Ein neues Kloster
Nach Paris, Rom, Brüssel, Montreal - und jetzt auch in Köln: die "monastischen Gemeinschaften von Jerusalem" haben eine neue Niederlassung gegründet. Der junge Orden ist in die romanische Basilika Groß St. Martin in der Altstadt eingezogen.
Ein Donnerstag. Kurz nach 13 Uhr. Mitten in der Woche, mitten am Tag ist gerade das Mittagsgebet der monastischen Gemeinschaften von Jerusalem in Sankt Martin in Köln zu Ende gegangen. Drei Mal am Tag versammeln sich sieben Männer und fünf Frauen in der Kirche. Über ihre blauen Ordensgewänder haben sie bodenlange, weiße Kapuzenumhänge gezogen.
In der kargen, kaum ausgestalteten romanischen Basilika sitzen sie vor dem Altar auf kleinen Holzbänkchen auf dem mit Teppichen ausgelegtem Steinboden. Die Liturgie besteht aus Liedern und Lesungen aus der Bibel und dauert eine gute halbe Stunde. Die Türen stehen immer offen, es gibt keine Klosterpforte. Jeder der will, kann an den Liturgien teilnehmen. An diesem Mittag sind knapp 20 Menschen dieser Einladung gefolgt.
Besucherin: "Es war Neugier. Ich kenne diese Kommunität aus Vézelay und war sehr erstaunt, sehr erstaunt, wie viel Déjà-vu - Erlebnisse ich hatte und es hat sich sehr schön verbunden. Also die beiden Kirchen miteinander. Also Groß St. Martin ist meine Kölner Lieblingskirche und Vézelay finde ich auch sehr, sehr schön. Die Kargheit des Raumes, wirklich die Schönheit, die Ästhetik verbinden sich mit der Ästhetik des Gesanges."
"Also mich berührt, ich zögere etwas das zu sagen, mich berührt vor allem die Schönheit, die Schönheit der Stimme, der Stimmen, der Zusammenklang, mich berührt auch die Schönheit des Gewandes, zusammen mit diesem Umraum, das ist sehr eindrucksvoll, ich kann mich direkt darin versenken."
Genau dazu aber findet Sr. Edith, Priorin der Gemeinschaft, sind die Liturgien nicht gedacht.
Priorin Sr. Edith: "”Wir sind nicht dazu da, so ein warmes Nest zu suggerieren, oder den Leuten zu sagen, vergesst die böse Wirklichkeit, hebt irgendwie ab, überhaupt nicht.""
Wenn es aber nicht darum geht, den Menschen in der lauten Stadt ein Nest aus Klängen zu bauen - warum dominieren dann diese vierstimmigen Gesänge die Liturgien so sehr?
Priorin Sr. Edith: "”Ein Gesang, byzantinischer Gesang der Gott zur Sprache bringt, unsere Texte sind biblisch, kommen von den Kirchenvätern her, das ist jetzt nicht einfach spirituell in so einem ganz vagen Sinn, wir singen nicht einfach nur das Licht, sondern zum Beispiel wir sagen, Christus sagt, ich bin das Licht der Welt, das ist wirklich eine Glaubensaussage …""
Sr. Edith ist eine der wenigen Deutschen, die jetzt nach Köln gekommen sind. Sie selber ist in Paris in den Orden eingetreten und hat viele Jahre dort gelebt, die letzten fünf Jahre war sie Priorin der Niederlassung Vézelay in Frankreich. Die anderen Kölner Mitglieder sind in der Mehrzahl Franzosen und lernen jetzt erst einmal deutsch.
Die Ordensschwestern und - brüder leben auf zwei getrennten Etagen in einem angemieteten Wohnhaus aus Beton, roten Stahltreppen und Glas, das direkt an die Kirche angebaut ist. Damit ist eine der drei Grundbedingungen, nach denen das Ordensleben gemäß dem Willen seines Gründers gestaltet wird, erfüllt: die Mitglieder des Ordens sollen Mieter sein – und niemals Immobilien erwerben. Und sie sollen Lohnempfänger sein, d. h. sie sollen ihr Geld für Miete und Essen in angestellten Verhältnissen außerhalb der Klostermauern erwerben. Aber wie passt die Arbeite für einen weltlicher Chef dazu, dass alle ein Klosterleben gewählt haben?
Sr. Edith: "Wenn man Mönch ist, Bruder oder Schwester, ist man Mönch 24 Stunden lang, da gibt es keine Klammer, dass etwas ausgelassen wird, das betrifft unser ganzes Leben, auch den Alltag, wir gehen zivilen Berufen nach, für die wir ausgebildet sind und die mit unserem Leben zu vereinbaren sind."
