Ein Zeppelin aus heißer Luft
Banale Geschichte, eintönige Musik, schwache handwerkliche Regie-Umsetzung: Das Stück "Benzin" von Emil Nikolaus von Reznicek ist ein überflüssiges Musiktheater, das in Chemnitz nun zu später Ehre kommt.
Nein, das macht gar nichts. Wir bleiben trotzdem Fans der Chemnitzer Oper. Und fahren wieder hin, wenn Erstaufführungen (Peter Eötvös) oder Raritäten (Pfitzner, Nicolai, Schreker) locken. Spannende Werke abseits des Kernrepertoires in teils riskanten Inszenierungen: dafür lieben wir Chemnitz.
Und jetzt ist die musiktheatrale Archäologie eben einmal gründlich schief gegangen, was soll’s? Immerhin weckte vor allem der Name des Komponisten gewisse Erwartungen. Emil Nikolaus von Reznicek ist gebürtiger Wiener im Jahre 1860, starb 1945 in Berlin, hatte dazwischen eine veritable Kapellmeisterkarriere und schrieb nebenbei Bühnenmusiken für Max Reinhardt und – meist leichte – Opern. Seine "Donna Diana" aus dem Jahr 1894 kennt man noch heute (zumindest die Ouvertüre), damals war’s ein Hit und sogar Gustav Mahler outete sich als großer Fan des kurzweiligen, leicht carmenesken Zweistünders.
Auch "Benzin" kommt auf zwei Stunden, inklusive Pause. Das musikalische Material hingegen erschöpft sich binnen 30 Minuten: einige Tupfer Wagner, etliche Portionen Richard-Strauss-Rausch, dazu vielleicht etwas Max von Schillings und noch drei Auftritte einer Jazzband, das alles ist wenig ergiebig zur Ausmalung oder Unterfütterung einer Handlung. Diese freilich ist ebenso banal wie krude: Ein Zeppelinkapitän landet not auf einer Insel mit erheblichen Benzinvorräten, ein reiches Girlie lebt dort und fängt Männer mittels Zauberkräften ein, nur der Himmels-Kommandant zickt und so herrscht am Ende weibliches Wehklagen, bis sich Ulysses Eisenhardt – nach einem Selbstmordversuch! – doch noch Gladys Thunderbolt widmet und sie mit an Bord nimmt. Dazu kommen noch ablenkende Nebenstränge mit weiteren Paaren und Passanten, die aber leider die dramaturgisch dünne Kernhandlung nicht retten können. Eigentlich wollte Reznicek Motive aus der Odyssee und von Calderón de la Barca in die Gegenwart holen, na ja…
Rezniceks Musik dient sich mal der zotigen Sprache an, mal konterkariert sie, vielleicht unfreiwillig, das Bühnengeschehen. So gibt es kleine raue Blechinterventionen und kratzfüßige Streicherglissandi an Stellen, wo szenisch wenig bis nichts passiert. Insgesamt bleibt alles kleinteilig, ohne Zusammenhang, es tauchen ein paar Tangotakte auf, sofort flimmert’s hier, kracht’s dort. Als ob da jemand krampfhaft versucht, sich nicht festzulegen, nur ja keinem Stil oder Vorbild zu folgen – und gerade deshalb tut er es um so mehr. Warum "Benzin" im Entstehungsjahr 1929 nicht uraufgeführt wurde, darüber kann man nur spekulieren. Möglicherweise hatte es mit dem damals wichtigsten Pressemagnaten und Zeppelinfan William Randolph Hearst zu tun, den man nicht verärgern wollte.
In Chemnitz entzieht sich das Regieteam um den Briten Martin Duncan allen konkreten Deutungen und setzt auf banal bunte Revuebilder ohne doppelten Boden, das alles zudem handwerklich sehr schwach. Der Zeppelin sieht aus wie ein Gestell mit zusammengenähten Strumpfhosen, im zweiten Teil gibt es ein modernes Loft, vorne ist ein Strand angedeutet. Zu Foxtrott oder Jazzrhythmen bewegt man eifrig Hände und Hüften, überhaupt wird vor allem und von allen gerannt und gealbert was das Zeug hält – aber keine Oper aushält.
