Verkehrsexperiment mit Zukunft
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Hannover wollte am ersten Adventswochenende viele Autofahrer zum Umstieg auf Bus und Bahn überreden. Gelockt wurde mit Gratis-Fahrten mit allen öffentlichen Verkehrsmitteln. Kosten der Aktion: rund 600.000 Euro. Das Fazit fällt positiv aus.
"Linie 2 – Alte Heide" - U-Bahnhof Kröpke – einer der Knotenpunkte im Netz der U- und S-Bahnen in Hannover. Entsprechend voll ist es hier bereits am Vormittag. Seit ein paar Stunden läuft das Experiment "kostenloser ÖPNV in der Region Hannover". Und es scheint zu funktionieren: Offenbar lassen mehr Menschen das eigene Auto stehen, weil Busse und Bahnen kostenlos fahren.
Die Rechnung geht auf – und zwar ganz entspannt, freut sich der Vorstandsvorsitzende der Hannoverschen Verkehrsbetriebe Üstra, Volkhardt Klöppner: "Die Bahnen kommen hier gerade im Minutentakt rein! Wir haben eine deutliche Vergrößerung unseres Angebots heute. Wahrscheinlich ist hier noch nie jemand so entspannt an einem Adventssamstag gefahren. Weil wir die Taktung so verdichtet haben, weil wir so viel mehr Bahnen auf der Strecke haben, und weil wir mit Mann und Maus unterwegs sind."
Es soll die berühmte Nagelprobe sein für ein Umdenken in Sachen Mobilität. Wie kann die Verkehrswende in Hannover tatsächlich funktionieren? Um das herauszufinden stand das Experiment am Sonnabend unter genauer Beobachtung.
Viele Ansätze für bessere Mobilität
"Wir haben externe Gutachter und Marktforschungsinstitute beauftragt, Kunden werden befragt, unsere Fahrer werden befragt, wir analysieren unsere Pünktlichkeitswerte. Wir versuchen wirklich zu lernen, auf welchen Strecken hat wie was funktioniert", sagt Klöppner. "Und wir sind ja jetzt nicht einfach mehr auf der Straße. Wir haben Park-and-Ride ausgebaut, wir haben die Fahrradnutzung verbessert, wir haben tatsächlich Strecken für den Autoverkehr etwas schwerer gemacht, damit wir dort leichter durchkommen. Es ist ein Komplettpaket."
Aus diesem Experiment werde man sicher wertvolle Erfahrungen für künftige Aktionen gewinnen, freute sich Hannover gerade frisch gewählter grüner Oberbürgermeister Belit Onay.
Wie die aussehen könnten – ob generell kostenloser ÖPNV oder zumindest deutlich niedrigere Ticketkosten – das ließ er erst einmal offen. Überhaupt wollte sich so recht kaum jemand mit Blick auf das Thema "Kosten im ÖPNV" wirklich festlegen.
Dauerhaft kostenloser ÖPNV nicht möglich
Auch nicht Regina Oelfke von der Regiobus, die sich mit zusätzlichen kostenlosen Busverbindungen aus dem Hannoverschen Umland an der Aktion beteiligt hat: "Das muss in erster Linie der Aufgabenträger tun, also die Region Hannover gemeinsam mit den Unternehmen, die im Großraum-Verkehr Hannover verbunden sind. Konzepte auszuarbeiten, um ÖPNV so anzubieten, dass er durch die Kunden angenommen wird – das muss der Fokus sein!"
Eine klare Ansage gab es dann aber doch. Der Verkehrsdezernent der Region Hannover, Ulf-Birger Franz, stellte klar, dass dauerhaft kostenloser Nahverkehr nicht finanzierbar sei. Man brauche ganz einfach die Einnahmen aus dem ÖPNV, wenn man ihn zukunftsfähig ausbauen wolle. Die Mehrzahl der Fahrgäste dagegen hatte das Experiment überzeugt – vielleicht nicht kostenlos, aber deutlich billiger müssten Bus und Bahn auf jeden Fall werden.
"An sich finde ich das ganz gut. Aber ich weiß nicht, ob auch genug Werbung dafür gemacht wurde", meint eine Frau. Ein anderer Fahrgast sagt: "Im Moment ist es ja noch so, dass ein Ein-Zonen-Ticket fast schon teurer ist als ein Parkticket in der Innenstadt – und das ist ja schon ein großes Hindernis erstmal für viele, dass sie sagen, dann fahr ich lieber mit dem Auto, dann habe ich meinen Parkplatz, wo ich dann die Tüten abladen kann."
Auch andere Städte in Bewegung
Es war ein Experiment – und wie das so ist mit Experimenten: Es machen vielleicht viele, aber nicht alle mit. In Hannover waren jedenfalls viele Parkhäuser in der Innenstadt bereits am Mittag voll.
Dranbleiben heißt deshalb das Motto für den Üstra-Vorstandsvorsitzenden Volkhardt Klöppner, andere machen schließlich auch mit: "Ich höre, dass andere Verkehrsunternehmen jetzt nachziehen. Die Bogestra, Bochum-Gelsenkirchen, machen am 21.12. genau das gleiche, und auch andere Städte denken in so eine Richtung. Wir müssen was ändern!"