"Ein Mensch, der das im Tiefsten bereut"
Der Streit über die vorzeitige Begnadigung Christian Klar hat nun auch das Feuilleton erreicht. Claus Peymann, der Intendant des Berliner Ensembles, hat dem ehemaligen RAF-Terroristen einen Praktikumsplatz an seinem Theater angeboten. Peymann geht es in der Auseinandersetzung vor allem darum, dass sich die Bundesrepublik endlich mit ihrer jüngsten Geschichte auseinandersetzt.
Claus Peymann ist ohne jeden Zweifel der geschickteste Öffentlichkeitsarbeiter unter den deutschen Theaterdirektoren. Während seine Inszenierungen kaum noch Schlagzeilen machen, reagieren Medien und bestimmte Politiker auf seine öffentlichen Bekundungen sofort. Christian Klar habe Recht gehabt, als er ein Ende des Kapitalismus forderte, sagte Peymann der taz und versetzte damit den CDU-Generalsekretär in helle Aufregung. Seine Freude über den gelungenen Coup spielt Peymann natürlich herunter:
"Der Pofalla ist doch kein Gegner, das ist doch ein Würstchen. Das sind doch diese Satellitenkreischer. Interessant ist: Kann diese Debatte um Christian Klar dazu führen, dass man endlich diese ganze Phase zwischen 65 und Ende der 70er Jahre, dass man die mal nicht verteufelt und verdrängt. Dass man sich einmal dieser wichtigen Zeit für die Geschichte der Bundesrepublik annimmt und darüber nachdenkt: Was war richtig und was falsch. Was ist das für eine Epoche gewesen."
Und da hat Peymann Recht: Über den deutschen Terrorismus wird immer noch nicht unvoreingenommen diskutiert. Die Debatte schwankt zwischen der Verteuflung der Rote-Armee-Fraktion und ihrer romantischen Verklärung.
Christian Klar gehört zu den Mördern von Siegfried Buback, Jürgen Ponto und Hanns-Martin Schleyer und wurde 1982 zu fünf Mal lebenslänglich und einer zeitlichen Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Außerdem wurde eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Seine Entlassung wäre daher frühestens im Anfang 2009 möglich, wenn er nicht vom Bundespräsidenten vorher begnadigt wird. Einen entsprechenden Antrag hat er gestellt. Außerdem hat Christian Klar um Hafterleichterungen gebeten. Er möchte nach Berlin verlegt werden und dort als Freigänger in der Bühnentechnik des Berliner Ensembles arbeiten. Claus Peymann wäre sehr dafür:
"Da ich mich immer freue, wenn Leute am Theater arbeiten wollen, weil das so eine schöne Sache ist, ... habe ich mich mit dem Betriebsrat besprochen - das ist ja eine Sache, die der Betriebsrat mit tragen muss, denn die müssen ja mit dem jobben. Und die fanden das auch eine wichtige Sache und da haben wir beschlossen, dass wir das dem Klar anbieten."
Das war vor zwei Jahren. Inzwischen hat eine Delegation aus dem Berliner Ensemble Klar im Gefängnis besucht und von dem Mann einen positiven Eindruck gewonnen.
"Unser Betriebsrat konnte sich davon überzeugen ..., dass das ein Mensch ist, der das im Tiefsten bereut. Das ist für mich keine Frage. Nach 24 Jahren ist doch nichts mehr übrig von diesem Terroristen der 60er, 70er Jahre. ... Wir leben in einer Gesellschaft, wo Sexualtäter auf die Gesellschaft bedenkenlos losgelassen werden und wo eine bestimmte Schicht sich freikaufen kann mit Millionenstrafbeträgen vom Gefängnis. Und jetzt will man hier einen Rechtsfundamentalismus an den Tag legen: Der muss jetzt die Schuhe und den Fußboden lecken, eh wir ihn begnadigen dürfen. Hoffentlich behält der Köhler einen klaren Kopf."
Claus Peymann verschweigt nicht, dass er sich auch aus biografischen Gründen mit dem ehemaligen Terroristen verbunden fühlt.
