Ein Meilenstein der Rockgeschichte

Von Mathias Mauersberger |
Sie waren die größte Hardrockband der späten 80er- und frühen 90er-Jahre: Guns N' Roses um Sänger Axl Rose und Gitarrist Slash. Über 100 Millionen Alben haben sie bis heute verkauft. 2012 wurden sie neben Bands wie AC/DC oder Led Zeppelin in die Rock'n'Roll Hall of Fame aufgenommen.
Musik: "Welcome to the jungle"

Mit schneidenden Gitarren und kreischendem Gesang beginnt "Appetite for Destruction" das erste Lebenszeichen der Guns N' Roses - und der Eröffnungssong ist zugleich Einladung und Warnung: "You‘re in the jungle baby" - singt Sänger Axl Rose, und er meint damit die Heimat seiner Band, den Großstadtdschungel Los Angeles, in dem die Glitzerwelt des Showbiz genauso nah ist wie der nächste Bordstein.

Hier in der kalifornischen Metropole prallt der American Way of Life, die Verheißung von Geld, Erfolg und Schönheit auf die harte Realität - Drogen, Armut, Kriminalität. "Welcome to the jungle".

Musik: "Welcome to the jungle"

Anfang der 80er-Jahre zieht Axl Rose zusammen mit seinem Kumpel Izzy Stradlin nach Los Angeles, um in der florierenden Musikszene der Stadt Fuß zu fassen. Die beiden schwärmen für Bands wie Queen und AC/DC, tingeln durch die Clubs und treffen schließlich auf Saul Hudson, besser bekannt als Slash, einen begnadeten Bluesrock-Gitarristen.

Zusammen mit Bassist Duff McKagan und Schlagzeuger Steven Adler gründen sie 1985 Guns N' Roses - und unterschreiben kurze Zeit später einen Plattenvertrag bei Geffen Records. Zwei Jahre später - im Januar 1987 gehen die Gunners mit Toningenieur Mike Clink ins Studio und nehmen in nur einem Monat und unzähligen Nachtschichten zwölf Songs auf.

Musik: "It's so easy"

Am 21. Juli 1987 erscheint "Appetite for Destruction", das Debütalbum von Guns N' Roses in den USA - und es sieht zunächst nicht so aus, als würde die Platte ein Erfolg werden: Die erste Single "It's so easy" wird kaum im Radio gespielt, und wenn das Album Aufsehen erregt, dann nicht wegen der Musik, sondern der Aufmachung: Das Original-Cover zeigt einen Roboter neben einer offensichtlich vergewaltigten Frau, etliche Plattenläden weigern sich, das Album ins Sortiment zu nehmen.

Immerhin - die zweite Single "Welcome to the jungle" schafft es trotzdem in die amerikanischen und britischen Billboard Charts, aber erst ein Jahr nach Veröffentlichung gelingt der große kommerzielle Durchbruch. Die Ballade "Sweet Child O Mine" klettert im August 1988 auf Platz eins der amerikanischen Hitparaden und macht "Appetite for Destruction" zum Megaseller

Musik: "Sweet Chile O Mine"

Während sich viele Songs auf dem Album mit den harten Anfangszeiten der Bandmitglieder in Los Angeles - mit Armut, Konkurrenzkampf und Drogen - auseinandersetzen, so war es dieses Stück das in den neuen Bad Boys des Hardrock auch eine weiche Seite erahnen ließ: "Sweet Child O Mine", ein Liebeslied, das Axl Rose für seine damalige Freundin schrieb. Diese Mischung aus gefühlvollen Momenten und rauer Rockattitüde war es, die "Appetite for Destruction" so abwechslungsreich und Guns N' Roses so erfolgreich machte.

Unverwechselbar wurde die Band aber durch ihre einzigartige Doppelspitze: Axl Rose, der Sänger mit der unnachahmlich krächzenden Stimme, ein neurotischer Eigenbrötler aus zerrütteten Familienverhältnissen- und Slash, der Gitarrist mit der schwarzen Lockenmähne und dem Zylinder, der sich neben seiner Gibson Les Paul Gitarre vor allem für Frauen und Jack Daniels begeisterte.

So unterschiedlich die beiden Charaktere, so gut funktionierten sie als kreatives Duo: Axls schneidender Gesang und Slashs singender Gitarrenton machten jedes Lied auf dem ersten Album zu einem typischen Guns N' Roses-Song.

Musik: "Paradise City"

Bring mich nach Paradise City - das singt Axl Rose im sechsten Song auf "Appetite for Destruction", und sein Ruf wurde erhört: Mit ihrem Debütalbum schafften Guns N' Roses den Sprung aus den kalifornischen Nachtclubs direkt ins Rock'n'Roll-Paradies. Sie spielten in ausverkauften Hallen überall auf der Welt, lebten den Traum von Sex, Drugs and Rock'n'Roll und wurden zur vielleicht wichtigsten Hardrockband der späten 80er- und frühen 90er-Jahre.

Und auch heute - 25 Jahre später strahlt "Appetite for Destruction" immer noch eine unglaubliche Kraft aus - selten klang Hardrock so fordernd, so ungeschliffen und roh. Damit ist das Debütalbum der Guns N' Roses nicht nur ein Meilenstein der Rockgeschichte, sondern erinnert auch an eine andere Zeit - als Rockstars noch Rockstars und Rockmusik noch gefährlich war.
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