Ein Sultan für die Frauen

Von Carsten Kühntopp |
In Oman kommt die Frauenförderung von ganz oben: Es ist der Sultan, der Sorge dafür trägt, dass das Bild von entmündigten und weggesperrten Frauen auf dem Rückzug ist.
Eine Villa in einem schicken Vorort von Maskat, der Sitz der Marketingfirma "Envent". In der Einfahrt eine chromglänzende Sportlimousine aus deutscher Produktion − der Wagen der Chefin, Salma al-Hashmi:

"Ich wollte meinen Traum erfüllen, meine Vision − ich wollte Unternehmerin werden. Ich dachte lange darüber nach, was mich wirklich befriedigen würde. Und so beschloss ich, meinen alten Job aufzugeben und mich selbständig zu machen, was mich zunächst echt Nerven kostete."

Wie die anderen Monarchien am Persischen Golf ist auch Oman ein sozial konservatives Land. Die Tradition verlangt, dass der Mann für den Unterhalt der Familie sorgt, während sich die Frau um Kinder und Haushalt kümmert. Dass Salma al-Hashmi eine Firma leitet, sprengt die alte Rollenverteilung.

Al-Hashmis Outfit ist ein Mix zwischen traditionell und modern: Sie trägt eine Hose und eine Bluse − und, wie für omanische Frauen üblich, ein Kopftuch:

"Es ist gut, dass unsere Gesellschaft von Männern dominiert wird. Denn wohin auch immer ich als Frau komme, habe ich das Gefühl, auf einem roten Teppich empfangen zu werden. Bei Behörden, zum Beispiel: Da sind lauter Männer, und weil ich die einzige Frau bin, kriege ich eine Vorzugsbehandlung."

Salma al-Hashmi, Mitte 30, Mutter von zwei Kindern, weiß ihren Mann hinter sich. Ihre Firma ist nun bald fünf Jahre alt, der Umsatz wird dieses Jahr erstmals umgerechnet zwei Millionen Euro erreichen. Mittlerweile beschäftigt sie neun Angestellte − einen Mann und acht Frauen. Al-Hashmi organisiert die Arbeit so, dass die Mütter in ihrer Belegschaft flexibel sind:

"Eine von ihnen hat zwei kleine Kinder. Wenn eines plötzlich krank ist, dann kann sie einfach zu Hause bleiben und von dort arbeiten. Dazu habe ich ihr einen Internetzugang nach Hause legen lassen. Wann immer sie also bei der Familie bleiben muss, hat sie dort alles, was sie für ihre Arbeit für die Firma braucht."

Familie oder Beruf − auch in Oman entscheiden sich immer mehr Frauen für beides. Was ihnen hilft, ist die Verfügbarkeit billiger Kindermädchen aus Südostasien. Was es erschwert, ist die Tatsache, dass gerade in der Stadt immer mehr Menschen in Kleinfamilien leben, während früher mehrere Generationen unter einem Dach waren.

Auhoud al-Bulushi ist Autorin einer Studie über berufstätige Frauen im Land:

"Alle Frauen, mit denen ich sprach, berichteten von den Schuldgefühlen, die sie als berufstätige Mütter haben. Wer verheiratet ist und arbeitet − das ist okay, aber wenn dann ein Kind kommt, das verändert das Leben der Mütter und hoffentlich auch das der Väter."

Vor 40 Jahren war Oman das vielleicht rückständigste Land der Region. Doch dann kam ein neuer Sultan an die Macht, Qaboos bin Said al-Said, der Oman in einem atemberaubenden Tempo modernisierte. So schnell geschah das, dass die alte Generation Mühe hatte, Schritt zu halten:

"Als ich ein Teenager war, Mitte der 80er-Jahre, da machte meine ältere Schwester Abitur. Sie hatte das beste ihres Jahrgangs. Damit hätte sie irgendwo auf der Welt studieren können, mit einem Vollstipendium der Regierung. Aber mein Vater untersagte ihr das. Dass meine Schwester alleine ins Ausland reist und dort studiert, kam für ihn nicht in Frage. Nur vier Jahre später war ich an der Reihe: Ich studierte hier an der Sultan-Qaboos-Universität und meinen Doktor machte ich dann in Großbritannien − und mein Vater war unglaublich stolz auf mich!"

Nun ist Auhoud al-Bulushi Wissenschaftlerin und arbeitet in führender Funktion an der Sultan-Qaboos-Universität, der größten staatlichen Hochschule des Landes. Und sie zieht vier Kinder groß. An der Universität studieren Männer und Frauen zusammen. Von Anfang an hatte die Hochschule das Ziel, dass der Anteil der Studentinnen 50 Prozent betragen soll, in etwa so wie in der Gesellschaft, sagt Ali al-Bemani, der Vize-Rektor:

"Nach der Gründung 1986/87 war es ein Problem, die Leute davon zu überzeugen, ihre Töchter hier studieren zu lassen. Wir mussten den Eltern versprechen, dass dies ein sicherer Ort für ihre Töchter ist. Heute wollen sie alle kommen. Und wenn wir nicht die 50/50-Regel hätten, hätten wir bald einen Frauenanteil von 70 Prozent. Die Rolle der Frauen im Land hat sich also geändert."

Bei der Modernisierung Omans legte Sultan Qaboos großen Wert darauf, dass das kulturelle Erbe so weit wie möglich bewahrt wurde. Nicht so bei der Rolle der Frau: Hier brach der Sultan bewusst mit der Tradition. Der Wandel kam von oben, sagt die Unternehmerin Salma al-Hashmi:

"Wir sollten Seiner Majestät danken, weil er einen Schwerpunkt auf die Berufstätigkeit von Frauen gelegt hat und darauf, dass Frauen in verschiedenen Bereichen vorankommen. Und er tat das, indem er als gutes Beispiel voranging. So war Oman der erste Golfstaat, der eine Ministerin hatte. Der Sultan führt, und die anderen folgen ihm."