Ein neues Haus für Mozart

Von Bernhard Neuhoff |
Zu Mozarts Geburtstag erfüllen sich die Salzburger Festspiele einen lang gehegten Wunsch: Am kommenden Donnerstag wird mit der Premiere von Figaros Hochzeit das neue "Haus für Mozart" zum ersten Mal seiner Bestimmung als Opernhaus übergeben. Die knapp 30 Mio. Euro teure Spielstätte ersetzt das ungeliebte Kleine Festspielhaus.
Der erste Eindruck: vornehm, vornehm. An den Wänden rote Marmorimitate, rhythmisiert von goldenen Zierbalken, darüber das Halbrund der elegant geschwungenen Ränge. Vorn auf der Bühne spielt sich der Pianist Till Fellner ein mit ein paar Takten Bach - eine würdige Untermalung für den ersten Rundgang. Selbst die Putzkolonnen, die während der Presseführung schnell noch den Boden wienern, damit am Abend bei der Akustik-Generalprobe alles glänzt, scheinen sich mit einer gewissen Anmut zu bewegen.

Salzburg im Juni. Das neue Haus für Mozart ist bereits fertig gestellt - doch an der Akustik müssen die letzten Feinheiten abgestimmt werden. Der Münchner Akustik-Spezialist Prof. Karlheinz Müller führt Messungen durch. Er verantwortet das klangliche Konzept des Raums:

"Wir haben versucht, dass gerade für die wichtigen Sänger-Formanten, also die Obertonbereiche, die die Sänger besitzen, dass wir hier nicht zuviel schallschluckende Materialien haben. Denn nur wenn die Formanten richtig rüberkommen, ist der Sänger in der Lage, auch über ein forte des Orchesters drüber zu kommen."

Das Einweihungskonzert mit Vesselina Kassarova hat bewiesen, dass die Rechnung der Akustiker voll aufgegangen ist. In jedem Fall klingt der Raum warm, eher dunkel timbriert, dabei in allen Registern sehr präsent, klar und differenziert.

Natürlich kommt das auch der Barockoper zugute oder kleiner besetzten Werken der Moderne. Aber Mozart war der Maßstab - die Häuser seiner Zeit dienten als Vorbild, auch wenn der Nachhall mit etwa 1,6 Sekunden etwas länger ist als zu Mozarts Zeiten üblich.

"Die Häuser waren klein, sehr kompakt, und wenn man annimmt, dass die Sänger die gleiche Qualität wie heute hatten, dann kann man annehmen, dass es ganz, ganz kräftig war, das heißt: man hat Mozart auf der Haut gespürt."

Man mag darüber streiten, ob man diese akustischen Tugenden nicht auch mit einer etwas mutigeren Architektur hätte erreichen können. Der jüngere der beiden Architekten, Francois Valentiny:

"Es ging uns jetzt nicht darum, hier eine Duftmarke zu setzen, zumindest nicht in dem Außenbereich, weil diese Komposition, die wir hier haben, einfach sehr stimmig ist und außergewöhnlich. Da bedarf sie nicht noch einer Außergewöhnlichkeit."

Die Fassade übt sich in Demut gegenüber der barocken Stadtkulisse. Im neuen Foyer funkelt hinter Goldlamellen ein stilisierter Mozart-Kopf aus baumelnden Kristallglas-Klunkern - gewissermaßen passend zur Abendgarderobe. Das schrammt hart am Kitsch vorbei.

Umso überzeugender dagegen die funktionalen Qualitäten der neuen Spielstätte. War das alte Kleine Festspielhaus ein überlanger Schuhkarton mit der muffigen Atmosphäre eines ausgedienten Kinos, so ist das Neue Haus für Mozart ein intimer Raum mit hervorragender Sicht von allen Plätzen. Knapp 1600 Zuschauer passen hinein, soviel wie in die sehr viel größere Wiener Staatsoper.

Die hintersten Reihen des Neubaus sind der Bühne um 10 Meter näher gerückt und das, obwohl es nun 250 Plätze mehr gibt als im alten kleinen Festspielhaus. Das Geheimnis dieser Quadratur des Kreises: Der Zuschauerraum wurde verkürzt und zugleich abgesenkt, sodass ein zweiter Rang hinein passt.

Doch das schönste ist, wie sich das neue Haus für Mozart nach draußen öffnet: Durch die raumhohen Fenster im Foyer wird der Blick frei auf die großartige Salzburger Stadtlandschaft. Einziger Wermutstropfen: Die neue Lounge mit der traumhaften Dachterrasse bleibt wohl den Sponsoren vorbehalten. Vornehm, vornehm.

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