Die Musiker der Robert-Schumann-Philharmonie kommen unter Frank Beermann dagegen nicht wirklich ins Schwitzen, verhalten und matt rieselt es da aus dem Graben. Johanna Stojkovic schlägt sich tapfer durch die recht lange Partie der Zauberin und in Carsten Süss hat sie ein ordentlich intonierendes Gegenüber. Herausragend sind einzig Andreas Kindschuh und Guibee Yang in kleineren Partien.
Informationen der Chemnitzer Oper zu "Benzin"
Und jetzt ist die musiktheatrale Archäologie eben einmal gründlich schief gegangen, was soll’s? Immerhin weckte vor allem der Name des Komponisten gewisse Erwartungen. Emil Nikolaus von Reznicek ist gebürtiger Wiener im Jahre 1860, starb 1945 in Berlin, hatte dazwischen eine veritable Kapellmeisterkarriere und schrieb nebenbei Bühnenmusiken für Max Reinhardt und – meist leichte – Opern. Seine "Donna Diana" aus dem Jahr 1894 kennt man noch heute (zumindest die Ouvertüre), damals war’s ein Hit und sogar Gustav Mahler outete sich als großer Fan des kurzweiligen, leicht carmenesken Zweistünders.
Auch "Benzin" kommt auf zwei Stunden, inklusive Pause. Das musikalische Material hingegen erschöpft sich binnen 30 Minuten: einige Tupfer Wagner, etliche Portionen Richard-Strauss-Rausch, dazu vielleicht etwas Max von Schillings und noch drei Auftritte einer Jazzband, das alles ist wenig ergiebig zur Ausmalung oder Unterfütterung einer Handlung. Diese freilich ist ebenso banal wie krude: Ein Zeppelinkapitän landet not auf einer Insel mit erheblichen Benzinvorräten, ein reiches Girlie lebt dort und fängt Männer mittels Zauberkräften ein, nur der Himmels-Kommandant zickt und so herrscht am Ende weibliches Wehklagen, bis sich Ulysses Eisenhardt – nach einem Selbstmordversuch! – doch noch Gladys Thunderbolt widmet und sie mit an Bord nimmt. Dazu kommen noch ablenkende Nebenstränge mit weiteren Paaren und Passanten, die aber leider die dramaturgisch dünne Kernhandlung nicht retten können. Eigentlich wollte Reznicek Motive aus der Odyssee und von Calderón de la Barca in die Gegenwart holen, na ja…
Rezniceks Musik dient sich mal der zotigen Sprache an, mal konterkariert sie, vielleicht unfreiwillig, das Bühnengeschehen. So gibt es kleine raue Blechinterventionen und kratzfüßige Streicherglissandi an Stellen, wo szenisch wenig bis nichts passiert. Insgesamt bleibt alles kleinteilig, ohne Zusammenhang, es tauchen ein paar Tangotakte auf, sofort flimmert’s hier, kracht’s dort. Als ob da jemand krampfhaft versucht, sich nicht festzulegen, nur ja keinem Stil oder Vorbild zu folgen – und gerade deshalb tut er es um so mehr. Warum "Benzin" im Entstehungsjahr 1929 nicht uraufgeführt wurde, darüber kann man nur spekulieren. Möglicherweise hatte es mit dem damals wichtigsten Pressemagnaten und Zeppelinfan William Randolph Hearst zu tun, den man nicht verärgern wollte.
In Chemnitz entzieht sich das Regieteam um den Briten Martin Duncan allen konkreten Deutungen und setzt auf banal bunte Revuebilder ohne doppelten Boden, das alles zudem handwerklich sehr schwach. Der Zeppelin sieht aus wie ein Gestell mit zusammengenähten Strumpfhosen, im zweiten Teil gibt es ein modernes Loft, vorne ist ein Strand angedeutet. Zu Foxtrott oder Jazzrhythmen bewegt man eifrig Hände und Hüften, überhaupt wird vor allem und von allen gerannt und gealbert was das Zeug hält – aber keine Oper aushält.
Die Musiker der Robert-Schumann-Philharmonie kommen unter Frank Beermann dagegen nicht wirklich ins Schwitzen, verhalten und matt rieselt es da aus dem Graben. Johanna Stojkovic schlägt sich tapfer durch die recht lange Partie der Zauberin und in Carsten Süss hat sie ein ordentlich intonierendes Gegenüber. Herausragend sind einzig Andreas Kindschuh und Guibee Yang in kleineren Partien.
Informationen der Chemnitzer Oper zu "Benzin"