Ein Stummfilm in der Oper
Nach der wunderbaren Inszenierung von Alban Bergs "Wozzeck" im vergangenen Jahr bei den Festtagen der Staatsoper Berlin durch Andrea Breth folgt nun Bergs zweite Oper "Lulu". Ebenfalls inszeniert durch Andrea Breth und wieder unter der musikalischen Leitung von Daniel Barenboim.
Im vergangenen Jahr hatte die Regisseurin Andrea Breth mit ihrer Inszenierung von Alban Bergs erster Oper "Wozzeck" mit einer strengen, alles Überflüssige weglassenden Lesart bei den Festtagen der Berliner Staatsoper einen grandiosen Erfolg feiern können. Nun folgte hier ihr zweiter Streich, Alban Bergs unvollendet gebliebene zweite Oper "Lulu", und die Erwartungen waren entsprechend hoch.
"Hereinspaziert in die Menagerie". Dieser Prolog des Tierbändigers fehlt, stattdessen gibt es einen kurzen Text des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard, der das folgende Geschehen als Erinnerung einordnet. Wenn sich dann der Eiserne Vorhang gänzlich hebt, ertönt ein Schrei. Ein solcher Schrei wiederholt sich am Ende. Dazwischen ereignet sich Lulus Schicksal in einem düsteren, grauen Einheitsraum, den Erich Wonder geschaffen hat, eine leere Fabrikhalle, am linken Rande Autowracks, die ineinander verkeilt sind und ein paar Eisenverstrebungen.
Nichts soll von den zwischenmenschlichen Katastrophen ablenken. Die Strenge des "Wozzeck" schwebte der Regisseurin wohl vor, jedoch über weite Strecken scheint sie sich der Oper zu verweigern. Eine Ausnahme: wenn Lulu Dr. Schön zwingt, seiner Verlobten einen Absagebrief zu schreiben, dann hockt sie rittlings auf dessen Rücken wie die Hexe Baba Yaga. Ansonsten bleibt Breths Inszenierung eher im Stil eines szenischen Oratoriums. Die Regisseurin hat gleichsam ein Bilderverbot über die Oper verhängt, woran ein paar Statisten, die manchmal Handlungen und Figuren doppeln, nichts ändern - Stummfilm in der Oper. Die Personen stellen keine Beziehung zueinander her, sie tun nicht, was das, was sie singen.
Gesungen wird wunderbar, besonders von Mojca Erdmann in der Titelpartie, und doch ist sie mehr eine Lolita als die "Femme fatale" Lulu und von Michael Volle in der Rolle des Dr. Schön. Daniel Barenboim dirigiert sehr kammermusikalisch und somit sängerfreundlich. Alban Bergs Zwölftonmusik wirkt mittlerweile auf ein heutiges Publikum fast schon kulinarisch, das Schockierende ihrer Entstehungszeit ist ihr abhandengekommen.
Der musikalische Torso des 3. Akts ist von David Robert Coleman vollendet worden unter Hinzufügung von einigen Jazzinstrumenten, aber unter Verzicht auf das Paris-Bild, was die Symmetrie der Oper, auf die der Komponist Alban Berg großen Wert gelegt hatte, beträchtlich stört. Aufstieg und Fall der Lulu, die alle Männer betört und somit um ihr Leben bringt, und die am Ende durch den berüchtigten Frauenmörder Jack the Ripper selbst zum Opfer wird, sind hier bloße Behauptung.
Wird dem norwegischen Regisseur Stefan Herheim, dessen "Lulu" gerade an der Semperoper in Dresden zu sehen ist (MOZ berichtete darüber), seine Bilderflut und sein Assoziationsreichtum deckten die Musik zu, so verweigert sich Andrea Breth konsequent jeglicher Opulenz. Das bekommt der Musik, aber nicht der Oper. Eine schwarz-weiße Inszenierung (die Männer tragen alle schwarz, Lulu ist silberweiß gewandet) in der nur die Gräfin Geschwitz als lesbische Geliebte in lila Farbe zeigen darf. Eine gekürzte "Lulu" und doch ein langer Abend.
"Hereinspaziert in die Menagerie". Dieser Prolog des Tierbändigers fehlt, stattdessen gibt es einen kurzen Text des dänischen Philosophen Sören Kierkegaard, der das folgende Geschehen als Erinnerung einordnet. Wenn sich dann der Eiserne Vorhang gänzlich hebt, ertönt ein Schrei. Ein solcher Schrei wiederholt sich am Ende. Dazwischen ereignet sich Lulus Schicksal in einem düsteren, grauen Einheitsraum, den Erich Wonder geschaffen hat, eine leere Fabrikhalle, am linken Rande Autowracks, die ineinander verkeilt sind und ein paar Eisenverstrebungen.
Nichts soll von den zwischenmenschlichen Katastrophen ablenken. Die Strenge des "Wozzeck" schwebte der Regisseurin wohl vor, jedoch über weite Strecken scheint sie sich der Oper zu verweigern. Eine Ausnahme: wenn Lulu Dr. Schön zwingt, seiner Verlobten einen Absagebrief zu schreiben, dann hockt sie rittlings auf dessen Rücken wie die Hexe Baba Yaga. Ansonsten bleibt Breths Inszenierung eher im Stil eines szenischen Oratoriums. Die Regisseurin hat gleichsam ein Bilderverbot über die Oper verhängt, woran ein paar Statisten, die manchmal Handlungen und Figuren doppeln, nichts ändern - Stummfilm in der Oper. Die Personen stellen keine Beziehung zueinander her, sie tun nicht, was das, was sie singen.
Gesungen wird wunderbar, besonders von Mojca Erdmann in der Titelpartie, und doch ist sie mehr eine Lolita als die "Femme fatale" Lulu und von Michael Volle in der Rolle des Dr. Schön. Daniel Barenboim dirigiert sehr kammermusikalisch und somit sängerfreundlich. Alban Bergs Zwölftonmusik wirkt mittlerweile auf ein heutiges Publikum fast schon kulinarisch, das Schockierende ihrer Entstehungszeit ist ihr abhandengekommen.
Der musikalische Torso des 3. Akts ist von David Robert Coleman vollendet worden unter Hinzufügung von einigen Jazzinstrumenten, aber unter Verzicht auf das Paris-Bild, was die Symmetrie der Oper, auf die der Komponist Alban Berg großen Wert gelegt hatte, beträchtlich stört. Aufstieg und Fall der Lulu, die alle Männer betört und somit um ihr Leben bringt, und die am Ende durch den berüchtigten Frauenmörder Jack the Ripper selbst zum Opfer wird, sind hier bloße Behauptung.
Wird dem norwegischen Regisseur Stefan Herheim, dessen "Lulu" gerade an der Semperoper in Dresden zu sehen ist (MOZ berichtete darüber), seine Bilderflut und sein Assoziationsreichtum deckten die Musik zu, so verweigert sich Andrea Breth konsequent jeglicher Opulenz. Das bekommt der Musik, aber nicht der Oper. Eine schwarz-weiße Inszenierung (die Männer tragen alle schwarz, Lulu ist silberweiß gewandet) in der nur die Gräfin Geschwitz als lesbische Geliebte in lila Farbe zeigen darf. Eine gekürzte "Lulu" und doch ein langer Abend.