"Ein Stolperstein wird es sicherlich nicht werden"
Der CDU-Politiker Gunther Krichbaum erwartet eine baldige Einigung mit der SPD hinsichtlich des von der Union geforderten Entschließungsantrags zu den neuen EU-Begleitgesetzen.
Nana Brink: Und am Telefon begrüße ich jetzt Gunther Krichbaum von der CDU, er ist Vorsitzender des Europaausschusses im Bundestag. Schönen guten Morgen, Herr Krichbaum!
Gunther Krichbaum: Guten Morgen!
Brink: Der Entschließungsantrag scheint noch als Stolperstein auf dem Weg zu einem gemeinsamen Gesetzesentwurf von Union und SPD zu stehen. Scheitert jetzt noch alles, kurz vor dem Ziel?
Krichbaum: Das glaube ich weniger. Es wird vielmehr so sein, dass man hier noch mal die Position verdeutlichen kann, welche Vorstellungen wir haben, und ich bin da auch zuversichtlich, dass wir gerade bei der SPD – mit unserem Koalitionspartner –, hier noch eine Einigung erzielen. Aber ein Stolperstein wird es sicherlich nicht werden.
Brink: Was steht denn in diesem Entschließungsantrag – das ist ja ein sehr komplexes Thema – konkret drin? Worauf pochen Sie?
Krichbaum: Der Entschließungsantrag wird vielmehr jetzt die Gesetzgebung begleiten. Ein Entschließungsantrag ist zunächst, rein technisch gesehen, nicht bindend für das Handeln einer Bundesregierung, und wenn es um den sogenannten völkerrechtlichen Vorbehalt geht, dann würde ich auch das letztlich deswegen nicht überhöhen, weil letztlich jede Regierung an Recht und Gesetz gebunden ist. Das heißt im Klartext: In Artikel 20 Grundgesetz ist es schon verankert, dass natürlich auch eine handelnde Regierung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes gebunden ist.
Brink: Aber warum pochen Sie dann darauf?
Krichbaum: Es wird letztlich so sein, dass hier noch mal unterstrichen wird, welche Bedeutung für uns das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat, aber deswegen, ich darf noch mal unterstreichen: Es ist kein Stolperstein, sondern vielmehr geht jetzt es darum, dass wir mit den Begleitgesetzen auch die Rechtsposition des Bundestages verstärken. Wir hatten bislang eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung, der Bundestag hatte bereits, auch in der Vergangenheit natürlich, seine Rechtsposition gegen der Bundesregierung ausgebaut und gestärkt, aber genau diese sogenannte BBV, wie sie bei uns im Jargon heißt, soll nun eben in Gesetzesform gegossen werden, und das passiert jetzt auch mit dem heutigen Tag.
Brink: Bedeuten diese neuen Gesetze, die das Bundesverfassungsgericht ja angemahnt hat, nun eine Verbesserung des Abstimmungsprozesses zwischen Brüssel und Berlin? Und wenn ja, wie sieht der denn aus?
Krichbaum: Ja, das kann man so in jedem Fall als Ergebnis festhalten. Um hier ein Beispiel zu nennen – weil es gibt da mehrere –, das betrifft die Informationspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag: Es gibt beispielsweise sogenannte Ratsarbeitsgruppen, die in Brüssel dann auch tagen. Und wenn wir als Bundestag letztlich unserer Verantwortung gerecht werden wollen, müssen wir auch darüber informiert werden. Wie gesagt, das war in der Vergangenheit schon in dieser Zusammenarbeitsvereinbarung niedergelegt, es funktionierte auch zu 80 Prozent. Aber dadurch, dass wir jetzt das Ganze nachher in einem Gesetz haben, wird es natürlich auch so sein, dass die Verbindlichkeit dieser Informationspflichten erhöht wird.
Brink: Bei der letzten Europawahl lag ja die Wahlbeteiligung bei 43 Prozent. Werden die europäischen Gesetzesvorhaben, die in Brüssel verhandelt werden, nun mehr im Bundestag gehört? Ich nehme nur mal das Beispiel Feinstaubgesetzesregelung und der Aufruhr, als man plötzlich Plaketten brauchte, um in die Innenstadt zu fahren. Es hat sich herausgestellt, dass das nicht sinnvoll ist. Es wurde eine EU-Maßnahme umgesetzt. Kann so etwas jetzt verhindert werden oder mehr nachgehakt werden vonseiten des Bundestages?
Krichbaum: Also, für die europäische Öffentlichkeit, wie sie ja so oft bezeichnet wird, ist es sicherlich auch mal erforderlich, dass sich ein gewisser Mentalitätswandel bei uns auch abzeichnen muss. Was die Wahlbeteiligung zunächst anging, da ist so manche Kommunalwahl auch nicht unbedingt über den 40 Prozent, was leider sehr bedauerlich ist, aber auf der anderen Seite ist in der Tat es so, dass die Vorgaben, die oftmals aus Brüssel kommen, hier noch nicht die ausreichende Beachtung bekommen. Deswegen: Ich würde mir sehr wünschen, dass die Bedeutung auch der europapolitischen Themen für die Bundesrepublik Deutschland, aber eben bis hinein auch in die einzelnen Gemeinderäte, stärkere Beachtung findet.
