Ein lustiges Publikumsvergnügen
Zwar macht die Familie nicht mehr mit, aber der Hausherr ist für den Zeitgeist anfällig: für die Wiederkehr von Religion und Spiritualität! Papa Orgon (Thilo Nest) trägt Sandalen, hockt in Meditationsstellungen, lockert sich in Entspannungsübungen und hat seinen Guru gefunden, den etwas fundamentalistisch strengen Eiferer Tartuffe. (Michael Maertens mit knielangem kragenlosen weißem Beterhemd unter dem Sakko, Schnurrbart, die schwarzen Haare streng nach hinten gekämmt)
Molières 350 Jahre altes Stück lässt sich problemlos als moderne Gesellschaftskomödie spielen. In den silbergrauen Raum hat Ausstatter Volker Hintermeier lediglich ein langes silbriges Sofa gestellt und davor einen Couchtisch, unter dem Orgon sich später verstecken muss. Weil Intendant und Regisseur Matthias Hartmann über Erzkomödianten, Schauspieler und Routiniers der ersten Schauspieler-Liga, verfügt, ist sein Tartuffe ein lustiges Publikumsvergnügen.
Bereits Maria Becker als Mutter Organs, eine Züricher Schauspiellegende, wird mit Auftrittsapplaus begrüßt. Ein Schauspielfeuerwerk darf vor allem Dörte Lyssewski abbrennen, diesmal gegen ihr Fach als schwarzhaariges bodenständiges Dienstpersonal besetzt; und natürlich lässt man sich von Michael Maertens als immer lauerndem, aber sehr bestimmtem Tartuffe gerne einseifen. Am mutigsten Corinna Kirchhoff, die tabletten- und sektsüchtig mit glasigem Blick als Ehefrau Elmire unsicher über die Bühne staks: die Entfremdung des Ehepaars Orgon und Elmire ist nur allzu plausibel. Wenn man will, kann man sich in der von Wolfgang Wiens in lustigen Reimen übersetzten Komödie auch über Interpretationen freuen: über die latent homoerotische Beziehung zwischen Orgon und Tartuffe, die sogar nach der Entzauberung des Gottesmannes bestehen bleibt, oder wie nahe Wut und Sanftmut liegen.
Aber bei allem Vergnügen Biss hat Hartmanns Inszenierung nicht, nirgendwo verstört sie wie die jüngsten Tartuffe Inszenierungen von Dimiter Gottscheff oder Luc Perceval, ja bei genauerem Hinsehen zeigt sie weniger die Realität von 2007, sondern vor allem Klischees von Fernsehsoaps (oder soll man sagen, sie zeigt den Altherren-Blick von Botho Strauss auf die moderne Gesellschaft): dickliche junge Liebende zum Beispiel, naseweis, aber doch gepierct oder zu einem Breakdance fähig.
Am Ende wird Hartmanns "Tartuffe" sogar parodistisch, wobei ihm am Premierentag die Schweizer Politik zugute kam. Der silbergraue Salon Orgons öffnet sich: Von einer Schweizer Schafalm kommt der Kommisar (Jean-Pierre Cornu), der Deus ex machina, der Tartuffe als Verräter entlarvt und verjagt. Für die Zuschauer im Züricher Schauspielhaus war klar, dass mit Tartuffe nur der populistische Schweizer Politiker Blocher gemeint sein kann. Er war gerade spektakulär abgewählt worden.
Tartuffe
Schauspielhaus Zürich
Regie: Matthias Hartmann
Bereits Maria Becker als Mutter Organs, eine Züricher Schauspiellegende, wird mit Auftrittsapplaus begrüßt. Ein Schauspielfeuerwerk darf vor allem Dörte Lyssewski abbrennen, diesmal gegen ihr Fach als schwarzhaariges bodenständiges Dienstpersonal besetzt; und natürlich lässt man sich von Michael Maertens als immer lauerndem, aber sehr bestimmtem Tartuffe gerne einseifen. Am mutigsten Corinna Kirchhoff, die tabletten- und sektsüchtig mit glasigem Blick als Ehefrau Elmire unsicher über die Bühne staks: die Entfremdung des Ehepaars Orgon und Elmire ist nur allzu plausibel. Wenn man will, kann man sich in der von Wolfgang Wiens in lustigen Reimen übersetzten Komödie auch über Interpretationen freuen: über die latent homoerotische Beziehung zwischen Orgon und Tartuffe, die sogar nach der Entzauberung des Gottesmannes bestehen bleibt, oder wie nahe Wut und Sanftmut liegen.
Aber bei allem Vergnügen Biss hat Hartmanns Inszenierung nicht, nirgendwo verstört sie wie die jüngsten Tartuffe Inszenierungen von Dimiter Gottscheff oder Luc Perceval, ja bei genauerem Hinsehen zeigt sie weniger die Realität von 2007, sondern vor allem Klischees von Fernsehsoaps (oder soll man sagen, sie zeigt den Altherren-Blick von Botho Strauss auf die moderne Gesellschaft): dickliche junge Liebende zum Beispiel, naseweis, aber doch gepierct oder zu einem Breakdance fähig.
Am Ende wird Hartmanns "Tartuffe" sogar parodistisch, wobei ihm am Premierentag die Schweizer Politik zugute kam. Der silbergraue Salon Orgons öffnet sich: Von einer Schweizer Schafalm kommt der Kommisar (Jean-Pierre Cornu), der Deus ex machina, der Tartuffe als Verräter entlarvt und verjagt. Für die Zuschauer im Züricher Schauspielhaus war klar, dass mit Tartuffe nur der populistische Schweizer Politiker Blocher gemeint sein kann. Er war gerade spektakulär abgewählt worden.
Tartuffe
Schauspielhaus Zürich
Regie: Matthias Hartmann