Damit die Arbeit mit dem Klosterleben vereinbar ist, nehmen die Ordensmitglieder nur Halbtagstätigkeiten zwischen 8 Und 12 Uhr morgens an. So kommt es, dass eine Politikwissenschaftlerin halbe Tage als Floristin arbeitet – eine gelernte Bankkauffrau die gleiche Zeit aber in ihrem Habit in einer Bank am Schalter steht.
Neben Mietern und Lohnempfängern sollen die Ordensmitglieder vor allem Städter sein, also in Städten leben. Das tun sie: die aus 30 Ländern der Welt stammenden Brüder und Schwestern leben z. B. in Paris und Montreal, Rom und Brüssel. Die Einsicht, in die großen Städte der Welt zu gehen gewann der Gründer der Gemeinschaft, Bruder Pierre Marie Delfieux, ausgerechnet in einer Wüste.
Zwei Jahre hatte er sich in die Sahara zurückgezogen, nachdem er als Studentenpfarrer an der Sorbonne die 68er erlebte. Bruder Pierre Marie war sehr glücklich in der Wüste – und wäre vielleicht für immer dort geblieben. Bis er die eiserne Wüstenregel: " Wer in der Wüste Wasser findet, darf es nicht für sich behalten sondern muss es teilen!" auf seine Weise verstand: Das Wasser, das er gefunden hatte und ihn so glücklich machte, wollte er mit den Menschen in der Stadt teilen.
Priorin Sr. Edith: "Wüste ist nicht nur faszinierend, sie hat auch etwas sehr Schweres, die Einsamkeit, die Anonymität, es lauern immer Gefahren, und im übertragenen Sinne findet man das in der Stadt, ich habe selber lange Jahre in Paris gelebt und jetzt hier in Köln – wir haben das alles vor der Haustür, Obdachlose, Drogen, Prostitution, das ist auch die Stadt."
Der junge Orden ist 1975 gegründet. Sein Name: die monastischen Gemeinschaften von Jerusalem ist Programm: Die Mitglieder sollen monastisch, also als Brüder und Schwestern in Städten leben. Jerusalem meint dabei nicht das geographische, sondern das himmlische Jerusalem. Jenes, das in der Bibel beschrieben wird.
Priorin Sr. Edith: "die Stadt, die Gott verheißen hat, im Buch der Offenbarung heißt es, die Stadt, die Gott uns bereitet, d. h. wir sind nicht da um in der Stadt für die böse Stadt zu beten, die Stadt ist nicht gut oder böse oder nicht besser oder schlechter als andere Menschern auch der Blick Gottes auf die Stadt ist ein Blick voller Hoffnung und Liebe und Freude und Zuneigung und das soll auch unser Blick sein auf die Stadt, wir beten mit der Stadt, für die Stadt, und sind wirklich da im Herzen Gottes."
In der kargen, kaum ausgestalteten romanischen Basilika sitzen sie vor dem Altar auf kleinen Holzbänkchen auf dem mit Teppichen ausgelegtem Steinboden. Die Liturgie besteht aus Liedern und Lesungen aus der Bibel und dauert eine gute halbe Stunde. Die Türen stehen immer offen, es gibt keine Klosterpforte. Jeder der will, kann an den Liturgien teilnehmen. An diesem Mittag sind knapp 20 Menschen dieser Einladung gefolgt.
Besucherin: "Es war Neugier. Ich kenne diese Kommunität aus Vézelay und war sehr erstaunt, sehr erstaunt, wie viel Déjà-vu - Erlebnisse ich hatte und es hat sich sehr schön verbunden. Also die beiden Kirchen miteinander. Also Groß St. Martin ist meine Kölner Lieblingskirche und Vézelay finde ich auch sehr, sehr schön. Die Kargheit des Raumes, wirklich die Schönheit, die Ästhetik verbinden sich mit der Ästhetik des Gesanges."
"Also mich berührt, ich zögere etwas das zu sagen, mich berührt vor allem die Schönheit, die Schönheit der Stimme, der Stimmen, der Zusammenklang, mich berührt auch die Schönheit des Gewandes, zusammen mit diesem Umraum, das ist sehr eindrucksvoll, ich kann mich direkt darin versenken."
Genau dazu aber findet Sr. Edith, Priorin der Gemeinschaft, sind die Liturgien nicht gedacht.
Priorin Sr. Edith: "”Wir sind nicht dazu da, so ein warmes Nest zu suggerieren, oder den Leuten zu sagen, vergesst die böse Wirklichkeit, hebt irgendwie ab, überhaupt nicht.""
Wenn es aber nicht darum geht, den Menschen in der lauten Stadt ein Nest aus Klängen zu bauen - warum dominieren dann diese vierstimmigen Gesänge die Liturgien so sehr?