"... weil Klar natürlich für das Scheitern und für die Hoffnung meiner Generation steht. Was den Klar in das Verbrechen getrieben hat, ist ja einer Reihe von Leuten passiert, aber immer von einem Ausgangspunkt, den ich zutiefst teile - nämlich die Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen. Die einen sind Theaterdirektoren geworden, der andere ist Außen- oder Innenminister geworden und andere sind kriminell geworden, weil sie dachten in ihrer Verblendung, dass sie jetzt einen Krieg erklären müssten. Diese Situation: Hoffnung und Scheitern dieser Hoffnung, bringt mir eine gewisse Offenheit für die Lage von Christian Klar."
Und offen ist Claus Peymann auch für die kapitalismuskritischen Worte, die Christian Klar in einer Grußbotschaft im Januar an den Rosa-Luxemburg-Kongress in Berlin sandte:
"Der Klar hat ... das gesagt, was die Mehrheit der Menschen - wenn man sagt, es leben 6,7 Milliarden Menschen auf der Welt. Fünf Milliarden davon teilen, wie ich den Standpunkt von Klar, dass dieses westeuropäisch-amerikanische Lebensmodell nicht taugt, um eine gerechtere und anständige Welt zu ermöglichen. Siehe Irak, Afghanistan, Dritte Welt. Dieses amerikanische System funktioniert nicht. Irgendwann fahren wir mit diesem System gegen die Wand, wenn wir es nicht ändern."
Und das sagt Peymann schon seit langem. An seinem Haus werden kapitalismuskritische Stücke gespielt, ohne dass der Verdacht aufkommt, Peymann würde einen terroristischen Umsturz vorbereiten. Christian Klar hingegen, muss - wenn man den Stellungnahmen der zuständigen Politiker glaubt - seine Hoffnung auf eine vorzeitige Begnadigung erst einmal begraben. Claus Peymann findet das nicht gerecht.
"Ich muss fürchten, dass das nicht gelingen kann, ihn zurückzuführen, sondern jetzt Auge um Auge, Zahn um Zahn. Nur am Rande gesagt: bei den Terroristenprozessen in Spanien hat der Staatsanwalt 350.000 Mal lebenslänglich verlangt. Das ist Mittelalter. ... Ich habe das Gefühl, dass wir es hier mit einer Rachejustiz zu tun haben. Die Gesetzgebung ist völlig anders. Die Gesetzgebung lässt zu, dass man nach einer bestimmten Zeit begnadigt werden kann. Nichts anderes hat Klar gebeten."
"Der Pofalla ist doch kein Gegner, das ist doch ein Würstchen. Das sind doch diese Satellitenkreischer. Interessant ist: Kann diese Debatte um Christian Klar dazu führen, dass man endlich diese ganze Phase zwischen 65 und Ende der 70er Jahre, dass man die mal nicht verteufelt und verdrängt. Dass man sich einmal dieser wichtigen Zeit für die Geschichte der Bundesrepublik annimmt und darüber nachdenkt: Was war richtig und was falsch. Was ist das für eine Epoche gewesen."
Und da hat Peymann Recht: Über den deutschen Terrorismus wird immer noch nicht unvoreingenommen diskutiert. Die Debatte schwankt zwischen der Verteuflung der Rote-Armee-Fraktion und ihrer romantischen Verklärung.
Christian Klar gehört zu den Mördern von Siegfried Buback, Jürgen Ponto und Hanns-Martin Schleyer und wurde 1982 zu fünf Mal lebenslänglich und einer zeitlichen Freiheitsstrafe von 15 Jahren verurteilt. Außerdem wurde eine besondere Schwere der Schuld festgestellt. Seine Entlassung wäre daher frühestens im Anfang 2009 möglich, wenn er nicht vom Bundespräsidenten vorher begnadigt wird. Einen entsprechenden Antrag hat er gestellt. Außerdem hat Christian Klar um Hafterleichterungen gebeten. Er möchte nach Berlin verlegt werden und dort als Freigänger in der Bühnentechnik des Berliner Ensembles arbeiten. Claus Peymann wäre sehr dafür:
"Da ich mich immer freue, wenn Leute am Theater arbeiten wollen, weil das so eine schöne Sache ist, ... habe ich mich mit dem Betriebsrat besprochen - das ist ja eine Sache, die der Betriebsrat mit tragen muss, denn die müssen ja mit dem jobben. Und die fanden das auch eine wichtige Sache und da haben wir beschlossen, dass wir das dem Klar anbieten."
