Ein Magdeburger in Amerika
Er gehört zu den bekanntesten Deutschen in den USA: Friedrich Wilhelm von Steuben machte sich im Unabhängigkeitskrieg um die Organisation der Truppen der Kontinentalarmee verdient. Noch heute findet zu Ehren des gebürtigen Magdeburgers alljährlich die Steubenparade in New York statt. Armin M. Brandt hat eine Biografie vorgelegt.
Sogar einen eigenen Marsch hat er bekommen, dieser Friedrich Wilhelm von Steuben, dazu etliche Plätze mit seinem Namen in deutschen und amerikanischen Städten, zumeist mit einer Säule darauf. Die zeigt einen korpulenten Mann mit kraftvollem Gesicht und Zweispitzhut. Der Mann ist in die Geschichte eingegangen, und das sicherlich zu Recht.
"Welch ein schönes, welch ein glückliches Land ist dieses! Ohne König, ohne Hohepriester, ohne aussaugende Generalpächter und ohne müßige Barone. Hier ist jedermann glücklich."
So schrieb von Steuben aus Amerika, und zwar charmanterweise an den Kanzler eines Fürsten, also eines Mannes aus der Klasse der müßigen Barone. Der preußische Offizier von Steuben war als Söldner nach Amerika gegangen, um die aufständischen Kolonien in ihrem Freiheitskampf gegen England zu unterstützen.
Armin M. Brandt hat von Steubens Biografie geschrieben, und nicht nur der abgekürzte Vorname im Mittelteil weist Brandt als einen engagierten Amerika-Freund aus. Er ist freier Publizist und Dozent und Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Amerikanischen Westerners Vereinigung, was immer das sein mag. Armin M. Brandt beschäftigt sich mit der Geschichte der Deutschen in Amerika, und da ist von Steuben ein Muss. Die Schilderung eines abenteuerlichen Lebens mit einer langatmigen, kleinkarierten und staubigen Untersuchung der Frage zu beginnen, ob der Mann zu Recht den Adelstitel "von" Steuben trug, kann indessen auch den gutwilligsten Interessenten abschrecken. Da erlahmt der Schritt schon zu Beginn des Laufes.
Friedrich Wilhelm Steuben oder von Steuben aus Magdeburg entstammte einer preußischen Militärfamilie. Er diente unter Friedrich dem Großen im Siebenjährigen Krieg und war an dessen Ende ein sehr gut ausgebildeter, in drei Kriegen erfahrener, arbeitsloser Militär. Wie in jener Zeit üblich, suchte er auf dem internationalen Markt eine neue Position. Das war nicht einfach und gelang erst, als er in Paris Vermittler fand, die ihn mit dem amerikanischen Botschafter Benjamin Franklin zusammenbrachten. Von Steuben wurde angeworben, was beinahe noch gescheitert wäre, hätte nicht Pierre de Beaumarchais, der Librettist der "Hochzeit des Figaro" und glühender Unterstützer des amerikanischen Freiheitskampfes, von Steuben das nötige Reisegeld vorgeschossen.
Der preußische Spezialist war die Rettung der Aufständischen. George Washington stand nur ein zusammengewürfelter Haufen freiheitsdurstiger Freischärler zur Verfügung, die den englischen Berufssoldaten wenig entgegenzusetzen hatten. Von Steuben vermittelte preußischen Drill, preußisches Reglement und preußische Führungsqualitäten – von Steuben war überall gleichzeitig.
"Militärische Disziplin existierte nicht. Kein Regiment war regelmäßig formiert. Das eine hatte drei, andere fünf, acht oder neun Glieder, ein Regiment besaß deren sogar einundzwanzig."
… schreibt von Steuben. Und weiter:
"Der amerikanische Soldat kannte seine Waffe gar nicht, deshalb hatte er auch kein Vertrauen zu ihr und benutzte das Bajonett höchstens dazu, um sein Beefsteaks daran zu braten."
Was zunächst nur wie ein Söldnerjob aussah, wurde sehr schnell zu einer persönlichen Überzeugung. Dass die Aufständischen im Kampf gegen die englischen Kolonialherren am Ende siegten, ist zu entscheidenden Teilen von Steuben zu danken.
Armin M. Brandt schildert nun das Leben dieses Berufsmilitärs mit der Leidenschaft eines Parteigängers. Das Buch quillt über von detaillierten Fakten, aber man hätte schon gern gewusst, woher die Zitate stammen. Manches scheint mir aus dem allgemeinen Hörensagen destilliert zu sein. Der Stil ist unfreiwillig komisch - wahrscheinlich aus Liebe zu seinem Helden bedient sich Brandt einer altertümlichen Sprache, wie man sie seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr gehört hat: Statt militärischer Aufklärung heißt es bei ihm "recognoszieren" - oder es heißt über die allgemeine Unordnung:
"Die Leute machten Versehen in ihren Exerzitien; der Baron machte Versehen in seinem Englisch..."
... und der Mitteldeutsche Verlag machte Versehen bei seinem Lektorat – Exerzitien klingt zwar fast wie exerzieren, es handelt sich aber um geistliche Übungen, mit denen Katholiken ihre Seelen stärken und nicht ihre Bizeps. Und hübsch ist auch der Satz:
"General Daniel Morgan wurde mit seinem Korps so aufgestellt, dass er zum Plänkeln bereit war."
Da hätte man gern mal den Befehl gehört - vielleicht so:
"Männer! Strammgestanden zum Plänkeln!"
Man kann das Buch lesen, und es ist spannend, weil es von einem spannenden Leben erzählt – aber trauen kann man ihm nicht.
