Ein Loblied auf das Fett
Fettes Essen gilt schon lange als ungesund - dabei geben fette Zutaten dem Essen Geschmack und machen es befriedigend, argumentieren die Ernährungswissenschaftler Ulrike Gonder und Nicolai Worm.
Ein Schlag Sahne zum Kuchen, vollfetter Joghurt, Schweineschmalz, Käse mit 60 Prozent Fettanteil - wer erlaubt sich das heute noch? Fettes Essen gilt seit Jahren als ungesund. Die gutbürgerliche Küche mit Eiern, Butter und Sahne ist out. Stattdessen boomen lieblose Zwischenmahlzeiten wie Gebäck, Fertigpizza und Tiefkühlgerichte, die liefern jede Menge künstlich gehärtete Fette - und das ist so richtig ungesund.
"Mehr Fett!" heißt ein neues Buch der Ernährungswissenschaftler Ulrike Gonder und Nicolai Worm. Man glaubt dem Titel auf Anhieb, dass die beiden keine neue Diät anbieten möchten. Es gibt keinen Rezeptteil, keine Tagespläne, keine Bilder von schlanken jungen Frauen, die über Wiesen joggen und sich aufwendig fabrizierte, bunte Mahlzeiten schmecken lassen. Nein, die Botschaft der Autoren lautet: Ja, die Menschen der Industrieländer sind zu dick und ernähren sich ungesund. Nein, mit Diäten löst man das Problem nicht.
Gründlich in der Sache, leicht verständlich im Stil referieren die Autoren all die Studien, die nachweisen, dass Menschen nach Diäten gleich welcher Art unweigerlich wieder zunehmen. Selbstverständlich sei es gesünder, nicht zu dick zu sein. Wer aber nun einmal zu viel Speck auf den Rippen habe, wäre besser damit beraten, sich auf gesunde Weise satt zu essen.
Hier nun kommt das Fett ins Spiel, dessen Loblied die Ernährungswissenschaftler mit spürbarer Leidenschaft singen. Durchwachsenes Fleisch, Butter, Schmalz, ungehärtete Pflanzen- und Nussöle (alle in schönen Fotos in Szene gesetzt) geben dem Essen Geschmack und machen es befriedigend. Zudem liefern sie mengenweise Vitamine und wertvolle Fettsäuren. Kapitel um Kapitel klopfen die Autoren ab, welche Rolle gute Nahrungsfette für Herz, Gefäße, Hirnstoffwechsel und die Entstehung gefürchteter Krankheiten wie Krebs und Alzheimer nach heutigen Kenntnisstand spielen.
Einzelne Fettlieferanten werden in Sondertexten hervorgehoben. Für diese Einschübe nehmen sich die Autoren viel Platz, sodass sie interessante Details zusammentragen können. Über die gute alte Butter zum Beispiel, die deshalb so schmackhaft ist, weil die vielen unterschiedlichen Fettsäuren darin beim Erwärmen zu verschiedenen Zeitpunkten schmelzen. Auch Hanf- und Leinöl sind zu Unrecht von unserem Speisezettel verschwunden. Der Gesundheitswert von Fetten resultiert in erster Linie aus dem richtigen Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren - darin ist Leinöl unschlagbar.
Ulrike Gonder und Nicolai Worm machen keinen Hehl aus ihrer Wut auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die noch immer eine möglichst fettarme Ernährung empfiehlt, obgleich die wissenschaftliche Datenlage längst dagegen spricht. Dennoch bleiben sie im Ton sachlich. Besonders angenehm fällt auf, dass sie mit ihren eigenen Empfehlungen - mehr gesunde Fette, kein Übermaß an Kohlenhydraten - nicht die nächste Modewelle loszutreten versuchen, sondern differenziert auch offene Fragen und zukünftigen Forschungsbedarf benennen.
Besprochen von Susanne Billig
Ulrike Gonder und Nicolai Worm: Mehr Fett! Warum wir mehr Fett brauchen, um gesund und schlank zu sein
systemed Verlag, München 2010
218 Seiten, 19,95 Euro
"Mehr Fett!" heißt ein neues Buch der Ernährungswissenschaftler Ulrike Gonder und Nicolai Worm. Man glaubt dem Titel auf Anhieb, dass die beiden keine neue Diät anbieten möchten. Es gibt keinen Rezeptteil, keine Tagespläne, keine Bilder von schlanken jungen Frauen, die über Wiesen joggen und sich aufwendig fabrizierte, bunte Mahlzeiten schmecken lassen. Nein, die Botschaft der Autoren lautet: Ja, die Menschen der Industrieländer sind zu dick und ernähren sich ungesund. Nein, mit Diäten löst man das Problem nicht.
Gründlich in der Sache, leicht verständlich im Stil referieren die Autoren all die Studien, die nachweisen, dass Menschen nach Diäten gleich welcher Art unweigerlich wieder zunehmen. Selbstverständlich sei es gesünder, nicht zu dick zu sein. Wer aber nun einmal zu viel Speck auf den Rippen habe, wäre besser damit beraten, sich auf gesunde Weise satt zu essen.
Hier nun kommt das Fett ins Spiel, dessen Loblied die Ernährungswissenschaftler mit spürbarer Leidenschaft singen. Durchwachsenes Fleisch, Butter, Schmalz, ungehärtete Pflanzen- und Nussöle (alle in schönen Fotos in Szene gesetzt) geben dem Essen Geschmack und machen es befriedigend. Zudem liefern sie mengenweise Vitamine und wertvolle Fettsäuren. Kapitel um Kapitel klopfen die Autoren ab, welche Rolle gute Nahrungsfette für Herz, Gefäße, Hirnstoffwechsel und die Entstehung gefürchteter Krankheiten wie Krebs und Alzheimer nach heutigen Kenntnisstand spielen.
Einzelne Fettlieferanten werden in Sondertexten hervorgehoben. Für diese Einschübe nehmen sich die Autoren viel Platz, sodass sie interessante Details zusammentragen können. Über die gute alte Butter zum Beispiel, die deshalb so schmackhaft ist, weil die vielen unterschiedlichen Fettsäuren darin beim Erwärmen zu verschiedenen Zeitpunkten schmelzen. Auch Hanf- und Leinöl sind zu Unrecht von unserem Speisezettel verschwunden. Der Gesundheitswert von Fetten resultiert in erster Linie aus dem richtigen Verhältnis von Omega-3- zu Omega-6-Fettsäuren - darin ist Leinöl unschlagbar.
Ulrike Gonder und Nicolai Worm machen keinen Hehl aus ihrer Wut auf die Deutsche Gesellschaft für Ernährung, die noch immer eine möglichst fettarme Ernährung empfiehlt, obgleich die wissenschaftliche Datenlage längst dagegen spricht. Dennoch bleiben sie im Ton sachlich. Besonders angenehm fällt auf, dass sie mit ihren eigenen Empfehlungen - mehr gesunde Fette, kein Übermaß an Kohlenhydraten - nicht die nächste Modewelle loszutreten versuchen, sondern differenziert auch offene Fragen und zukünftigen Forschungsbedarf benennen.
Besprochen von Susanne Billig
Ulrike Gonder und Nicolai Worm: Mehr Fett! Warum wir mehr Fett brauchen, um gesund und schlank zu sein
systemed Verlag, München 2010
218 Seiten, 19,95 Euro