Ein Tag für Nicolaus A. Huber (3/3)
"Aion" (1968/72) für vierkanaliges Tonband und Gerüche
Ackerstadtpalast Berlin
Aufzeichnung vom 06.09.2019
anschließend:
"Harakiri" (1971)
für 25 Musiker, einen Dirigenten, eine Sprecherin, Tonband und Lautsprecher
Barbara Stoll, Sprechstimme
Radio-Sinfonieorchester Stuttgart
Leitung: Zsolt Nagy
Elementargeheimnisse
Nicolaus A. Huber sieht unsere Wahrnehmung weitgehend durch Symbole und die archetypische Disponiertheit unserer Psyche geprägt. Ist eine Musik denkbar, die solche Zusammenhänge erfahrbar und durchlässig macht?
Am 15. Dezember feierte Nicolaus A. Huber seinen 80. Geburtstag.
Der Berliner Flötist Erik Drescher hat dies zum Anlass genommen, einen "Tag für Nicolaus A. Huber" im Ackerstadtpalast Berlin zu organisieren.
Deutschlandfunk Kultur hat die Konzerte vom 6. September 2019 aufgezeichnet um sie in drei Teilen auszustrahlen.
Der dritte Teil vereint zwei Stücke vom Anfang der 1970er Jahre, einer Periode, die unter dem Stichwort "kritisches Komponieren" steht. Huber war Ende Zwanzig, und den an Luigi Nonos historischer Materialsensitivität geschulten Komponisten interessierten grundsätzliche Fragen des Musikmachens und Musikverstehens.
Der Berliner Flötist Erik Drescher hat dies zum Anlass genommen, einen "Tag für Nicolaus A. Huber" im Ackerstadtpalast Berlin zu organisieren.
Deutschlandfunk Kultur hat die Konzerte vom 6. September 2019 aufgezeichnet um sie in drei Teilen auszustrahlen.
Der dritte Teil vereint zwei Stücke vom Anfang der 1970er Jahre, einer Periode, die unter dem Stichwort "kritisches Komponieren" steht. Huber war Ende Zwanzig, und den an Luigi Nonos historischer Materialsensitivität geschulten Komponisten interessierten grundsätzliche Fragen des Musikmachens und Musikverstehens.
Aion
1968 entwarf Nicolaus A. Huber "Aion", eine Tonbandkomposition entlang archetypischer Energieverläufe. Archetypen sind unbewusste psychische Gebilde, die unabhängig von der Einstellung unseres Bewusstseins Wirklichkeit besitzen. Da für Huber auch die Tonalität auf solch funktionellen Dispositionen fußt, stellte sich ihm die Frage, ob eine Musik denkbar wäre, die diese Zusammenhänge erfahrbar und durchlässig macht?
Der Komponist entwarf eine grafische Skizze von Zusammenhängen, die er 1972 mit konkreten Klängen, Stimmen, Instrumentalisten, Elektronik und Gerüchen verwirklichte.
Der Komponist entwarf eine grafische Skizze von Zusammenhängen, die er 1972 mit konkreten Klängen, Stimmen, Instrumentalisten, Elektronik und Gerüchen verwirklichte.
Mit Süße und Herbheit
Im Ackerstadtpalast wurde das Stück über vier Lautsprecher ausgestrahlt, angereichert mit Gerüchen, die wie musikalische Ereignisse eingesetzt wurden: Orangen, Rosen, Minze, kultisches Räucherwerk, ein Fisch, ätzende, modrige herb-würzige Düfte und verschieden süße Parfums.
"Aion", sagt Huber, "ist ein Stück über die energetischen Elementargeheimnisse der Tonalität, ihres (veralteten? noch nicht besiegten, unbesiegbaren?) Libidoreichtums."
Harariki
Komplettiert wird das Programm mit einem seiner umstrittensten Stücke der 70er Jahre: "Harakiri" für kleines Orchester und Tonband.
Man könnte sagen, "Harakiri" gehöre zur Gattung einer "Musik über Musik", denn hier geschieht im Grunde nichts weiter, als dass ein zentrales musikalisches Ausdrucksmittel des 19. Jahrhunderts - das Crescendo - auf seine ideologischen Implikationen hin befragt wird.
Indem er einen dynamischen Verlauf übersteigert darstellt, kritisiert N. A. Huber die Selbstverständlichkeit, mit der das Publikum mit simplen dramaturgischen Tricks beeindruckt werden soll, aber auch die Bereitschaft, sich emotional berauschen und verführen lassen.
"Dadurch, so der Komponist, "dass zu Hörendes und Musik sich nicht mehr decken, ist es schwer gemacht, das, was Elemente der Musik darstellen soll, selbst als Musik misszuverstehen".
Indem er einen dynamischen Verlauf übersteigert darstellt, kritisiert N. A. Huber die Selbstverständlichkeit, mit der das Publikum mit simplen dramaturgischen Tricks beeindruckt werden soll, aber auch die Bereitschaft, sich emotional berauschen und verführen lassen.
"Dadurch, so der Komponist, "dass zu Hörendes und Musik sich nicht mehr decken, ist es schwer gemacht, das, was Elemente der Musik darstellen soll, selbst als Musik misszuverstehen".
(nau)