Priorin Sr. Edith: "”Ein Gesang, byzantinischer Gesang der Gott zur Sprache bringt, unsere Texte sind biblisch, kommen von den Kirchenvätern her, das ist jetzt nicht einfach spirituell in so einem ganz vagen Sinn, wir singen nicht einfach nur das Licht, sondern zum Beispiel wir sagen, Christus sagt, ich bin das Licht der Welt, das ist wirklich eine Glaubensaussage …""
Sr. Edith ist eine der wenigen Deutschen, die jetzt nach Köln gekommen sind. Sie selber ist in Paris in den Orden eingetreten und hat viele Jahre dort gelebt, die letzten fünf Jahre war sie Priorin der Niederlassung Vézelay in Frankreich. Die anderen Kölner Mitglieder sind in der Mehrzahl Franzosen und lernen jetzt erst einmal deutsch.
Die Ordensschwestern und - brüder leben auf zwei getrennten Etagen in einem angemieteten Wohnhaus aus Beton, roten Stahltreppen und Glas, das direkt an die Kirche angebaut ist. Damit ist eine der drei Grundbedingungen, nach denen das Ordensleben gemäß dem Willen seines Gründers gestaltet wird, erfüllt: die Mitglieder des Ordens sollen Mieter sein – und niemals Immobilien erwerben. Und sie sollen Lohnempfänger sein, d. h. sie sollen ihr Geld für Miete und Essen in angestellten Verhältnissen außerhalb der Klostermauern erwerben. Aber wie passt die Arbeite für einen weltlicher Chef dazu, dass alle ein Klosterleben gewählt haben?
Sr. Edith: "Wenn man Mönch ist, Bruder oder Schwester, ist man Mönch 24 Stunden lang, da gibt es keine Klammer, dass etwas ausgelassen wird, das betrifft unser ganzes Leben, auch den Alltag, wir gehen zivilen Berufen nach, für die wir ausgebildet sind und die mit unserem Leben zu vereinbaren sind."
Damit die Arbeit mit dem Klosterleben vereinbar ist, nehmen die Ordensmitglieder nur Halbtagstätigkeiten zwischen 8 Und 12 Uhr morgens an. So kommt es, dass eine Politikwissenschaftlerin halbe Tage als Floristin arbeitet – eine gelernte Bankkauffrau die gleiche Zeit aber in ihrem Habit in einer Bank am Schalter steht.
Neben Mietern und Lohnempfängern sollen die Ordensmitglieder vor allem Städter sein, also in Städten leben. Das tun sie: die aus 30 Ländern der Welt stammenden Brüder und Schwestern leben z. B. in Paris und Montreal, Rom und Brüssel. Die Einsicht, in die großen Städte der Welt zu gehen gewann der Gründer der Gemeinschaft, Bruder Pierre Marie Delfieux, ausgerechnet in einer Wüste.
Zwei Jahre hatte er sich in die Sahara zurückgezogen, nachdem er als Studentenpfarrer an der Sorbonne die 68er erlebte. Bruder Pierre Marie war sehr glücklich in der Wüste – und wäre vielleicht für immer dort geblieben. Bis er die eiserne Wüstenregel: " Wer in der Wüste Wasser findet, darf es nicht für sich behalten sondern muss es teilen!" auf seine Weise verstand: Das Wasser, das er gefunden hatte und ihn so glücklich machte, wollte er mit den Menschen in der Stadt teilen.
Priorin Sr. Edith: "Wüste ist nicht nur faszinierend, sie hat auch etwas sehr Schweres, die Einsamkeit, die Anonymität, es lauern immer Gefahren, und im übertragenen Sinne findet man das in der Stadt, ich habe selber lange Jahre in Paris gelebt und jetzt hier in Köln – wir haben das alles vor der Haustür, Obdachlose, Drogen, Prostitution, das ist auch die Stadt."
Der junge Orden ist 1975 gegründet. Sein Name: die monastischen Gemeinschaften von Jerusalem ist Programm: Die Mitglieder sollen monastisch, also als Brüder und Schwestern in Städten leben. Jerusalem meint dabei nicht das geographische, sondern das himmlische Jerusalem. Jenes, das in der Bibel beschrieben wird.
Priorin Sr. Edith: "die Stadt, die Gott verheißen hat, im Buch der Offenbarung heißt es, die Stadt, die Gott uns bereitet, d. h. wir sind nicht da um in der Stadt für die böse Stadt zu beten, die Stadt ist nicht gut oder böse oder nicht besser oder schlechter als andere Menschern auch der Blick Gottes auf die Stadt ist ein Blick voller Hoffnung und Liebe und Freude und Zuneigung und das soll auch unser Blick sein auf die Stadt, wir beten mit der Stadt, für die Stadt, und sind wirklich da im Herzen Gottes."