Das war vor zwei Jahren. Inzwischen hat eine Delegation aus dem Berliner Ensemble Klar im Gefängnis besucht und von dem Mann einen positiven Eindruck gewonnen.
"Unser Betriebsrat konnte sich davon überzeugen ..., dass das ein Mensch ist, der das im Tiefsten bereut. Das ist für mich keine Frage. Nach 24 Jahren ist doch nichts mehr übrig von diesem Terroristen der 60er, 70er Jahre. ... Wir leben in einer Gesellschaft, wo Sexualtäter auf die Gesellschaft bedenkenlos losgelassen werden und wo eine bestimmte Schicht sich freikaufen kann mit Millionenstrafbeträgen vom Gefängnis. Und jetzt will man hier einen Rechtsfundamentalismus an den Tag legen: Der muss jetzt die Schuhe und den Fußboden lecken, eh wir ihn begnadigen dürfen. Hoffentlich behält der Köhler einen klaren Kopf."
Claus Peymann verschweigt nicht, dass er sich auch aus biografischen Gründen mit dem ehemaligen Terroristen verbunden fühlt.
"... weil Klar natürlich für das Scheitern und für die Hoffnung meiner Generation steht. Was den Klar in das Verbrechen getrieben hat, ist ja einer Reihe von Leuten passiert, aber immer von einem Ausgangspunkt, den ich zutiefst teile - nämlich die Unzufriedenheit mit den bestehenden Verhältnissen. Die einen sind Theaterdirektoren geworden, der andere ist Außen- oder Innenminister geworden und andere sind kriminell geworden, weil sie dachten in ihrer Verblendung, dass sie jetzt einen Krieg erklären müssten. Diese Situation: Hoffnung und Scheitern dieser Hoffnung, bringt mir eine gewisse Offenheit für die Lage von Christian Klar."
Und offen ist Claus Peymann auch für die kapitalismuskritischen Worte, die Christian Klar in einer Grußbotschaft im Januar an den Rosa-Luxemburg-Kongress in Berlin sandte:
"Der Klar hat ... das gesagt, was die Mehrheit der Menschen - wenn man sagt, es leben 6,7 Milliarden Menschen auf der Welt. Fünf Milliarden davon teilen, wie ich den Standpunkt von Klar, dass dieses westeuropäisch-amerikanische Lebensmodell nicht taugt, um eine gerechtere und anständige Welt zu ermöglichen. Siehe Irak, Afghanistan, Dritte Welt. Dieses amerikanische System funktioniert nicht. Irgendwann fahren wir mit diesem System gegen die Wand, wenn wir es nicht ändern."
Und das sagt Peymann schon seit langem. An seinem Haus werden kapitalismuskritische Stücke gespielt, ohne dass der Verdacht aufkommt, Peymann würde einen terroristischen Umsturz vorbereiten. Christian Klar hingegen, muss - wenn man den Stellungnahmen der zuständigen Politiker glaubt - seine Hoffnung auf eine vorzeitige Begnadigung erst einmal begraben. Claus Peymann findet das nicht gerecht.
"Ich muss fürchten, dass das nicht gelingen kann, ihn zurückzuführen, sondern jetzt Auge um Auge, Zahn um Zahn. Nur am Rande gesagt: bei den Terroristenprozessen in Spanien hat der Staatsanwalt 350.000 Mal lebenslänglich verlangt. Das ist Mittelalter. ... Ich habe das Gefühl, dass wir es hier mit einer Rachejustiz zu tun haben. Die Gesetzgebung ist völlig anders. Die Gesetzgebung lässt zu, dass man nach einer bestimmten Zeit begnadigt werden kann. Nichts anderes hat Klar gebeten."