Ein Leben für die Mode

Von Jörg Taszman |
In "Coco Chanel - Der Beginn einer Leidenschaft" verkörpert die Schauspielerin Audrey Tautou die berühmte Modemacherin und stellt damit einmal mehr ihre Vielseitigkeit unter Beweis.
Zierlich und unglaublich grazil wirkt Audrey Tautou, viel zerbrechlicher als auf der Leinwand. Sie trägt schlicht schwarz, wirkt dabei sehr natürlich. Ihre großen braunen, intensiven Augen blitzen auch dann auf, wenn man ihr gegenüber sitzt. Audrey Tautou ist gut gelaunt und freut sich nach einigen Interviews auf Englisch diesmal auf Französisch antworten zu dürfen. Vor Coco Chanel hatte sie eine kleine Auszeit genommen.

Audrey Tautou: "Ich habe eine kleine Pause genommen, die Dauer jedoch nie wirklich definiert. Nun habe ich zwei Jahre lang nicht gedreht, das war überhaupt kein Problem. Und mit diesem Film, der mich so leidenschaftlich packte, kehre ich nun wieder an die Arbeit zurück. Das freute vor allem meinen Vater, der anfing sich Sorgen zu machen. Das stimmt auch noch wirklich."
Coco Chanel ist nach dem Piaf Film "La Vie en Rose" ein weiteres Bio-Pic "Made in France", aber unterscheidet sich eben stark von den amerikanischen Vertretern des Genres. Im Original heißt der Film übrigens "Coco avant Chanel" also "Coco vor Chanel" und ist damit viel präziser als der deutsche Allerweltstitel "Coco Chanel - Der Beginn einer Leidenschaft". Denn der Film von Regisseurin Anne Fontaine zeigt die ersten 28 Jahre der Künstlerin, die mit ihrer Schwester in einem Waisenhaus aufwuchs, dann in Variétés tingelte, sich später von einem ihrer Liebhaber aushalten ließ und erst ganz langsam und eher zufällig, ihren Geschmack für die Mode entdeckte. Audrey Tautou hörte bei der Vorbereitung auch dort auf, wo der Film endet und empfand es eher als einen Vorteil, dass nur ein Ausschnitt aus dem Leben der Modeschöpferin gewählt wurde.

Tautou: "Ich hatte keine Angst eine Ikone zu verkörpern, aber schon davor, eine bekannte Frau zu spielen, von der man nicht so viel weiß. Aus der Zeit ihrer Jugend, bevor sie berühmt wurde, gab es nur wenig Material. Allerdings erkannte man schnell ihr Talent und es gelang ihr mit viel Können ihre Fehler und Charakterschwächen zu verstecken. Diese Freiheit im Bezug auf Chanel interessierte mich aber, das war ebenso aufregend wie unbequem."
Einer der Gründe warum der Film über die Modezarin so gut funktioniert, liegt neben der souveränen Schauspielleistung von Audrey Tautou an der Regisseurin Anne Fontaine. In Deutschland läuft auch grade ihr Film "Das Mädchen aus Monaco" in den Kinos, am bekanntesten ist sie jedoch durch "Nathalie - Wen liebst du heute Nacht" in dem Gérard Dépardieu zwischen zwei faszinierenden Frauen gespielt von Fanny Ardant und Emmanuelle Béart steht. Anne Fontaine bezeichnet sich nicht als eine Feministin, aber sie ist im besten Sinne des Wortes eine Filmemacherin, die Frauen gerne in den Mittelpunkt ihrer Geschichten rückt. Dabei sieht sie Coco Chanel als Person sehr nüchtern.

Anne Fontaine: "Die Jugend einer mythischen Figur wie bei Coco Channel ist viel geheimnisvoller aber auch lehrreicher. Wie gelang es dieser Bäuerin aus de Provinz, die eine reine Autodidaktin war, so zu ihrem eigenen Stil zu finden? Und dann gibt es diese beiden Männer, ihren Gönner und ihre große Liebe, die ausschlaggebend für ihr Schicksal waren. So lernt man sie ein wenig von innen kennen und folgt ihr bis zur ersten Stufe ihres Triumphs. Ich wollte keinen akademischen Film drehen, der ihr gesamtes Leben umfasst. Das wäre absurd. Die Jugend eines Menschen ist immer interessanter, weil man verletzlicher ist, besser sieht was geschehen ist. Chanel war sehr autoritär und sehr hart am Ende ihres Lebens und ziemlich unsympathisch, da muss man die Wahrheit sagen."

Es war gerade diese Freiheit in der Gestaltung der Figur, die Anne Fontaine unbedingt anstrebte. Selbstbewusst sagt sie noch: Ich wollte niemals vom Hause Chanel abhängig werden und habe auch keinen Film für die Marke Chanel gedreht. Die Ambivalenz zur Figur teilt übrigens auch Audrey Tautou.

Audrey Tautou: "Ich wollte nicht wie sie sein. Ja ich hätte gerne ihren guten Geschmack, das ist sicher. Sie hatte ein Auge, ein ungewöhnliches Talent. Aber sie war auch eine Frau, und da irre ich mich nicht, die sehr hart war, sehr stolz und ehrgeizig. Und im Laufe der Jahre wurde sie eben immer autoritärer. Das ist schon eine Last, die man da trägt. Zwei Wochen vor Ende der Dreharbeiten hatte ich bereits Lust, sie fallen zu lassen. Ich dachte mir immer: Es ist hart, hart zu sein, das ist belastend."
Es ist diese ganz ungezwungene Direktheit die Audrey Tautou im Leben wie in ihrem Spiel so auszeichnet. Karrierepläne hat sie nie wirklich verfolgt, Hollywood blieb mit dem "Da Vinci Code" die Ausnahme. Was sie interessiert ist, sich im Beruf auszuleben, nicht "jemand zu sein". Und ihr Leben hätte sie nicht der Schauspielerei geopfert, wenn der Erfolg ausgeblieben wäre. Mit dem Erfolg, der nach "Amélie" kam, ist Audrey Tautou dann aber ganz gut klar gekommen. Der Erfolg kam dann sehr schnell und war ein Schock, gibt sie zu aber sie blieb dabei immer ziemlich cool.

Tautou: "Die Aufmerksamkeit in den Medien war etwas, das ich nicht verstand und das mich etwas erstickte, aber mit der Zeit, hat sich das alles beruhigt und besänftigt."