Brink: Also findet jetzt die Europäische Union mehr Aufmerksamkeit, auch vonseiten des Bundestages? Das wurde ja unter anderem auch angemahnt vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes.
Krichbaum: Wie ich sagte, das wünsche ich mir selbst natürlich als Bundespolitiker – aber eben doch sehr stark mit europapolitischem Bezug – sehr. Es muss sich sicherlich auch für den Deutschen Bundestag ein gewisser Mentalitätswandel dort abzeichnen. Was ich damit meine, ist, dass wir als Europaausschuss, dass … diese Themen natürlich jede Woche auf der Tagesordnung haben, aber es muss sich auch noch stärker in den einzelnen Fachausschüssen niederschlagen. Es darf nicht dazu führen, dass diese Prozesse beziehungsweise auch all diese Themen gedanklich zu sehr wegdelegiert werden in Richtung des Europaausschusses.
Brink: Ich drehe jetzt den Spieß mal um. Man könnte ja auch argumentieren: Diese Gesetze legen die Bundesregierung an die Leine. Sie kann nicht mehr frei in Brüssel agieren, sondern muss immer das Parlament fragen. Erschwert dies nicht auch den ohnehin schon mühsamen Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene?
Krichbaum: Nein, da legen Sie sozusagen den Finger in die Wunde, denn es ist genau natürlich dieser Balanceakt, den man hier auch in den Gesetzesverhandlungen finden musste und letztlich auch lösen musste. Worum es natürlich geht, ist, dass unsere eigene Regierung, gleichwohl welcher Couleur, in Brüssel handlungsfähig sein muss, das bedeutet: Oftmals ist es in Brüssel so, dass die Kompromisse sehr mühsam erzielt werden müssen und man kann auch durchaus festhalten, dass jede Bundesregierung gute Absichten verfolgt, wenn sie nach Brüssel reist. Aber dann sitzen eben in diesem Moment 26 andere Regierungschefs oder Minister mit am Tisch, die ihre eigenen Vorstellungen haben, das heißt, dann müssen auch Kompromisse möglich sein und erzielbar sein, und deswegen: An dieser Stelle braucht auch eine Bundesregierung die notwendige Flexibilität.
Brink: Gunther Krichbaum von der CDU, er ist Vorsitzender des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Vielen Dank für das Gespräch!
Krichbaum: Ich danke Ihnen!
Gunther Krichbaum: Guten Morgen!
Brink: Der Entschließungsantrag scheint noch als Stolperstein auf dem Weg zu einem gemeinsamen Gesetzesentwurf von Union und SPD zu stehen. Scheitert jetzt noch alles, kurz vor dem Ziel?
Krichbaum: Das glaube ich weniger. Es wird vielmehr so sein, dass man hier noch mal die Position verdeutlichen kann, welche Vorstellungen wir haben, und ich bin da auch zuversichtlich, dass wir gerade bei der SPD – mit unserem Koalitionspartner –, hier noch eine Einigung erzielen. Aber ein Stolperstein wird es sicherlich nicht werden.
Brink: Was steht denn in diesem Entschließungsantrag – das ist ja ein sehr komplexes Thema – konkret drin? Worauf pochen Sie?
Krichbaum: Der Entschließungsantrag wird vielmehr jetzt die Gesetzgebung begleiten. Ein Entschließungsantrag ist zunächst, rein technisch gesehen, nicht bindend für das Handeln einer Bundesregierung, und wenn es um den sogenannten völkerrechtlichen Vorbehalt geht, dann würde ich auch das letztlich deswegen nicht überhöhen, weil letztlich jede Regierung an Recht und Gesetz gebunden ist. Das heißt im Klartext: In Artikel 20 Grundgesetz ist es schon verankert, dass natürlich auch eine handelnde Regierung an die Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichtes gebunden ist.
Brink: Aber warum pochen Sie dann darauf?
Krichbaum: Es wird letztlich so sein, dass hier noch mal unterstrichen wird, welche Bedeutung für uns das Urteil des Bundesverfassungsgerichtes hat, aber deswegen, ich darf noch mal unterstreichen: Es ist kein Stolperstein, sondern vielmehr geht jetzt es darum, dass wir mit den Begleitgesetzen auch die Rechtsposition des Bundestages verstärken. Wir hatten bislang eine Zusammenarbeitsvereinbarung zwischen Bundestag und Bundesregierung, der Bundestag hatte bereits, auch in der Vergangenheit natürlich, seine Rechtsposition gegen der Bundesregierung ausgebaut und gestärkt, aber genau diese sogenannte BBV, wie sie bei uns im Jargon heißt, soll nun eben in Gesetzesform gegossen werden, und das passiert jetzt auch mit dem heutigen Tag.
