Ein Nationalökonom als Schlüsselfigur
In "Die Rückkehr des Meisters" analysiert Robert Skidelsky unter anderem die gegenwärtige Finanzkrise, ordnet die Situation anhand der Schlüsselfigur John Maynard Keynes historisch ein und liefert Vorschläge, wie der Krise zu entkommen ist.
Obwohl selbst Wirtschaftswissenschaftler und Politiker, bezeichnete er seine Kollegen als "Verrückte in hohen Stellungen, die Stimmen ... hören": John Maynard Keynes. Keynes lebte von 1883 bis 1946 in England und gilt bis heute als einer der wichtigsten Nationalökonomen des 20. Jahrhunderts. "Die Rückkehr des Meisters. Keynes für das 21. Jahrhundert" heißt das neue Buch von Robert Skidelsky, einem britischen Wirtschaftshistoriker und Autor einer ausgezeichneten, dreibändigen Keynes-Biografie.
John Maynard Keynes war einer der Architekten jenes Bretton-Woods-Wirtschaftssystems (1944), dem auch die Bundesrepublik Deutschland in den 50er- und 60er-Jahren Stabilität und Vollbeschäftigung zu verdanken hatte: das "Goldene Zeitalter" genannt. Seit den 70er-Jahren rückten Politiker von Keynes' Modell ab und ermöglichten es den Banken, einst traditionellen Dienstleistern, allmählich zu Spekulationsmaschinen zu mutieren.
Daher Skidelskys Forderung nach der "Rückkehr des Meisters", nach der Rückkehr zu den Grundmaximen von Keynes: Vollbeschäftigung als Hauptziel von Gesellschaft und Politik und Kontrolle der Banken. Der Wirtschaftswissenschaftler Keynes sprach seiner Disziplin grundsätzlich die Fähigkeit ab, die Zukunft vorauszusagen. Stattdessen setzte er auf einen moralisch ausgerichteten Kapitalismus, eine soziale und solidarische Marktwissenschaft – nicht auf Spekulation und Risiko.
"Die Rückkehr des Meisters" erfüllt drei Funktionen. Erstens bietet Skidelsky in dem Buch eine lückenlose, auch für Laien verständliche Analyse der gegenwärtigen Finanzkrise und scheut sich nicht, Verantwortliche zu nennen und diese als "betrügerisch" und "obszön" zu werten. Zweitens stellt der Autor große Zusammenhänge her und ordnet die gegenwärtige Situation anhand der Schlüsselfigur Keynes historisch, wissenschaftshistorisch und wissenschaftstheoretisch ein: So versteht auch ein Nicht-Kenner die letzten 100 Jahre Wirtschaftspolitik. Und drittens bietet "Die Rückkehr des Meisters" Vorschläge, wie der Krise zu entkommen sei. Neben einer rigiden Bankenkontrolle fordert Skidelsky etwa die Rückbesinnung der Wirtschaftswissenschaften auf ihre ursprüngliche Aufgaben als Sozialwissenschaft.
"Die Rückkehr des Meisters" hat das Spannungspotenzial eines Stephen King-Romans. Auch wenn seit Ausbruch der Finanzkrise immer weiter Bücher zum Thema erscheinen -besser, verständlicher als in diesem Buch ist die Krise bislang nicht erklärt worden. Skidelsky verschafft Überblick, macht komplizierte Finanztransaktionen durchschaubar, nennt Ross und Reiter.
Hinzu kommt, dass er mit leichter Feder, mit viel Witz und bösestem britischen Humor schreibt. Ein Thriller also, der eines wichtigsten Wissenschaftsbücher der vergangenen Jahre ist. "Pflichtlektüre", wie Nobelpreisträger Paul Krugman zu Recht kommentierte.
Besprochen von Lutz Bunk
Robert Skidelsky: Die Rückkehr des Meisters - Keynes für das 21. Jahrhundert
Aus dem Englischen übersetzt von Ursel Schäfer und Thomas Pfeiffer, Kunstmann Verlag München 2010, 304 Seiten, 19,90 Euro
John Maynard Keynes war einer der Architekten jenes Bretton-Woods-Wirtschaftssystems (1944), dem auch die Bundesrepublik Deutschland in den 50er- und 60er-Jahren Stabilität und Vollbeschäftigung zu verdanken hatte: das "Goldene Zeitalter" genannt. Seit den 70er-Jahren rückten Politiker von Keynes' Modell ab und ermöglichten es den Banken, einst traditionellen Dienstleistern, allmählich zu Spekulationsmaschinen zu mutieren.
Daher Skidelskys Forderung nach der "Rückkehr des Meisters", nach der Rückkehr zu den Grundmaximen von Keynes: Vollbeschäftigung als Hauptziel von Gesellschaft und Politik und Kontrolle der Banken. Der Wirtschaftswissenschaftler Keynes sprach seiner Disziplin grundsätzlich die Fähigkeit ab, die Zukunft vorauszusagen. Stattdessen setzte er auf einen moralisch ausgerichteten Kapitalismus, eine soziale und solidarische Marktwissenschaft – nicht auf Spekulation und Risiko.
"Die Rückkehr des Meisters" erfüllt drei Funktionen. Erstens bietet Skidelsky in dem Buch eine lückenlose, auch für Laien verständliche Analyse der gegenwärtigen Finanzkrise und scheut sich nicht, Verantwortliche zu nennen und diese als "betrügerisch" und "obszön" zu werten. Zweitens stellt der Autor große Zusammenhänge her und ordnet die gegenwärtige Situation anhand der Schlüsselfigur Keynes historisch, wissenschaftshistorisch und wissenschaftstheoretisch ein: So versteht auch ein Nicht-Kenner die letzten 100 Jahre Wirtschaftspolitik. Und drittens bietet "Die Rückkehr des Meisters" Vorschläge, wie der Krise zu entkommen sei. Neben einer rigiden Bankenkontrolle fordert Skidelsky etwa die Rückbesinnung der Wirtschaftswissenschaften auf ihre ursprüngliche Aufgaben als Sozialwissenschaft.
"Die Rückkehr des Meisters" hat das Spannungspotenzial eines Stephen King-Romans. Auch wenn seit Ausbruch der Finanzkrise immer weiter Bücher zum Thema erscheinen -besser, verständlicher als in diesem Buch ist die Krise bislang nicht erklärt worden. Skidelsky verschafft Überblick, macht komplizierte Finanztransaktionen durchschaubar, nennt Ross und Reiter.
Hinzu kommt, dass er mit leichter Feder, mit viel Witz und bösestem britischen Humor schreibt. Ein Thriller also, der eines wichtigsten Wissenschaftsbücher der vergangenen Jahre ist. "Pflichtlektüre", wie Nobelpreisträger Paul Krugman zu Recht kommentierte.
Besprochen von Lutz Bunk
Robert Skidelsky: Die Rückkehr des Meisters - Keynes für das 21. Jahrhundert
Aus dem Englischen übersetzt von Ursel Schäfer und Thomas Pfeiffer, Kunstmann Verlag München 2010, 304 Seiten, 19,90 Euro