Von Steuben blieb in Amerika, hochgeachtet bis heute, und verstarb am 28. November 1794 nach zwei Schlaganfällen.
Armin M. Brandt: Friedrich Wilhelm von Steuben. Preußischer Offizier und amerikanischer Freiheitsheld
Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2005
256 Seiten, 19,00 Euro
"Welch ein schönes, welch ein glückliches Land ist dieses! Ohne König, ohne Hohepriester, ohne aussaugende Generalpächter und ohne müßige Barone. Hier ist jedermann glücklich."
So schrieb von Steuben aus Amerika, und zwar charmanterweise an den Kanzler eines Fürsten, also eines Mannes aus der Klasse der müßigen Barone. Der preußische Offizier von Steuben war als Söldner nach Amerika gegangen, um die aufständischen Kolonien in ihrem Freiheitskampf gegen England zu unterstützen.
Armin M. Brandt hat von Steubens Biografie geschrieben, und nicht nur der abgekürzte Vorname im Mittelteil weist Brandt als einen engagierten Amerika-Freund aus. Er ist freier Publizist und Dozent und Gründungsmitglied und Vorstandsvorsitzender der Deutsch-Amerikanischen Westerners Vereinigung, was immer das sein mag. Armin M. Brandt beschäftigt sich mit der Geschichte der Deutschen in Amerika, und da ist von Steuben ein Muss. Die Schilderung eines abenteuerlichen Lebens mit einer langatmigen, kleinkarierten und staubigen Untersuchung der Frage zu beginnen, ob der Mann zu Recht den Adelstitel "von" Steuben trug, kann indessen auch den gutwilligsten Interessenten abschrecken. Da erlahmt der Schritt schon zu Beginn des Laufes.
Friedrich Wilhelm Steuben oder von Steuben aus Magdeburg entstammte einer preußischen Militärfamilie. Er diente unter Friedrich dem Großen im Siebenjährigen Krieg und war an dessen Ende ein sehr gut ausgebildeter, in drei Kriegen erfahrener, arbeitsloser Militär. Wie in jener Zeit üblich, suchte er auf dem internationalen Markt eine neue Position. Das war nicht einfach und gelang erst, als er in Paris Vermittler fand, die ihn mit dem amerikanischen Botschafter Benjamin Franklin zusammenbrachten. Von Steuben wurde angeworben, was beinahe noch gescheitert wäre, hätte nicht Pierre de Beaumarchais, der Librettist der "Hochzeit des Figaro" und glühender Unterstützer des amerikanischen Freiheitskampfes, von Steuben das nötige Reisegeld vorgeschossen.
Der preußische Spezialist war die Rettung der Aufständischen. George Washington stand nur ein zusammengewürfelter Haufen freiheitsdurstiger Freischärler zur Verfügung, die den englischen Berufssoldaten wenig entgegenzusetzen hatten. Von Steuben vermittelte preußischen Drill, preußisches Reglement und preußische Führungsqualitäten – von Steuben war überall gleichzeitig.
"Militärische Disziplin existierte nicht. Kein Regiment war regelmäßig formiert. Das eine hatte drei, andere fünf, acht oder neun Glieder, ein Regiment besaß deren sogar einundzwanzig."
… schreibt von Steuben. Und weiter:
"Der amerikanische Soldat kannte seine Waffe gar nicht, deshalb hatte er auch kein Vertrauen zu ihr und benutzte das Bajonett höchstens dazu, um sein Beefsteaks daran zu braten."
Was zunächst nur wie ein Söldnerjob aussah, wurde sehr schnell zu einer persönlichen Überzeugung. Dass die Aufständischen im Kampf gegen die englischen Kolonialherren am Ende siegten, ist zu entscheidenden Teilen von Steuben zu danken.
Armin M. Brandt schildert nun das Leben dieses Berufsmilitärs mit der Leidenschaft eines Parteigängers. Das Buch quillt über von detaillierten Fakten, aber man hätte schon gern gewusst, woher die Zitate stammen. Manches scheint mir aus dem allgemeinen Hörensagen destilliert zu sein. Der Stil ist unfreiwillig komisch - wahrscheinlich aus Liebe zu seinem Helden bedient sich Brandt einer altertümlichen Sprache, wie man sie seit dem 19. Jahrhundert nicht mehr gehört hat: Statt militärischer Aufklärung heißt es bei ihm "recognoszieren" - oder es heißt über die allgemeine Unordnung:
"Die Leute machten Versehen in ihren Exerzitien; der Baron machte Versehen in seinem Englisch..."
... und der Mitteldeutsche Verlag machte Versehen bei seinem Lektorat – Exerzitien klingt zwar fast wie exerzieren, es handelt sich aber um geistliche Übungen, mit denen Katholiken ihre Seelen stärken und nicht ihre Bizeps. Und hübsch ist auch der Satz:
"General Daniel Morgan wurde mit seinem Korps so aufgestellt, dass er zum Plänkeln bereit war."
Da hätte man gern mal den Befehl gehört - vielleicht so:
"Männer! Strammgestanden zum Plänkeln!"
Man kann das Buch lesen, und es ist spannend, weil es von einem spannenden Leben erzählt – aber trauen kann man ihm nicht.
Von Steuben blieb in Amerika, hochgeachtet bis heute, und verstarb am 28. November 1794 nach zwei Schlaganfällen.
Armin M. Brandt: Friedrich Wilhelm von Steuben. Preußischer Offizier und amerikanischer Freiheitsheld
Mitteldeutscher Verlag, Halle, 2005
256 Seiten, 19,00 Euro