Brink: Bedeuten diese neuen Gesetze, die das Bundesverfassungsgericht ja angemahnt hat, nun eine Verbesserung des Abstimmungsprozesses zwischen Brüssel und Berlin? Und wenn ja, wie sieht der denn aus?
Krichbaum: Ja, das kann man so in jedem Fall als Ergebnis festhalten. Um hier ein Beispiel zu nennen – weil es gibt da mehrere –, das betrifft die Informationspflichten der Bundesregierung gegenüber dem Bundestag: Es gibt beispielsweise sogenannte Ratsarbeitsgruppen, die in Brüssel dann auch tagen. Und wenn wir als Bundestag letztlich unserer Verantwortung gerecht werden wollen, müssen wir auch darüber informiert werden. Wie gesagt, das war in der Vergangenheit schon in dieser Zusammenarbeitsvereinbarung niedergelegt, es funktionierte auch zu 80 Prozent. Aber dadurch, dass wir jetzt das Ganze nachher in einem Gesetz haben, wird es natürlich auch so sein, dass die Verbindlichkeit dieser Informationspflichten erhöht wird.
Brink: Bei der letzten Europawahl lag ja die Wahlbeteiligung bei 43 Prozent. Werden die europäischen Gesetzesvorhaben, die in Brüssel verhandelt werden, nun mehr im Bundestag gehört? Ich nehme nur mal das Beispiel Feinstaubgesetzesregelung und der Aufruhr, als man plötzlich Plaketten brauchte, um in die Innenstadt zu fahren. Es hat sich herausgestellt, dass das nicht sinnvoll ist. Es wurde eine EU-Maßnahme umgesetzt. Kann so etwas jetzt verhindert werden oder mehr nachgehakt werden vonseiten des Bundestages?
Krichbaum: Also, für die europäische Öffentlichkeit, wie sie ja so oft bezeichnet wird, ist es sicherlich auch mal erforderlich, dass sich ein gewisser Mentalitätswandel bei uns auch abzeichnen muss. Was die Wahlbeteiligung zunächst anging, da ist so manche Kommunalwahl auch nicht unbedingt über den 40 Prozent, was leider sehr bedauerlich ist, aber auf der anderen Seite ist in der Tat es so, dass die Vorgaben, die oftmals aus Brüssel kommen, hier noch nicht die ausreichende Beachtung bekommen. Deswegen: Ich würde mir sehr wünschen, dass die Bedeutung auch der europapolitischen Themen für die Bundesrepublik Deutschland, aber eben bis hinein auch in die einzelnen Gemeinderäte, stärkere Beachtung findet.
Brink: Also findet jetzt die Europäische Union mehr Aufmerksamkeit, auch vonseiten des Bundestages? Das wurde ja unter anderem auch angemahnt vom Beschluss des Bundesverfassungsgerichtes.
Krichbaum: Wie ich sagte, das wünsche ich mir selbst natürlich als Bundespolitiker – aber eben doch sehr stark mit europapolitischem Bezug – sehr. Es muss sich sicherlich auch für den Deutschen Bundestag ein gewisser Mentalitätswandel dort abzeichnen. Was ich damit meine, ist, dass wir als Europaausschuss, dass … diese Themen natürlich jede Woche auf der Tagesordnung haben, aber es muss sich auch noch stärker in den einzelnen Fachausschüssen niederschlagen. Es darf nicht dazu führen, dass diese Prozesse beziehungsweise auch all diese Themen gedanklich zu sehr wegdelegiert werden in Richtung des Europaausschusses.
Brink: Ich drehe jetzt den Spieß mal um. Man könnte ja auch argumentieren: Diese Gesetze legen die Bundesregierung an die Leine. Sie kann nicht mehr frei in Brüssel agieren, sondern muss immer das Parlament fragen. Erschwert dies nicht auch den ohnehin schon mühsamen Gesetzgebungsprozess auf EU-Ebene?
Krichbaum: Nein, da legen Sie sozusagen den Finger in die Wunde, denn es ist genau natürlich dieser Balanceakt, den man hier auch in den Gesetzesverhandlungen finden musste und letztlich auch lösen musste. Worum es natürlich geht, ist, dass unsere eigene Regierung, gleichwohl welcher Couleur, in Brüssel handlungsfähig sein muss, das bedeutet: Oftmals ist es in Brüssel so, dass die Kompromisse sehr mühsam erzielt werden müssen und man kann auch durchaus festhalten, dass jede Bundesregierung gute Absichten verfolgt, wenn sie nach Brüssel reist. Aber dann sitzen eben in diesem Moment 26 andere Regierungschefs oder Minister mit am Tisch, die ihre eigenen Vorstellungen haben, das heißt, dann müssen auch Kompromisse möglich sein und erzielbar sein, und deswegen: An dieser Stelle braucht auch eine Bundesregierung die notwendige Flexibilität.
Brink: Gunther Krichbaum von der CDU, er ist Vorsitzender des Bundestagsausschusses für die Angelegenheiten der Europäischen Union. Vielen Dank für das Gespräch!
Krichbaum: Ich danke Ihnen!