Ein Tag in Los Angeles

Von Kerstin Zilm |
Los Angeles ist eine Stadt mit vielen Gesichtern, wo unermesslicher Reichtum und extreme Armut dicht bei einander wohnen. Regisseur Paul Haggis hat das zum Thema seines Films "L.A. Crash" gemacht. Eine Fahrt durch Los Angeles wird zu einem faszinierenden Trip durch unterschiedlichste Lebensbereiche.
Los Angeles, Stadt der Palmen, Hollywoodstars, Einwanderer, Überlebenskünstler und Bandenmitglieder. Klischees – die nur einen Teil der Realität treffen. Das Lebensgefühl in der Vier-Millionen-Stadt hängt davon ab, wo man lebt. Es ist gut möglich, in einem Stadtteil zu leben, ohne etwas vom Viertel nebenan zu wissen. Und auch, innerhalb eines Tages in völlig unterschiedliche Welten zu geraten. Dieser Tag könnte beginnen im Südosten der Stadt.

Ein Polizeiauto rast vorbei an Einfamilienhäusern mit gepflegten Vorgärten, mannshohen Eisenzäunen, verwahrlosten Häusern mit vernagelten Fenstern und heruntergekommenen Hochhäusern des sozialen Wohnungsbaus. Wut und Frust unter den Bewohnern – meist Schwarze und Latinos - sind groß: darüber, dass Kinder mit Waffen in die Schule gehen, dass Medien nur auftauchen, wenn es negative Schlagzeilen gibt. Dass zu viele Tatsachen negative Klischees bestätigen. Rund 270 Morde hat die Polizei von Los Angeles in diesem Jahr in der Stadt registriert, die meisten davon hier.

"Du kannst nicht einkaufen gehen, nicht in den Park, kannst deine Kinder nicht im Auto mitnehmen, weil du Angst hast, was passieren könnte.

Terrorismus, Krieg – wir haben es hier. Und was tun wir dagegen? Wir müssen aufhören zu fragen, was andere tun sollten. Wir müssen rebellieren, es muss einen Aufschrei geben."

Ein paar Kilometer weiter nördlich – am Rand der Wolkenkratzer-Skyline - trifft man auf ein Touristenidyll: Olvera Street, Siedlungsort spanischer Eroberer, die El Pueblo des Los Angeles 1781 gegründet haben, seit 1930 umgewandelt in einen Marktplatz aus mexikanischem Kitsch, inklusive ausgestopftem Esel, Mariachi-Bands und Restaurants, in die auch Geschäftsleute aus den Wolkenkratzern zum Mittagessen kommen.

Oben am Hügel reflektieren die gebogenen Stahlwände der vom Architekten Frank Gehry entworfenen Philharmonie die Sonne. Vor dem Rathaus nebenan wurde Anfang Mai Bürgermeister Antonio Villaraigosa ins Amt eingeführt. Der Sohn mexikanischer Einwanderer machte Schlagzeilen mit seinem Aufstieg aus Armut zum Bürgermeister einer Millionenstadt, in der 45 Prozent der Einwohner lateinamerikanischer Herkunft sind, 30 Prozent weiß, 11 Prozent Schwarz und 10 Prozent asiatischer Herkunft.

Madonna: "Lasst uns zusammen träumen. Von einem Los Angeles, in dem Kinder sicher zur Schule gehen können, wo sie eine Bildung bekommen, die ihnen eine echte Chance gibt, ihre Träume zu verwirklichen. In dieser Stadt grenzenloser Kreativität und endlosen Reichtums muss es Mittel und den Willen geben, mehr Polizisten einzustellen."

Kreativität und Reichtum residieren in Hügeln im Nordwesten der Wolkenkratzer. Hollywoodstars posieren mit Diamanten und Designerroben auf roten Teppichen für Kameras und treffen sich zur Happy Hour an türkis schimmernden Swimmingpools. Lange Limousinen mit verdunkelten Scheiben rollen über den Sunset Strip. Der windet sich unter Palmen vorbei an großen Hecken: den Villen und Hotels von Beverly Hills und Bel Air gen Westen zum Meer.

In den Wellen nutzen Surfer das Licht des Sonnenuntergangs und hoffen auf eine Begegnung mit Delphinen. Vom Pier in Santa Monica sieht man das bunte Blinken der Lichter des Riesenrads. An den Buden daneben kaufen Liebespaare Zuckerwatte und Hot Dogs.

Etwas weiter südlich, am Strand von Venice, lockt eine Band Touristen an, die Gewichtheber des Freiluft-Fitnesscenters in Muscle Beach packen ihre Sachen zusammen, grüssen Hippies und Obdachlose, die noch eine Weile bleiben:

"Für mich ist dieser Ort spirituell. Andere gehen in die Kirche, Moschee oder einen Tempel. Ich komme hierher. Es macht meinen Kopf frei. Hier gibt’s keine negativen Schwingungen. Ein richtig cooler Ort."

Touristen wird empfohlen, nach Einbruch der Dunkelheit diesen Ort zu meiden. Gangs haben auch hier Territorium erobert.
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